Weltzoonosetag: Infektionen tierischen Ursprungs nicht unterschätzen

OIE-Kampagne zum Welt-Zoonosetag (Screenshot)

Am 6. Juli ist Tag der Zoonosen, also der Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können. Diese Krankheiten werden durch Viren, Bakterien, Parasiten oder auch Pilze verursacht und praktisch alle heimischen Tierarten können Krankheiten auf Menschen übertragen, also auch die eigenen Haustiere.

Eine besondere Gefahr geht von Viruskrankheiten aus, die von Tieren auf Menschen übertragbar sind. Immer noch das berühmteste Beispiel einer Virusinfektion ist die Tollwut, die durch das Lyssa-Virus verursacht wird.

Tollwut

Deutschland gilt als frei von terrestrischer Tollwut, aber weltweit sterben jährlich immer noch mehr als 50.000 Menschen an dieser Krankheit. Vor allem streunende Hunde gelten als gefährlich. Auch der letzte Fall von Tollwut bei einem Menschen in Deutschland (2007) geht auf das Konto eines Straßenhundes in Marokko, der den Deutschen im Urlaub gebissen hatte.

Urlauber sollten generell vorsichtig im Umgang mit streunenden Hunden im südosteuropäischen Ausland sowie Asien und Afrika sein. Es ist außerdem kein Kavaliersdelikt, streunende, ungeimpfte Hunde illegal nach Deutschland einzuführen.

Die Infektion mit Tollwut ist nur über den Kontakt mit infektiösem Speichel erkrankter Tiere möglich, also nach einen Biss oder wenn der Speichel durch Schleimhäute oder verletzte Haut in den Körper gelangen kann. Erkrankte Tiere können das Virus auch dann schon weitergeben, wenn bei ihnen selbst noch kein Virus nachgewiesen werden kann. Ein negativ untersuchtes Tier ist also nicht automatisch tollwutfrei.

Die Erkrankung beim Menschen verläuft in drei Stadien. Die Inkubationszeit (von der Ansteckung bis zur Erkrankung) beträgt drei bis acht Wochen, je nachdem wie dicht die Infektionsstelle am Gehirn liegt, denn das Virus wandert entlag der Nervenstränge ins Gehirn.

1. Prodromalstadium: Kopfschmerzen, Übelkeit, Fieber, Bauchschmerzen, Durchfall, Bissstelle kribbelt und juckt

2. Exzitationsstadium: ausgeprägte Scheu vor Wasser, Schluckschwierigkeiten (Schlundmuskulatur verkrampft), Speicheln, Gemütszustand schwankt zwischen Aggression und Depression

3. Paralysestadium: fortschreitende Lähmungserscheinungen, Koma, Tod durch Atemlähmung

Dass große Teile Europas frei von terrestischer Tollwut sind, hat mit den konsequenten Impfprogrammen für Wildtiere zu tun und zeigt einmal mehr, wie effektiv Impfungen gegen Virus-Krankheiten helfen können. Obwohl Deutschland als tollwutfrei gilt, sollten gerade Hunde, aber auch andere Tiere, die mit ins Ausland genommen werden, regelmäßig geimpft werden.

Eine eher geringe Gefahr stellt die immer noch präsente Tollwut der Fledermäuse da. Der letzte Todesfall bei einem Europäer wurde in 2002 registriert, als ein Schotte nach einem Fledermausbiss erkrankte und starb. Auch in Deutschland werden gelegentlich infizierte Fledermäuse gefunden, daher sollten Personen, die von einer Fledermaus gebissen werden, umgehend einen Arzt aufsuchen.

Geflügelpest und Schweinegrippe

Neben der Tollwut spielen die verschiedenen Virusvarianten von Vogel- und Schweinegrippe eine Rolle für die Gesundheit von Menschen. Vor allem die Stämme H5N1 (z.B. Spanische Grippe, 1918, 27 – 50 Mio. Tote) und H7N9 können nicht nur bei Tieren, sondern auch bei Menschen zu schweren Krankheitsverläufen mit Todesfolge führen. Die Viren werden über eine Tröpfcheninfektion (Husten oder Niesen) von Tieren auf Menschen (und von Mensch zu Mensch) übertragen. Die Geflügelgrippe spielt im asiatischen Bereich eine besondere Rolle, da dort Nutzgeflügel traditionell häufig im Haus gehalten wird und durch den engen Kontakt zu den Tieren das Ansteckungsrisiko besonders hoch ist. In Deutschland ist die Gefahr an Geflügelgrippe zu erkranken für Menschen, die nicht in der Geflügelwirtschaft arbeiten eher gering. Vorsicht ist geboten, wenn tote Vögel aufgefunden werden. Diese Tiere am besten nicht berühren, sondern dem zuständigen Veterinäramt den Fund melden.

