Zum ersten Mal wurde in Deutschland das Seoulvirus als Ursache einer Hantaviruserkrankung bei einer Patientin festgestellt. Infektionsherd war eine Heimratte, die sie etwa zwei bis drei Wochen vor Beginn ihrer Erkrankung gekauft hatte. Die junge Frau kam mit Nierenversagen auf die Intensivstation. Das Friedrich-Loeffler-Institut hält ein Monitoring von Heimratten auf Zoonoseerreger für notwendig.
(PM/jh) – Die junge Frau aus Niedersachsen zeigte Symptome eines akuten Nierenversagens, die auf eine Hantaviruserkrankung hinwiesen. Serologische Untersuchungen bestätigten diesen Verdacht. Eine anschließende molekulare Analyse durch das Konsiliarlabor für Hantaviren am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) führte zur Erstbeschreibung einer autochthonen Seoulvirusinfektion in Deutschland.
Heimratte als Infektionsherd
Die Gruppe am FLI hatte im Forschungsnnetzwerk „Ratten-übertragene Pathogene“ die Heimratte der Patientin aus Niedersachsen untersucht. Diese hatte das Tier etwa zwei bis drei Wochen vor Beginn ihrer Erkrankung gekauft. Die RNA-Sequenz war identisch mit der bei der Patientin gefundenen Sequenz des Seoulvirus. „Dieses Ergebnis war somit ein klarer Beweis, dass die Infektion durch eine Heimratte hervorgerufen wurde“, sagt Prof. Rainer G. Ulrich, Leiter des Referenzlabors für Hantaviren des FLI.
„Zoonosemonitoring bei Heimratten nötig“
Folgeuntersuchungen von Rattenhaltungen und Wildratten sollen die genaue Herkunft der Heimratte sowie des dort gefundenen Erregers zeigen. es wird vermutet, dass das Tier importiert wurde.
Vor einigen Jahren gab es Erkrankungen durch von Farbratten übertragenes Kuhpockenvirus. „Der Nachweis eines weiteren Zoonoseerregers in Heimratten unterstreicht erneut die Notwendigkeit eines Monitorings von Heimratten auf Zoonoseerreger“, betont Professor Ulrich.
Hantvirusinfektionen bei Menschen
Hantaviren sind in Deutschland schon über viele Jahre bekannt und verursachen beim Menschen eine meldepflichtige Erkrankung mit grippeähnlicher Symptomatik. Bei schweren Verläufen kann sie zu Nierenfunktionsstörungen führen. Bisher wurden aber nur sehr wenige tödlich verlaufende Infektionen mit den in Mitteleuropa vorkommenden Hantaviren dokumentiert.
Menschen infizieren sich indirekt über die Luft, wenn kontaminierter Staub von Nagetierausscheidungen aufgewirbelt und eingeatmet wird. In seltenen Fällen kann es auch bei Nagerbissen zu einer Übertragung kommen. Dagegen gibt es bisher für die in Deutschland vorkommenden Hantaviren keine Hinweise für eine Übertragung von Mensch zu Mensch oder über andere Haustiere sowie durch Vektoren wie Zecken oder Mücken.
- FLI-Steckbrief zu Hantavirus-Infektionen (PDF-Download)
- Informationsblatt „Hantavirusinfektionen vermeiden“ von FLI und RKI (PDF-Download)
In den letzten Jahren traten bei Menschen unterschiedlich häufig Hantavirus-bedingte Erkrankungen auf (siehe Tabelle).
Mäuse und Heimratten als Reservoir
Die Mehrzahl der Hantavirusinfektionen geht auf das Puumalavirus zurück. Reservoirwirt ist die Rötelmaus. Infektionen gab es bisher ausschließlich im westlichen Teil Deutschlands.
Daneben sind hierzulande auch humane Infektionen mit dem Dobrava-Belgrad-Virus beschrieben. Das ist auf das Verbreitungsgebiet der Brandmaus als Reservoirwirt auf den östlichen Teil Deutschlands beschränkt.
Das jetzt gefunde Seoulvirus konnte bisher in Deutschland nicht molekular nachgewiesen werden. Es hat ist aber in verschiedenen anderen europäischen Ländern in Wild- und Heimratten nachgewiesen und es sind einige Fälle humaner Erkrankungen in Europa beschrieben.