Der Auslöser war ein ein Fall aus 2012: Ein Jäger erkrankte akut an Hepatitis E. Die zuständigen Amtstierärzte gingen der Sache auf den Grund und stellten fest: Die Virusprävalenz im Wildschweinbestand ist hoch. Ihre Empfehlung: “Jäger sollten beim Aufbrechen immer Handschuhe tragen.” Die Ergebnisse einer Untersuchung aus dem Wetteraukreis.
von Henrik Hofmann
(der Beitrag ist Teil II einer Serie in loser Folge zur Wildtierhygiene – Teil 1: Wildfleischygiene noch zeitgemäß?)
Seit mindestens zwanzig Jahren existieren Hepatitis-E-Erreger in Wildschweinen in Deutschland. Davon gehen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Friedrich-Loeffler-Insitut (FLI) aus. Die Durchseuchung liege vermutlich bei etwa 15 Prozent, andere Autoren sprechen von 20 Prozent. Aber es gibt erhebliche regionale Unterschiede. Die Zahl der Hepatitis E-Fälle beim Menschen hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland allerding kontinuierlich erhöht: 2010 wurden dem Robert Koch-Institut insgesamt 221 Fälle gemeldet, im Jahr zuvor waren es 108. Der Verdacht, dass Hepatitis E auch in Rohwurst vorkommt, besteht ebenfalls.
Im Frühjahr 2012 war ein Jäger aus dem östlichen Wetteraukreis akut an Hepatitis E erkrankt. Die Befragung des Erkrankten ergab den starken Verdacht, dass er sich über Wildschweinrohwurst infiziert hatte. Weitere einzelne Proben von erlegten Wildschweinen aus dem betroffenen Revier ergaben teilweise positive Befunde. Das war der Anlass für eine größere Untersuchungsreihe (s.u.).
Kein Grund zur Panik
Dr. Veronika Ibrahim, Amtstierärztin und Fachstellenleiterin für Lebensmittelüberwachung im Wetteraukreis sieht dennoch keinen Grund zur Panik. Wildfleisch sollte vor dem Verzehr allerdings gut erhitzt werden, dann werde der Erreger getötet. Und: “Jäger sollten beim Aufbrechen immer Handschuhe tragen”. Andere Mittel gegen die Verbreitung seien ihr auch nicht bekannt: “Das ist etwas, womit wir leben müssen.”
Ergebnisse einer Untersuchung an Jägern
Im Jahr 2013 untersuchte Dr. Veronika Ibrahim gemeinsam mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) und dem Robert-Koch-Institut (RKI) 126 Blutproben von Jägern sowie 46 Wildschweinproben (Blut, Lebern, Muskulatur), deren Auswertung nun abgeschlossen ist. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie sind:
- Die Seroprävalenz für Hepatitis E betrug bei den untersuchten Wildschweinen 41%, wobei die regionalen Unterschiede bei der Durchseuchung der Wildschweine relativ groß waren: 22% im Osten, 45% im Nordwesten, 47% im Südwesten des Wetteraukreises.
- Im Nordwesten wurde keine frische Infektion gefunden (Virus-RNA 0%), im Südwesten war dagegen bei 56% der Schweine Virus nachweisbar, im Osten bei 22%.
- In den Blutproben der Jäger wurde keine Virus-RNA festgestellt, jedoch hatten im Durchschnitt 21% Hepatitis-E-Antikörper. Das heißt, diese Personen hatten bereits Kontakt mit dem Virus. Dieser Wert ist zwar geringfügig höher als in der Normalbevölkerung (17%) jedoch nicht statistisch signifikant.
- Besonders hoch war der Anteil der Seropositiven allerdings in der Altersgruppe der 70-79 Jährigen (67%). Die Ursachen dafür sind noch nicht abschließend geklärt. Ibrahim vermutet, dass „früher“ mehr Rohfleisch verzehrt und weniger auf die Hygiene geachtet wurde…
- Bei Jägern, die regelmäßig Handschuhe beim Ausnehmen und/oder Zerwirken von Wildschweinen verwendeten, war die HEV-Seroprävalenz um 88% niedriger als bei Jägern, die dabei nur unregelmäßig Handschuhe benutzten. Diese Daten zeigten sich im stark infizierten Südwesten der Wetterau.
- In den Rotten im Ostkreis und im Südwesten der Wetterau wurden Hepatitis E-Viren des Genotyps 3 gefunden, die im phylogenetischen Stammbaum deutliche Unterschiede zeigten.
- Im Südwesten des Wetteraukreises wurde das Virus bei einem Schwein nicht nur im Blut und in der Leber sondern sogar in der Muskulatur nachgewiesen. Ein potentielles Infektionsrisiko über Rohwürste ist in solchen Fällen nicht auszuschließen. Zur Infektionsgefahr über die sogenannten „Knacker“ sind weitere Studien dringend notwendig, sobald das BfR eine Testmethode dafür validiert hat.
Hygieneempfehlungen
Auch im Hinblick auf andere Infektionserreger ist beim beim Zerlegen und Zubereiten von Wildbrett immer sorgfältige Hygiene geboten. Dazu zählt neben dem Tragen von Handschuhen speziell für Jäger beim Aufbrechen das gründliche Händewaschen als wichtigste vorbeugende Maßnahme (siehe auch Infoblatt des BfR aus 2010).
Da das Virus hitzeempfindlich ist, ist der beste Schutz für eine sichere Zubereitung, das gute Durcherhitzen des Wildschweinfleisches.