Toxoplasmose – eine unterschätze Krankheit?

Folie Dr. M. Bergmann, Bayrische Tierärztetage 2019 (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Hygiene ist der beste Schutz gegen eine Toxoplasmeninfektion – so ein Fazit des Vortrags von Dr. Michéle Bergmann anlässlich der Bayrischen Tierärztetage 2019. Eine akute Gefahr für Menschen besteht dann, wenn sich die Katze kürzlich infiziert hat und mit dem Kot Oozysten ausscheidet, die wiederum vom Menschen oral aufgenommen werden. Besonders gefährlich ist die Krankheit für die zunehmende Zahl immunsupprimierter Personen.

Toxoplasmen (Toxoplasma gondii) sind einzellige Parasiten, die streng intrazellulär leben. Die Katze gilt als Endwirt für Toxoplasmen, da sich die Parasiten in ihrem Darmepithel geschlechtlich vermehren und anschließend die entstandenen Oozysten mit dem Katzenkot ausgeschieden werden. Sobald diese Oozysten in die Umwelt gelangen, werden sie in Sporen umgewandelt, um besser gegen äußere Einflüsse geschützt zu sein. Sobald diese Sporulation abgeschlossen ist – rund 24 Stunden nach Verlassen des Darms – sind Toxoplasmen infektiös. Sie behalten ihre krankmachende Wirkung im Erdboden bis zu 18 Monaten, bei 4°C sogar bis zu fünf Jahren.

Ansteckungsquellen: Katzenkot und ungenügend erhitztes Fleisch

Neben der Ansteckung über den Kontakt mit Katzenkot, ist ungenügend erhitztes Fleisch eine weitere Infektionsquelle für Menschen, denn Schweine, kleine Wiederkäuer, Wildtiere und Hühner fungieren als Zwischenwirte im Lebenszyklus der Erreger. Die Toxoplasmen-Zysten befinden sich allerdings nicht im Darm, sondern in der Muskulatur dieser Tiere und sind genauso lange überlebensfähig, wie das Fleisch genießbar ist. Daher kann der Verzehr von rohem oder kurz gereiftem Fleisch solcher Tierarten zu einer Infektion führen. Ab einer Erhitzung von mehr als 50°C für rund 20 Minuten kann Fleisch als unbedenklich angesehen werden.

 

Folie Dr. M. Bergmann, Bayrische Tierärztetage 2019 (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Unterschiedliche Krankheitsverläufe

Es gibt drei mögliche Ansteckungsszenarien für Menschen:

  1. Menschen mit intaktem Immunsystem: In dieser Gruppe bemerken 80 bis 90 Prozent eine Infektion nicht. Bei den restlichen Personen treten grippeähnliche Symptome und/oder Lymphknotenschwellungen im Kopf- und Halsbereich auf. Die Symptome klingen in der Regel von alleine wieder ab. Selten kann es zu Augen- oder Hirnhautentzündungen kommen.
  2. Bei immungeschwächten Menschen (z.B. AIDS) führt eine Infektion häufig zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen. Encephalitiden, interstitielle Pneumonien und Hepatitiden stehen hierbei im Vordergrund.
  3. Pränatale Infektion nach Erstinfektion der Mutter während der Schwangerschaft: Das Ausmaß der Schädigung des Fetus hängt dabei vom Zeitpunkt der Infektion ab. Je später die Infektion in der Schwangerschaft erfolgt, desto weniger gravierend sind die Symptome bei den Kindern. Neben Fehlgeburten in der frühen Schwangerschaft sind Retinochorioditis, Hydrocephalus und intrakranielle Verkalkungen die typischen Ausprägungen einer Toxoplasmeninfektion. Kinder, die mit ausgeprägten Symptomen geboren werden, haben eine schlechte Überlebensprognosen. Doch auch Kinder, die augenscheinlich gesund geboren werden, können später im Leben eine Retinochorioditis (die zur Erblindung führt) oder ZNS-Symptome entwickeln (verminderter IQ, psychische Störungen).

Titerbestimmungen bei Frauen und Katzen

Wer eine Schwangerschaft plant und Katzen besitzt, hat mehrere Möglichkeiten, das Risiko einer Infektion des ungeborenen Kindes zu minimieren. Zunächst sollte die Mutter vor der Schwangerschaft ihren Toxoplasmose-Titer bestimmen lassen. Besitzt sie Antikörper, dann gilt sie als immunkompetent und für den Fetus besteht in der Regel keine Gefahr. Wenn keine Antikörper nachgewiesen werden, sollten strikte Hygienemaßnahmen eingehalten werden, um eine Neuinfektion während der Schwangerschaft zu vermeiden.

Genauso kann eine Antikörperbestimmung bei der Katze durchgeführt werden. Besitzt die Katze Antikörper, dann ist sie mit hoher Wahrscheinlichkeit kein Ausscheider mehr und die Wahrscheinlichkeit, dass es doch wieder zu einer Aktivierung von Oozysten kommt, liegt bei unter einem Prozent. Besitzt die Katze keine Antikörper, denn gilt das Gleiche wie beim Menschen: Sie kann sich jederzeit neu infizieren und im weiteren Verlauf infektiöse Oozysten ausscheiden. Daher sollten Katzen, die keine Antikörper besitzen, während der Schwangerschaft ihrer Besitzerin ausschließlich im Haus gehalten werden, um eine Neuinfektion zu vermeiden. Darüber hinaus dürfen diese Katzen kein rohes/unbehandeltes Fleisch oder Katzenfutter erhalten. Es könnte allerdings sein, dass die Katze sich erst kurz vor dem Test infiziert hat und daher der Erregernachweis noch negativ ist. Das Ergebnis ist also kein Freibrief für mangelnde Sorgfalt. Zur weiteren Abklärung kann neben der Blutuntersuchng auch eine Kotuntersuchung vorgenommen werden.

Hygienemaßnahmen:

1.Kot am besten zwei mal täglich aus Katzentoilette entfernen, da Oozysten 24 Stunden brauchen um infektiös zu werden. Schwangere sollte diese Arbeit generell nicht selber vornehmen und wenn, dann nur mit Handschuhen

2.Katzentoilettenfolie verwenden

3.Kot in Plastikbeutel geben, gut verknoten und zügig in Mülltonne entsorgen

4.Bei der Gartenarbeit stets Handschuhe tragen und anschließend gründlich Hände waschen, Sandkästen abdecken (sonst Katzenklo)

5.Nach jedem Katzenkontakt ebenfalls Hände waschen um potentielle orale Aufnahme von Oozysten zu vermeiden

6.Kein rohes oder nur kurz behandeltes Fleisch essen

7.Katzen nur mit kommerziellem Katzenfutter oder ausreichend erhitztem Fleisch füttern

8.Jeder direkte Erregernachweis kann falsch negativ sein, daher Katzen unbedingt regelmäßig entwurmen. Befinden sich im Umfeld der Katze Risikopatienten, denn muss die Entwurmung monatlich erfolgen.

 

Quellen: Vortrag von Dr. Michéle Bergmann, 31.05.2019, Bayrische Tierärztetage, Nürnberg

RKI-Ratgeber Toxoplasmose

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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