Pferdezüchter halten noch immer am Schenkelbrand fest, obwohl die Kennzeichnung mittels Mikrochip Pflicht ist – und ausreicht. Ein Hannoveraner-Züchter scheiterte erneut vor Gericht. Er wollte alleine mit dem Schenkelbrand kennzeichen.
(hh) – In Deutschland ist bis heute der Schenkelbrand als Kennzeichnung für Pferde erlaubt. Allerdings nicht alternativ zum Mikrochip, sondern nur zusätzlich. Das wollte ein ehemaliger Dressurreiter nicht akzeptieren und klagte. Er selbst züchtet unter anderem Hannoveraner. Er hält die Pflicht zum Kennzeichnen mit Transponder für verfassungswidrig, auch deshalb, weil es zu Fehlern beim Auslesen kommen könne.
Das Oberverwaltungsgericht Münster urteilte nun: Ein Wahlrecht zwischen Transponder und Schenkelbrand gibt es in Deutschland nicht, weil der deutsche Verordnungsgeber (in der Viehverkehrsverordnung) keine Ausnahme von der Transponderpflicht vorgesehen hat. Der Kläger sei verpflichtet, seine Pferde, auch wenn sie den Schenkelbrand trügen, mit einem Transponder zu kennzeichnen. Das verstoße weder gegen EU-Recht noch gegen nationales Verfassungsrecht.
Schon zuvor hatte das Verwaltungsgericht Münster die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die Chippflicht verstoße weder gegen EU-Recht noch gegen nationales Verfassungsrecht. Auch die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.
Mit dem Tierschutzgesetz nicht vereinbar
„Das ist die einzig richtige Entscheidung“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, dazu. „Es macht aber auch klar, dass wir endlich ein Verbot des Brandzeichens brauchen, denn immer noch halten Züchter an der grausamen Tradition fest – und das nur aus Prestigegründen.“
Auf Ablehnung stößt der Schenkelbrand seit langem von Seiten der Tierärzte. „Eine bis in die Unterhaut gehende Verbrennung mit bleibenden Narben ist nach allgemeiner biologischer und medizinischer Definition eine Schmerzen und Schaden verursachende Gewebezerstörung. Und das ist nicht mit den Vorgaben des Tierschutzgesetzes vereinbar“, sagte Dr. Hans-Joachim Götz, Präsident des Bundesverbands praktizierender Tierärzte e.V. (bpt). „Seit die elektronische Kennzeichnung mit dem Chip verpflichtend ist, ist der vernünftige Grund für den Brand entfallen.“ Zumal der Brand ohnehin keine sichere Methode zur Identifizierung von Pferden ist.
Belegt wird das durch eine Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien: Selbst erfahrene Tester notierten Brandzeichen bei nur 40 Prozent einer Gruppe von knapp 250 Pferden korrekt.
Am Schenkelbrand hält dagegen die Deutsche Reinreiche Vereinigung (FN) fest. Für die Zuchtverbände scheint das Brandzeichen dabei weniger Identifizierungsmerkmal als vielmehr „Markenzeichen“ zu sein. Ein Markenbranding aber dürfte eben nicht mit dem „vernünftigen Grund“ des Tierschutzgesetzes vereinbar sein.
Das Oberverwaltungsgericht hat eine Revision nicht zugelassen. Dagegen kann der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde erheben, über die dann das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. (Aktenzeichen: 13 A 1445/14 / 1. Instanz VG Münster 5 K 1303/13)
Hintergrund:
Seit 1. Juli 2009 muss jeder in der EU geborene aber auch jeder eingeführte Equide durch einen implantierten Chip gekennzeichnet werden. Laut EU-Verordnung wird er im Bereich des Widerristes unter aseptischen Bedingungen implantiert. Per Lesegerät kann die 15-Stellige Transpondernummer ausgelesen und das Pferd über eine zentrale Datenbank identifiziert werden. Nach dem EU-Recht – VO(EG) Nr. 504/2008 – besteht das Identifizierungssystem aus drei Elementen: Für jedes Tier wird ein einziges lebenslang gültiges Identifizierungsdokument, der sog. Equidenpass, ausgestellt. Die Verbindung zwischen diesem Dokument und dem Tier muss eindeutig sein; dazu dient der Transponder. Eine Datenbank speichert die Einzelheiten zur Identifikation des Tieres unter einer spezifischen Kennnummer.