Hantaviren

Eine weitere Virengruppe mit Zoonosepotential sind die Hantaviren, die von Mäusen (D: v.a. Rötelmaus, Puumala-Virus) übertragen werden. Mäuse erkranken nicht, scheiden das Virus aber über Kot und Urin aus. Der Mensch nimmt eingetrocknetes Virusmaterial aus Stäuben über die Atemwege auf und entwickelt das Krankheitsbild „Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom“ (HFRS). Wie der Name sagt, entwickeln die betroffenen Personen Fieber, es kommt zu Blutgerinnungsstörungen und Nierenschäden bis hin zum akuten Nierenversagen. Die europäischen Virusstämme weisen eine Letalität von nur einem Prozent auf, während die asiatischen Varianten bis zu 15 Prozent und die amerikanischen Varianten sogar bis zu 30.-40 Prozent Todesfälle unter den erkrankten Personen verursachen. In Deutschland wurden im aktuellen Jahr bis zum 15. Juni 2019 bereits 589 Hantavirusinfektionen gemeldet. Wer in einem Umfeld mit hoher Verschmutzung durch Mäusekot arbeitet, sollte das Tragen einer Schutzmaske in Erwägung ziehen. Eine erhöhte Infektionsgefahr kann auch für Camper bestehen, wenn sie ohne Zelt direkt auf dem Boden schlafen und so kontaminierten Staub einatmen.

Bakterielle Infektionen

Bei bakteriell bedingten Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden, gibt es einige, die direkt vom lebenden Tier auf den Menschen übertragen werden können und andere, die über kontaminierte Lebensmittel zu Erkrankungen führen.

Zu den Bakterien, die über Lebensmittel aufgenommen werden können, zählen unter anderem verschiedene Stämme von Salmonellen, Campylobacter und E.coli. Die Keime finden sich im Darm der Tiere und können beim Schlachvorgang auf Haut und Fleischoberfläche gelangen. In der Regel verursachen diese Bakterien Magen-Darm-Symptome bei Menschen, die unter Umständen zu hohen Flüssigkeitsverlusten führen können. E. coli kann je nach Variante (enterotoxisch, enterohämorrhagisch) auch zu schweren Nierenschäden führen. Daher sollten Eier nur im Kühlschrank und nur in einer verschließbaren Dose aufbewahrt werden. Frischfleisch darf nicht in Kontakt mit Salat und anderen Lebensmitteln kommen, die vor dem Verzehr nicht erhitzt werden.

Eine bakteriell bedingte Krankheit, die von Vögeln auf Menschen übertragen werden kann, ist die Papageienkrankheit. Der Erreger (Chlamydophila psittaci) kommt allerdings nicht nur bei Papageien und Sittichen vor, sondern auch bei Tauben, Rabenvögeln, Möwen und Puten. Betroffenen Tiere leiden an Nasen- und Augenausfluss und diese Sekrete können durch Einatmen von Tröpfchen zu einer Infektion beim Menschen führen. Je nach Immunstatus sind milde Krankheitsverläufe mit grippeähnlichen Symptomen oder schwere Verläufe mit Lungen- und Herzmuskelentzündungen möglich.

Ähnlich verhält es sich mit Coxiella burnetii, einem Bakterium, das bei Wiederkäuern vorkommt (Q-Fieber). Während betrofffene Tiere in der Regel nicht erkranken, werden die Bakterien bei der Geburt mit dem Fruchtwasser und der Nachgeburt massiv ausgeschieden. Durch das Einatmen von Staub, der mit Coxiellen kontaminiert ist, können sich dann wiederum Menschen anstecken ohne direkten Tierkontakt zu haben. Die Symptome sind ähnlich wie die bei Papageienkrankheit und reichen von kaum merklicher Erkältungssymptomatik bis hin zu schweren Herzmuskelinfektionen mit Todesfolge. In den Niederlanden erkrankten 2009 über 2300 Personen an Q-Fieber und mindestens 25 Menschen starben an den Folgen der Infektion. Im Zuge der Krankheitsbekämpfung wurden tausende kleine Wiederkäuer (v.a. Ziegen, aber auch Schafe) getötet oder geimpft. Die Impfung soll das Ausscheiden von Coxiellen unterbinden und so das Risiko einer Umweltkontamination beheben.

Einige bakteriell bedingte Zoonosen konnten in der Vergangenheit durch flächendeckende Untersuchungen und Tötungen erkrankter Tiere so gut wie ausgerottet werden, etwa Tuberkulose der Rinder oder Brucellose.

