Kein Dealer-Vorwurf mehr – BTK und bpt werten das als Erfolg

BTK und bpt sehen keinen Grund für weiteren öffentlichen Protest gegen die ZEIT-Berichterstattung über Tierärzte als „Teufel im grünen Overall“, die als „Großveterinäre“ die „Massentierhaltung“ erst am Laufen halten. Beide Verbände verbuchen es als Erfolg, dass die ZEIT den ursprünglich geplanten Titel „Tierärzte als Dealer“ zurückgezogen hat.

Die Bundestierärztekammer wertet es als Folge (auch) ihres Protestbriefes an die ZEIT-Chefredaktion im Vorfeld, dass der kriminalisierende Dealer-Vorwurf nicht mehr in der Überschrift erhoben wird. Im Inhaltsverzeichnis der Serie aber bleibt er bestehen.

Ansonsten mache es wenig Sinn, gegen einzelne pointierte Formulierungen des Berichtes nachträglich öffentlich vorzugehen, sagt bpt-Geschäftsführer Heiko Färber. Das sei zu akzeptieren. Der Artikel sei sogar sachlicher gewesen als erwartet. Der bpt will aber dennoch in der nächsten Woche gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband ein Hintergrundgespräch mit der ZEIT-Chefredaktion führen.

Das Aufmacher-Foto der Zeit – im Vorspann des Artikels heißt es dazu: "Der Teufel trägt einen grünen Overall". (Foto: ZEIT)

Das Aufmacher-Foto der Zeit – im Vorspann des Artikels heißt es dazu: „Der Teufel trägt einen grünen Overall“. (Foto: ZEIT)

Selbst Tierarzt Andreas Wilms-Schulze Kump, der als Titelfigur des ZEIT-Artikels den „Teufel im grünen Overal“ symbolisierte, könne den Artikel so akzeptieren, sagt Färber: „Er hat in den drei Tagen, die der ZEIT-Redakteur ihn begleitet hat, noch ein ganze Reihe mehr an Vorurteilen und falschen Vorstellungen von der Nutztierpraxis geraderücken können.“

Grüner Overall wird Markenzeichen

Im Gegenteil: Beim Fachgespräch des Bundeslandwirtschaftsministeriums über das Gutachten zum tierärztlichen Dispensierecht am kommenden Donnerstag (4.12.2014) in Berlin, werde Wilms-Schulze Kump die Vorlage aufgreifen und selbst im grünen Overall auftreten.

Tierärzte sind Teil des Systems

In einem Brief an die bpt-Mitglieder hat Präsident Dr. Hans-Joachim Götz im bpt-Mailforum dem Kollegen Wilms-Schulze Kump gedankt, dass er bereit war, offen mit der ZEIT zu reden: „Das ist der richtige Weg Journalisten gegenüberzutreten.“ Und Götz hat vier Punkte benannt, die Tierärzte angehen sollten:

  • Einsatz von Antibiotika und besonders der Antibiotika, die für die Humanmedizin wichtig sind, nur dort wo unbedingt notwendig!
  • Reduktion auf das notwendige und medizinisch erforderliche Mass. Auch in der Kleintiermedizin, bei den Rindern und den Pferden.
  • Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf dieses Problem – nicht: Schuldzuweisung an die Nutztierpraktiker in Schweine- und Geflügelpraxis.
  • Keine Entschuldigung wegen der Entwicklung des „Systems“, denn die Tierärzte sind Teil des Systems.

 

Im Folgenden der Brief des bpt-Präsidenten im Wortlaut:

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Artikelserie in der Zeit hat uns wegen ungerechtfertigter Schuldzuweisung empört. Wir haben uns als Verband und Tierärzte gewehrt. Es hatte Erfolg.

Der zweite Beitrag der Zeit, geplant unter dem Titel Tierarzt als Drogendealer, war sachlicher als erwartet. Natürlich gibt es in der Gesellschaft aber auch in unserem Beruf den latent vorhandenen Vorwurf gegen die Entwicklung der intensiven und industrialisierten Tierhaltung und das wurde in diesem Artikel auch so vorgetragen. Das ist zu akzeptieren.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich dem Kollegen Andreas Wilms Schulze-Kumpp danken, der ganz offen und deutlich gezeigt hat was er tut und wie er arbeitet. Das ist der richtige Weg mit Journalisten umzugehen.

Wer gestern in der Sendung Kontraste gesehen hat wie deutlich und in aller Härte Hygienemängel in deutschen Kliniken aufgedeckt wurden und wie wenig die breite Ärzteschaft gegen die Probleme der antimikrobiellen Resistenzen tut, muss anerkennen dass nicht nur die Tierärzte im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Das Problem ist ein Problem der Humanmedizin und der Hygiene –  aber nicht nur! Wir müssen uns ganz klar auch zu unserer Verantwortung bekennen.

Deshalb sind wir gefordert in unserem Bereich alles zu tun damit dieses Problem auch von unserer Seite her erfolgreich angegangen wird. Das heisst:

Einsatz von Antibiotika und besonders der Antibiotika, die für die Humanmedizin wichtig sind, nur dort wo unbedingt notwendig!

Reduktion auf das notwendige und medizinisch erforderliche Mass. Auch in der Kleintiermedizin, bei den Rindern und den Pferden.

Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf dieses Problem – nicht: Schuldzuweisung an die Nutztierpraktiker in Schweine- und Geflügelpraxis.

Keine Entschuldigung wegen der Entwicklung des „Systems“, denn die Tierärzte sind Teil des Systems.

In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal hervorheben wie wichtig und richtig es war, dass der bpt das Antibiotikaverbrauchsmonitoring über QS auch gegen Widerstand in den eigenen Reihen vorangetrieben hat.

Ich möchte nicht wissen wie die jetzige Diskussion über uns hereingebrochen wäre, wenn wir uns auf den Staat und die Gesetze verlassen hätten. Damit haben wir proaktiv gehandelt und wir werden dies auch weiterhin tun. Unser AB-Monitoring ersetzt nicht die staatliche Datenbank und es konkurriert auch nicht mit ihr. Nein es kann viel mehr und so müssen wir es auch begreifen. Wir haben dadurch die Möglichkeit die Verbräuche zu analysieren und in Korrelation zu den Haltungsbedingungen zu setzen. Tierhalter können sich vergleichen aber auch Tierärzte.

Wir werden in der Lage sein Tierärzten und Tierhaltern Hilfestellung bei der Verbesserung der Tiergesundheit zu leisten. Das staatliche Minimierungskonzept ist dagegen nur ein Instrument der Risikobewertung und mehr darf es nach dem geltenden Gesetz auch nicht sein.

Ich möchte allen, die unseren Weg mitgehen und uns unterstützen, danken denn sie ermöglichen es mir unsere Position in der Öffentlichkeit und der Politik erfolgreich zu vertreten.

Mit freundlichen Grüssen

Jochen Götz

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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