Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) gilt eher als Interessenvertretung selbstständiger Tierärzte und nicht so sehr als Sprachrohr angestellter Tierärzte. Um die Positionen von Angestellten und Praxisinhabern zu diskutieren, trafen sich beide Seiten auf dem bpt-Kongress in Hannover zu einem Round-Table mit dem Titel: „Angestellte Tierärzte im bpt – die Zukunft gemeinsam gestalten“.
(aw) – Organisiert hat das Gesprächsforum der Arbeitskreis „Angestellte Tierärzte“ im bpt. Er setzt sich je zur Hälfte aus angestellten und selbstständigen Tierärzten zusammen. Im bpt sind über 2.000 angestellte Tierärzte Mitglied.
Ein Zukunftsproblem, das nicht nur die Tiermedizin betrifft, ist das Aufeinandertreffen der „Generation Selbstausbeutung“ und der „Generation Y“. Die „Selbstausbeuter“ ziehen sich allmählich aus dem Arbeitsleben zurück und hinterlassen eine Lücke, die anscheinend schwer zu füllen ist. Bereits seit Jahren haben es Praktiker schwer, Assistenten und potentielle Nachfolger für ihre Praxen zu finden. Letzteres liegt – wie eine Tierärztin in dem Gespräch erklärte – vor allem daran, dass immer weniger Berufsanfänger eine Selbstständigkeit anstreben. Doch auch die als zu schlecht empfundenen Bezahlung der Assistenten treibt viele Angestellte aus der Praxis in die Ämter und andere Arbeitsverhältnisse mit geregelter Arbeitszeit und tariflicher Entlohnung.
Gehaltsempfehlungen für Tierärzte
Zur Orientierung für Berufsanfänger gibt es sowohl vom bpt als auch dem BaT (Bund angestellter Tierärzte) unterschiedliche Gehaltsvorschläge. Diese weichen erheblich voneinander ab (rund 1.000 Euro Differenz).
Der BaT stellt als einseitige Interessenvertretung der Angestellten eine Forderung auf, die sich am Tarifgehalt für Humanmediziner in Krankenhäusern orientiert.
Die Empfehlung des bpt sind ein Kompromiss zwischen dem, was Arbeitgeber zahlen können und dem was Angestellte mindestens(!) erhalten sollten. So sollte das Einstiegsgehalt etwa dem 1,7 bis 1,8-fachen Satz des Tariflohns einer TFA entsprechen. Junge Tierärzte wüssten darüber hinaus aber auch gerne, welche Einkommensperspektiven sie jenseits des Einstiegsgehalt erwarten können. Diese Frage konnten die anwesenden Praktiker nicht pauschal beantworten, da sich die Entlohnung sehr stark an den Gegebenheiten der Praxis orientiert und natürlich auch von der Länge des Beschäftigungsverhältnisses abhängt.
Lukrative Stellen eher außerhalb der Städte
Entscheidend für das, was eine Praxis zahlen kann, ist häufig der Standort. Gerade die bei Berufsanfänger/innen beliebten Kleintierpraxen in Großstädten sind in der Regel weniger zahlungskräftig, als Praxen in „Speckgürteln“ um Städte oder sogar ländliche Praxen ohne nennenswerte Konkurrenz. Wer Geld verdienen wolle – so ein Teilnehmer des Round Tables – der müsse genau hinsehen, wo er arbeiten wolle. Lukrative Stellen sind nicht unbedingt da, „wo man die Grundschule besucht hat“ oder wo es landschaftlich besonders reizvoll ist.
Anerkennung besonders wichtig
Neben der Bezahlung ist den jungen Tierärzten Anerkennung besonders wichtig. Wer Mitarbeiter halten will, sollte auf sie eingehen und ihnen klar machen, wie sehr ihr Arbeitseinsatz geschätzt wird. Dies klingt nach einer Binsenweisheit, doch Lob von Arbeitgebern ist in Tierarztpraxen nicht unbedingt üblich, vor allem nicht von den „Selbstausbeutern“, bei denen „nicht geschimpft“ schon „Lob genug“ ist. Eine Teilnehmerin etwa, die regelmäßig die Praxis alleine führen musste, vermisste die Anerkennung bzw. den Dank ihres Ex-Arbeitgebers, dem sie seine Fernreisen ermöglichte. Eine weitere Teilnehmerin des Gesprächs berichtete davon, dass sie ihre aktuelle Stelle angenommen habe, weil ihr der zukünftige Arbeitgeber gesagt habe, dass er unbedingt mit ihr zusammenarbeiten und ihr Potential fördern wolle. Weniger gut kommen die Assistenten damit klar, wenn sie nur die Routinearbeiten machen dürfen und keine Möglichkeit haben, von ihren Arbeitgebern zu lernen.
Hoher Frauenanteil ein Problem?
Andererseits stellt für Arbeitgeber der hohe Frauenanteil ein Problem dar. Nicht, weil die Kolleginnen schlechter arbeiten, sondern weil viele von ihnen erst nach dem Studium mit der Familienplanung beginnen. Vor allem kleine Praxen haben mit erheblichen finanziellen und organisatorischen Belastungen zu kämpfen sobald Kolleginnen schwanger werden. Die Gründe:
- Für schwangere Tierärztinnen besteht (meist) ein Beschäftigungsverbot,
- der Arbeitsplatz muss aber im Anschluss an die Elternzeit wieder verfügbar sein,
- dazugehörige Urlaub verfällt nicht.
Gerade Kollegen, die sich von ihren angestellten Tierärztinnen „ausgenommen“ fühlen, begegnen ihren Mitarbeitern häufig nicht mit dem gewünschten Enthusiasmus.
Wie „arbeitswillig“ ist die Generation Y?
Diskrepanzen bestehen bei der eigenen Einschätzung der Arbeitswilligkeit. Während die anwesenden Angestellten betonten, dass sie gewillt seien, auch am Wochenende und nachts zu arbeiten, spiegelt sich dies nicht in den Erfahrungen der Praktiker wider. Es wird für sie zunehmend schwieriger, Notdienste abzudecken, weil die Mitarbeiter schlicht nicht bereit sind, zu den entsprechenden Zeiten zu arbeiten.
Das geht sogar soweit, dass Angestellte angeben, dem Druck, dass im Notdienst jederzeit das Telefon klingeln könnte, nicht gewachsen zu sein. Problematisch ist dabei, dass die mangelnde Bereitschaft zur Übernahme von Notdiensten sich nicht mit gestiegenen Ansprüchen der Tierhalter verträgt. Ähnlich wie in anderen Branchen erwarten die Patientenbesitzer ein hohes Maß an Service auch außerhalb normaler Arbeitszeiten.
Das Fazit: Wer Mitarbeiter halten möchte, muss außer einer angemessenen Entlohnung auch ein gutes Arbeitsklima mit ausreichend Anerkennung schaffen. Wer als Angestellter (und eventuell später Selbstständiger) Geld verdienen möchte, muss unter Umständen seine „Komfortzone“ verlassen und an Standorten arbeiten, die auf den ersten Blick wenig attraktiv erscheinen.