Es gibt mehr Nebenwirkungen bei Leptospirose-Impfungen. Vermutet wird ein Zusammenhang mit Kombinationsimpfstoffen. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin sieht die Leptospirose-Impfung aber eindeutig weiter als unverzichtbare Impfung – auch weil die Infektionszahlen bei Menschen steigen.
von Henrik Hofmann
Die vom Paul-Ehrlich-Institut erfassten Nebenwirkungen – vor allem Juckreiz und Durchfall – bei Leptospirose-Impfungen stehen wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Markteinführung der Impfstoffe, die drei oder vier Leptospiren-Komponenten enthalten, schreibt die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) in einer Stellungnahme.
Aber:
„Trotz dieser möglichen Nebenwirkungen ist die Immunisierung gegen Leptospiren dennoch als Core-Impfung (unverzichtbare Impfung / Anm.d.Red.) anzusehen. Das heißt jeder Hund unabhängig von Haltungsbedingungen und Alter sollte gegen Leptospirose geschützt sein.
Angesichts der in Deutschland vermutlich vorherrschenden Serovare ist es wichtig, den Impfschutz auf die Serogruppen Grippotyphosa und Australis auszudehnen. Aufgrund des beträchtlichen Risikos für Hunde, an einer Leptospirose zu erkranken, und aufgrund des damit verbundenen Zoonoserisikos, wird die Verwendung polyvalenter Leptospirose-Impfstoffe gemäß den Herstellerangaben empfohlen.“
Die StIKo Vet Stellungnahme (PDF-Download hier) enthält tabellarische Übersichten mit allen in Deutschland zugelassen Leptospirose-Impfstoffen inklusive Hinweisen zur Indikation und Anwendung.
Kaum noch Infektionen mit „alten“ Seroraven
Ursprünglich spielten beim Hund vor allem die Aerogruppen Canicola und Icterohaemorrhagiae eine Rolle. Durch die jahrzehntelange Verwendung von Impfstoffen gegen diese beiden Erreger, werden Infektionen mit diesen Serovaren beim Hund inzwischen selten nachgewiesen. Am häufigsten werden inzwischen Antikörperspiegel gegen die Serovare Bratislava, Grippotyphosa und Pomona beobachtet, berichtet die StIKo Vet.
Wildtiere als Infektionsquelle
Hauptwirte dieser zunehmend beim Hund nachgewiesenen Serogruppen seien wildlebende Nagetiere, Insektenfresser oder im Fall der Serogruppe Pomona Wildschweine. Die Hunde infizieren sich zum Beispiel über kontaminiertes (Pfützen-)Wasser, durch die Jagd auf Kleinnager oder im Fall von Jagdhunden auch durch das Verfüttern des Aufbruches.
Eine Expositionsprophylaxe ist durch entsprechende Einschränkungen nur schwer möglich. Ebenso sind die Infektketten im Wildtierreservoir nicht zu unterbrechen. Viele europäische Länder, wie zum Beispiel in der Schweiz, verzeichnen in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme der Leptospirose-Fälle beim Hund.
Aber da die Leptospirose bei Hunden nicht meldepflichtig ist, gibt es für Deutschland keine genauen Fallzahlen. Diese können nur indirekt aus Veröffentlichungen entnommen werden, wobei von einer hohen Dunkelziffer nicht identifizierter Fälle ausgegangen werden muss. Einer 2015 erschienenen Dissertation zufolge wurde an der Kleintierklinik der FU Berlin im Zeitraum von 2006 bis 2013 in 526 Fällen die Verdachtsdiagnose Leptospirose gestellt.
Auch Schoßhunde gefährdet
Leptospiren sind ein reales Gesundheitsrisiko für Hunde. Während man früher davon ausging, dass vorwiegend große, wasserliebende Hunde erkranken, wurde in einer aktuellen epidemiologischen Studie aus USA gezeigt, dass auch kleine Hunderassen, zum Beispiel Yorkshire-Terrier ein großes Risiko haben, an Leptospirose zu erkranken.
Leptospireninfektionen bei Menschen steigen
Neben ihrer veterinärmedizinischen Bedeutung wird, so die StIKo Vet weiter, immer wieder angeführt, dass Leptospiren auch wichtige Zoonoseerreger sind. Die gemeldeten Zahlen sind laut Robert-Koch-Institut von 2001 bis 2015 von 50 auf fast 100 deutlich gestiegen. Die meisten Krankheitsfälle beim Menschen sind einer epidemiologischen Studie zufolge auf freizeitbedingten Wasserkontakt oder berufliche Exposition zurückzuführen. In Einzelfällen ließ sich aber auch ein Zusammenhang mit der Haltung von Hunden herstellen.
Verdachtssymptome beim Hund
Verdacht für auf Leptospirose besteht bei Hunden …
- mit akuten fieberhaften Erkrankungen
- Lungenblutungen
- Anzeichen von Leber- und Nierenversagen
- Uveitis
- Aborten
Unspezifischere Symptome sind dagegen Bewegungsunlust, Herzarrythmien, Konjunktivitis, Blutungsneigung, anhaltende Anorexie, periphere Ödeme oder Ergüsse, plötzliches Erbrechen. Pulmonäre Manifestationen seien ein neueres Symptom mit regionaler Häufung. Beschrieben sei sie vor allem im Norden und Osten Deutschlands und in der Schweiz. Typisch seien Dyspnoe, oftmals massive Veränderungen im Röntgenbild, Lungenblutungen.
Besonders wichtig und häufig ist hingegen die Nierenmanifestation. Es kommt zur akuten interstitiellen Nephritis, die Leptospiren vermehren sich in Tubuluszellen, es kommt zur tubulären Dysfunktion.
Mehr zu Symptomen, Diagnose und Behandlung der Leptospirose hier
Nachimpfung nicht „schleifen lassen“
Um einen zuverlässigen Schutz gegen Leptospirose beim Hund aufzubauen, muss zuerst einmal eine Grundimmunisierung erfolgen. Diese kann bereits bei einem Welpen ab der achten Lebenswoche begonnen werden. Der Hund erhält zwei aufeinander folgende Impfungen im Abstand von drei bis vier Wochen. Hierbei wird der gleiche Impfstoff eingesetzt.
Anschließend muss der Impfschutz regelmäßig aufgefrischt werden. Ist die Ansteckungsgefahr für den Hund sehr hoch, wird die Impfung alle sechs Monate wiederholt. Bei normaler Ansteckungsgefahr erfolgt die Impfung einmal im Jahr. Die Leptospirose-Impfung der Hunde sollte bei einem jährlichen Turnus möglichst im Frühjahr erfolgen, da die Ansteckungsgefahr erfahrungsgemäß in den Sommer- und Herbstmonaten am größten ist. Wenn der Impfstoff gewechselt wird und dieser andere oder zusätzliche Erregerstämme enthält, muss eine erneute Grundimmunisierung erfolgen. Die Nebenwirkungen einer Leptospirose-Impfung können beispielsweise Durchfall und Juckreiz sein.
Weiter empfiehlt die StIKO Vet bei „deutlichen Abweichungen von den in der Gebrauchsanweisung vorgegebenen Impfschemata, zum Beispiel bei einem Impfintervall von mehr als 18 Monaten, eine erneute Grundimmunisierung“.
Impfungen werden übrigens von Tierkrankenversicherungen häufig übernommen.