BTK wehrt sich gegen „Diffamierung und Kriminalisierung“

1cZeit_Tieräzte_Dealer_im_Stall„Tierärzte als Dealer“ – so hat die Wochenzeitung Die ZEIT einen Bericht über Antibiotikaresistenzen und den Medikamenteneinsatz in der Nutztierhaltung für die nächste Woche angekündigt. Als „unerhört“ und „einer seriösen Zeitung unwürdig“, bezeichnet der Präsident der Bundestierärztekammer, Professor. Dr. Theo Mantel diese Wortwahl in einem Brief an die ZEIT-Chefredaktion: Das komme einer „Kriminalisierug und Diffamierung der Tierärzteschaft“ gleich.  

wir-sind-tierarzt.de liegt der Brief an die Chefredaktion von Die ZEIT  und zeit-online mit Datum 21.11.2014 vor. Wir dokumentieren ihn im Wortlaut:

Brief des BTK-Präsidenten Prof. Theo Mantel im Wortlaut

Prof. Dr. Theo Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK)

Prof. Dr. Theo Mantel, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK)

„Tierärzte als Dealer“

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Titel Ihres Artikels „Rache aus dem Stall“ und der des angekündigten Folgeartikels „Tierärzte als Dealer“ sind aus meiner Sicht in der Wortwahl einer seriösen Zeitung unwürdig.

Ich hätte mich gefreut, wenn Sie mich für die Recherche zu Ihrem die Tierärzteschaft betreffenden Artikel „Tierärzte als Dealer“ als Interviewpartner angesprochen hätten. Ich hätte Ihnen gern für Auskünfte zur Verfügung gestanden und bin auch jetzt noch gern dazu bereit.

Der Titel kommt nach meinem Empfinden einer Kriminalisierung und Diffamierung der Tierärzteschaft gleich. In der Hoffnung, dass der Inhalt sich auf seriöse Recherchen stützt, möchte ich Sie dringend bitten, den Titel zu ändern.

Es ist unerhört, Tierärzte als „Dealer“ zu bezeichnen. Der Handel mit Drogen verstößt bekanntermaßen gegen geltende Gesetze. Die Anwendung und Abgabe von Tierarzneimitteln durch Tierärzte erfolgt hingegen nach Recht und Gesetz. Tierärzte haben das tierärztliche Dispensierrecht. Es wurde dazu kürzlich ein neutrales Gutachten im Auftrag der Bundesregierung herausgegeben, das gute Gründe dafür enthält. Dazu wird es am 4. Dezember ein Fachgespräch mit 70 Vertretern aus allen Bereichen der Gesellschaft geben. Ein Positionspapier zum Dispensierrecht aus tierärztlicher Sicht liegt bei.

Das Resistenzproblem und die Sorge um den Erhalt der Wirksamkeit von Antibiotika für Mensch und Tier beschäftigt die Tierärzteschaft seit vielen Jahren. Bereits vor zehn Jahren hat die Tierärzteschaft sich vorausschauend Leitlinien zum sorgfältigen Umgang mit Antibiotika auferlegt, die regelmäßig aktualisiert werden. Tatsächlich gibt es große Herausforderungen in Sachen Human- und Tiergesundheit, aber auch bezüglich günstiger Nahrungsmittel und Tierschutz. Das Thema ist komplex und vielschichtig.

Tierärzte sind nach der tierärztlichen Berufsordnung verpflichtet zu handeln, wenn Tiere krank sind. Das umfasst auch den Einsatz von Antibiotika. Der Schlüssel für eine wirkungsvolle Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes bei Tieren ist eine Verbesserung der Tiergesundheit. Daran beteiligen sich Tierärzte durch Beratung der Landwirte. Ein gerade gestartetes Antibiotikamonitoring des Bundes wurde von der Tierärzteschaft schon vor Jahren gefordert und wird in wenigen Monaten Betriebe ermitteln, die überdurchschnittlich viele Antibiotika verbrauchen. Eine systematische Bestandsbetreuung sollte nicht nur in diesen Fällen zur Ursachenermittlung sondern generell verpflichtend zum Einsatz kommen, damit vermehrt vorbeugende Maßnahmen wie Impfungen und eine Optimierung der Fütterung und des Managements ergriffen werden.

Für weitergehende Auskünfte stehe ich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Theo Mantel

(Die BTK hat eine Übersicht mit Pro- & Contra-Argumenten zum tierärztlichen Dispensierrecht zusammengestellt.)

Protestbrief des Bauernverbandes

Auch Werner Schwarz, Präsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein und Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes, hat sich in einem Brief an ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo gegen „pauschale Kritik und einseitige Berichterstattung“ verwehrt. In seinem Brief kritisiert auch unmittelbar inhaltlich einige fehlerhafte Aussagen im ZEIT-Artikel.

 

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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