Redaktions-Blog: „Lebensmittel Milch“ – Mindestwert contra Marktpreis

(© screenshot / Ausschnitt Facebookseite REMA 1000 DK)(© screenshot / Ausschnitt Facebookseite REMA 1000 DK)

Andere Länder, andere Werte – auch wenn europaweit gerade die Klagen die gleichen sind: Landwirte protestieren wütend gegen katastrophale Milch- und Schweinepreise. Die Zahlungen von Molkereien und Schlachthöfen decken nicht mal mehr die Herstellungskosten. Doch die Reaktion im Handel kann unterschiedlicher kaum sein: Immer noch mehr Rabatte und Sonderpreise bei bei deutschen DiscounternSolidaritätsaufpreis für Milchbauern in Dänemark.

Obwohl es kein originäres Tierarztthema ist, haben wir uns hier und auf unserer Facebookseite mit den Einzelhandelspreisen für Fleisch und Milch befasst. Dieser Eintrag im Redaktionsblog ist eine persönliche Ergänzung zu dieser Berichterstattung.  

von Jörg Held

(© screenshot Facebookseite REMA 1000 DK)

(© screenshot Facebookseite REMA 1000 DK)

Eine halbe dänische Krone mehr (knapp 6,5 Cent) zahlt der Discounter „REMA 1000“ in Dänemark ab sofort als Aufpreis für dänische Milch. Die Summe soll direkt an die Erzeuger gehen – also nicht an die Molkereien.
Die Begründung ist durchaus interessant: Die sofortige Preiserhöhung sei Teil einer lang angelegten Strategie, übersetzt Agra-Europe die REMA 1000-Mitteilung. Mit dieser soll die Milchproduktion in Dänemark unterstützt und erhalten werden. Nehme man die aktuelle Marktlage nicht ernst, so drohe einem Teil der Produzenten in Dänemark das Aus, schreibt der Discounter.
REMA 1000 gehört zur norwegischen Reitan-Guppe und lag 2014 laut Handelsblatt auf Platz acht der weltgrößten Discounter (Aldi und Lidl belegen Platz 1+2; Netto/EDEKA Platz 3). An der dänischen REMA 1000 ist laut Wikipedia die deutsche EDEKA beteiligt – die hierzulande gerade für die Fleischrabatt-Aktionen ihrer Discount-Tochter Netto gegeisselt wird.

Andere Länder – andere Wertschätzung?

Ich kann jetzt nicht beurteilen, ob die 6,5 Cent mehr die Milchbauern wirklich retten. Ob die REMA 1000-Discountläden dadurch plötzlich zu den „teuren“ Milchanbietern in Dänemark gehören. Oder ob sie vielleicht zuvor gar besonders wenig gezahlt haben?

Aber ich lese aus der Meldung eine wichtige Botschaft: Preise für Milch und Fleisch sind eben mitnichten rein vom „Markt“, also von Angebot und Nachfrage gemacht. Die Handelskonzerne haben Spielräume in ihrer Preispolitik und verfolgen mit ihren Preisen klare Ziele. In Deutschland scheint die Maxime die unbedingte „Preisführerschaft“ zu sein: Jeder will möglichst billig sein, um Kunden anzulocken/zu halten.
In Dänemark scheint die REMA 1000 zu glauben, dass es vielleicht doch klüger ist, die Landwirte nicht mit „Marktpreisen“ in den Ruin zu treiben, sondern dem Lebensmittel Milch einen Mindestwert zuzugestehen – und das als langfristige Strategie. Da mag auch Nationalismus mitschwingen, denn der Aufpreis gilt nur für „dänische Milch“.

Trotzdem finde ich das deutlich sympathischer als die deutsche Immer-nur-billiger-Strategie. Ob das REMA 1000-Konzept aufgeht oder auch nur als eine Marketing-Aktion verpufft, muss jetzt der Verbraucher beweisen.

Quellen:
Pressemeldung REMA 1000 Dänemark (21.8.2015)
Meldung agra europe/Landwirtschaftlicher Informationsdienst Schweiz (lid) (21.8.2015)
Facebookseite REMA 1000 Dänemark (©Quelle für die Abbildungen)

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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