Infektionen mit Hautpilzen

Trichophytie Kalb (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Tiere können an Pilzinfektionen der Haut (Dermatomykosen) leiden und diese auch an Menschen weitergeben. Bei Rindern ist es die Trichophytie mit den typisch kreisrunden, haarlosen Stellen, die auf den Menschen übertragen werden kann und juckende, gerötete, ebenfalls runde Hautveränderungen verursacht. Hunde und Katzen können mit den Hautpilzverursachern Microsporum canis, Microsporum gypseum und Trichophyton mentagrophytes infiziert sein. Die Tiere können ähnlich wie bei Rindern kreisrunde kahle Stellen entwickeln – besonders gut an Kopf und Ohren zu erkennen – oder asymptomatische Träger einer Infektion sein. Dermatomykosen bei Tieren sollten im Eigeninteresse der Beitzer behandelt werden. In Schweden konnte durch eine kosequente flächendeckende Impfung sämtlicher Rinder innerhalb von fünf Jahren die Inzidenz von Trichophytie auf null gesenkt werden.

Infektionen mit Parasiten

Die bekannteste Zoonose, die auf Parasiten zurück zuführen ist, dürfte die Infektion mit dem Kleinen Fuchsbandwurm (E.multilocularis) bzw. dem Kleinen Hundebandwurm (E. granulosus) sein. Dabei erfolgt die Aufnahme der Wurmeier oral, die sich entwickelnden Larven gelangen dann aus der Darmwand über die Pfortader in die Leber oder anschließend auch die Lunge. Der Kleine Hundebandwurm verursacht die zystische Echinokokkose, bei der sich Zysten in der Leber (70%) oder der Lunge (20%) bilden. Je nach Größe und Ausmaß können verschiedene Krankheitsverläufe eintreten, manche Zysten bilden sich spontan zurück, manche können durch eine Entwurmung beseitigt werden, wieder andere müssen chirurgisch entfernt werden. Zysten auf der Leber können unter Umständen ertastet werden und verursachen Schmerzen im Oberbauch.

Die Infektion mit dem Kleinen Fuchsbandwurm verläuft ähnlich. Die Aufnahme der Eier erfolgt oral, wobei die Eier im Fell von Katzen und Hunden kleben können. Im Gegensatz zum Kleinen Hundebandwurm verläuft die Krankheit deutlich langsamer, ist aber auch wesentlich gefährlicher, da die Larven nicht in gut abgekapselten Zysten bleiben, sondern infiltrativ im Gewebe sitzen – ähnlich wie bösartige Tumoren. Eine chirurgische Entfernung ist daher nicht so leicht möglich, das Lebergewebe wird außerdem durch die Larven deutlich mehr geschädigt.Vorbeugend sollte man sich nach Tierkontakten regelmäßig die Hände waschen, um ein Verschlucken von Wurmeiern zu vermeiden.

Parasiten können aber auch mit kontaminiertem Fleisch aufgenommen werden. Das wichtigeste Beispiel hierfür ist die durch den Fadenwurm Trichinella spiralis verursachte Trichinellose, die vor allem bei Schweinen/Wildschweinen und weiteren Allesfressern vorkommt. Durch die in Deutschland obligatorische Untersuchung von Fleischproben nach der Schlachtung soll eine Gefahr für die Verbraucher ausgeschlossen werden. Eine Erhitzung von über 65°C tötet den Erreger ab, ebenso Einfrieren für mehr als 20 Tage. Daher hilft auch gegen diese Erkrankung das sorgfältige Durchgaren von Fleisch vor dem Verzehr.

Fazit:

Es gibt eine Vielzahl weiterer Zoonosen (z.B. Toxoplasmose, Borreliose, FSME), die vorliegende Aufzählung soll nicht jede von ihnen behandeln, sondern lediglich auf die vielfältigen Infektionsmöglichkeiten hinweisen. Wer Tiere besitzt, sollte sich darüber informieren, welche Krankheiten eine mögliche Gefahr für die eigene Gesundheit bedeuten könnten und welche Impfungen und Entwurmungen sinnvoll sind. Wichtig im Umgang mit Tieren oder Produkten tierischen Ursprungs ist  gute Hygiene, eine richtige Verarbeitung (z.B. ausreichende Erhitzung von Fleisch, Eiern und Milch/-produkten) und generell das Wissen um potentielle Gefahren. Wie bei allen Infektionskrankheiten sind auch im Bezug auf Zoonosen ältere Menschen, Kinder, Schwangere und immungeschwächte Personen besonders gefährdet.

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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