Fledermäuse sind nützliche, harmlose und streng geschützte Tiere. Doch sie stehen uns Menschen genetisch wesentlich näher als beispielsweise Hühner. Damit können auch ihre „Bewohner“ leicht den Wirt wechseln. Die Bundestierärztekammer warnt vor der Fledermaus-Tollwut. Grund zur übertriebenen Sorge besteht aber nicht.
(hh/PM) – Gelegentlich findet man eine verletzte oder flugunfähige Fledermaus und will helfen. Doch obwohl die Tiere völlig harmlos sind kann das „nach hinten losgehen“. Fledermäuse können die Fledermaustollwut übertragen. „Das sogenannte Europäische Fledermaus-Lyssavirus (EBLV-1 und -2) unterscheidet sich zwar von der klassischen Fuchstollwut, ist für den Menschen aber genauso gefährlich“, warnt Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK).
Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI), wo das nationale und WHO-Referenzlabor für Tollwut angesiedelt ist, wurden in diesem Jahr bereits 18 Fälle der Fledermaustollwut gemeldet. Der Prozentsatz an Tollwut erkrankter Fledermäuse ist bisher allerdings nicht bekannt. Und Grund zur übertriebenen Sorge bestehe nicht: Fledermäuse greifen Menschen und andere Tiere nicht an!
Tollwutimpfung schützt
Fasst man die Tiere an, ist eine Infektion unwahrscheinlich. Man sollte aber unbedingt dabei dicke Schutzhandschuhe aus Leder tragen. Menschen, die beruflich oder ehrenamtlich mit Fledermäusen zu tun haben, sollten sich vorbeugend gegen Tollwut impfen lassen, so Tiedemann. Ist es doch zu einer Bissverletzung gekommen oder kann man diese nicht ausschließen (Fledermausbisse sind sehr klein), ist eine nachträgliche Impfung unbedingt erforderlich! Hunde und Katzen, die das Haus verlassen, sollten in jedem Fall gegen Tollwut geimpft werden.
Tiere suchen Quartiere für den Winterschlaf
Besonders Ende August und September kann es in Städten zu gehäuften „Kontakten“ zwischen Menschen und Fledermäusen kommen, denn besonders die winzige Zwergfledermaus fliegt einzeln, aber auch in größere Gruppen gerne in Wohnungen ein. Die Tiere erkunden so geeignete Quartiere für den Winterschlaf oder suchen auf ihren Wanderungen ins Winterquartier einen geschützten Schlafplatz.
„Wenn das passiert, ist es kein Grund zur Panik: Die ungebetenen Gäste sind völlig harmlos, sie verkriechen sich meist hinter Bildern, Rollläden, Vorhängen oder in Bodenvasen. Wenn man das Fenster abends geöffnet lässt, fliegen die Tiere in der Regel aus – allerdings nur, wenn es nicht stark regnet“, erklärt Tiedemann. Einzelne Exemplare könne man natürlich auch selber wieder ins Freie setzen. Das Tierchen dafür am besten vorsichtig mit einem Handtuch/Stofftuch – nie mit bloßen Händen! – aufnehmen und vors Fenster setzen, damit es wegfliegen kann. Traut man sich das nicht zu, hilft ein Anruf bei der Unteren Naturschutzbehörde, beim örtlichen Naturschutzverband oder im Veterinäramt. Dort existiert in der Regel eine Liste von Experten, die beraten oder die nützlichen Insektenfresser fachgerecht ins Freie befördern.
Fledermäuse als Virenreservoir
Größere Gefahr als bei uns in Deutschland geht von Fledermäusen und Flughunden auf anderen Kontinenten aus. Sie sind weltweit als Überträger von Viren in Verruf geraten. Denn sie beherbergen verschiedenste Erreger, die beim Menschen beispielsweise Mumps, Lungenentzündungen, Masern und Erkältungskrankheiten auslösen können. Im vergangenen Jahr konnten Forscher um Christian Drosten von der Universität Bonn nach einer groß angelegten Untersuchung alleine 60 neue Paramyxoviren in Fledermäusen identifizieren. Fledermäuse sind auch Überträger der extrem gefährlichen Hendra- und Nipahviren, die beim Menschen Hirnhautentzündungen auslösen können und für jeden zweiten Infizierten tödlich sind.
Die Ausrottung vieler gefährlicher Krankheiten könnte deshalb deutlich schwieriger sein als bislang angenommen. Die Fledermäuse bilden nämlich ein Reservoir, aus dem Viren nach Impfkampagnen zurückkommen können.