Blauzungenkrankheit erreicht Rheinland-Pfalz

Symptome der Blauzungenkrankheit sind nicht einfach zu erkennen (Foto: © Staatliches Veterinäruntersuchungsamt Friedberg/Archiv)

Die Blauzungenkrankheit breitet sich aus. In einem Rinderbestand im Landkreis Trier-Saarburg (Rheinland-Pfalz) ist das Virus vom Serotyp 8 (BTV-8) erstmals nachgewiesen worden. Auch Baden-Württemberg – wo das Virus Mitte Dezember zuerst auftrat – meldet weitere Ausbrüche: Jetzt auf insgesamt 14 Betrieben. (aktualisiert: 11.1.19 / 15:35)

(jh) – Den Blauzungennachweis in Rheinland-Pfalz hat das Nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut bestätigt. Ein Verdacht im Kreis Trier-Saarburg hatte sich bereits letzte Woche bei einem Routinetest ergeben. Das betroffene Kalb stammte ursprünglich aus einem Milchviehbetrieb aus dem Kreis Kaiserslautern. Beide Betriebe sind gesperrt.

Neue Ausbrüche auch in Baden-Württemberg

Das Virus breitet sich auch in Baden-Württemberg weiter aus. Insgesamt 14 Rinderhaltungen sind betroffen; der Schwerpunkt liegt in Südbaden. Bei Monitoringuntersuchungen und Untersuchungen von Rindern, die aus einem bestehenden Sperrgebiet transportiert werden sollten, wurde BTV-8 im Blut nachgewiesen. Alle Tiere zeigten keine Krankheitssymptome.

Sperrgebiet betrifft auch NRW und Hessen

Das im Süden von Rheinland-Pfalz bereits bestehende Restriktionsgebiet, das im Dezember 2018 nach dem Ausbruch der Seuche im baden-württembergischen Ottersweier (Landkreis Rastatt) eingerichtet worden war, wird ausgeweitet, teilt das Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz mit.
Das Sperrgebiet umfasst jetzt die beiden Bundesländer Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie – aufgrund der vorgeschriebene 150 km Zone um einen Ausbruchsort – auch Teile von Nordrhein-Westfalen, Hessen und des Saarlandes.
Das Restriktionsgebiet muss mindestens zwei Jahre aufrechterhalten werden. In dem Gebiet gelten Einschränkungen für den Handel mit Tieren.

Impfung schützt Tiere, aber …

Die Behörden empfehlen eine Impfung empfänglicher Tiere gegen die Blauzungenkrankheit. Sie bietet einen Schutz vor der Erkrankung und erleichtert den Transport von Tieren aus dem Restriktionsgebiet. Die Kosten der Impfung trägt in Rheinland-Pfalz der Tierhalter; in Baden-Württemberg gibt es Zuschüsse.

… Engpässe bei der Impfstofflieferung

Derzeit gibt es mehrere in Deutschland zugelassene BTV-8 und BTV-4-Impfstoffe für Rinder und Schafe (StIKoVet PDF). Für Ziegen können Tierärzte den Impfstoff umwidmen.
Allerdings gebe es bei den Impfstoffen bereits Lieferengpässe, sagt Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk. Landwirte und Tierärzte sollten ihren Impfstoffbedarf frühzeitig anmelden, bevor die Temperaturen wieder ansteigen und Gnitzen das Virus vermehrt übertragen können. Drei bis vier Monate könne die Produktion neuer Impfstoffvorräte dauern.
Die Blauzungenimpfung selbst darf nur ein Tierarzt durchführen. Damit Tiere als geimpft gelten, muss die Impfung im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) dokumentiert sein.

FLI erwartet weitere Ausbrüche

In Baden-Württemberg wurde zwar in den letzten Jahren geimpft. Allerdings konnte nur eine Impfabdeckung von rund 25 Prozent erreicht werden. Das reicht nicht zur flächendeckenden Vermeidung von Ausbrüchen, sagt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI). Hierzu müssten mindesten 80 Prozent der empfänglichen Tiere geimpft sein. Das FLI rechnet daher mit weiteren Ausbrüchen.

Meldepflicht für Tierbestände im Sperrgebiet

Im Radius von 150 km um einen Ausbruchsgebiet richten die Behörden ein Sperr/Restriktionsgebiet ein:

  • Jeder, der im Sperrgebiet für das Virus der Blauzungenkrankheit empfängliche Tiere hält – also alle Wiederkäuerarten wie z. B. Rinder, Schafe, Ziegen, Neuweltkameliden und Wildwiederkäuer in Gehegen – muss dies unverzüglich dem Veterinäramt seiner Kreisverwaltung mitteilen, sofern noch nicht geschehen.
  • Empfängliche Tiere dürfen grundsätzlich nicht aus dem Sperrgebiet in restriktionsfreie Gebiete verbracht werden. Dies gilt auch für Samen, Eizellen oder Embryonen. Ausnahmen sind für negativ getestete oder geimpfte Tiere möglich (mehr Informationen z. B. hier / PDF-Download).

Krankheitsymptome erkennen

Auch wenn der aktuelle Seuchenzug nur mit wenig ausgeprägten Krankheitsanzeichen einhergeht, sind diese oder der Verdacht darauf ebenfalls sofort beim Veterinäramt anzuzeigen.

  • Mögliche Symptome können sein: Fieber, Apathie, Zyanosen (Blaufärbung), Geschwüre und Nekrosen in Haut und Maulschleimhaut, an Lippen, Flotzmaul, Zitzen und Euter sowie an den Gliedmaßen mit eventuell einhergehender Lahmheit.
  • Schafe können gering bis stark ausgeprägte Symptome zeigen,
  • bei Rindern und Ziegen verläuft die Erkrankung meist ohne eindeutig erkennbare Krankheitsanzeichen.

Hintergrund:

Die Blauzungenkrankheit ist eine virusbedingte Infektion die insbesondere Rinder und Schafe trifft. Aber auch Ziegen, Neuweltkameliden (z. B. Lamas oder Alpakas) und Wildwiederkäuer sind empfänglich.
Bei Schafen kann die Krankheit akut verlaufen und zu Aborten führen, während Rinder in der Regel keine oder nur milde Krankheitssymptome zeigen. Das Virus wird über kleine, blutsaugende Mücken (Gnitzen) zwischen empfänglichen Tieren übertragen. Menschen können sich nicht anstecken.

Im August 2006 war BTV-8 erstmals in Deutschland festgestellt worden. Das Virus breitete sich in den Jahren 2007 und 2008 über weite Teile Deutschlands und auch in Rheinland-Pfalz aus. Das gesamte Bundesgebiet wurde damals als Restriktionszone ausgewiesen.

Sehr gute „Blauzungen“-Übersichtsseite des LAVES (Niedersachsen) mit einer Vielzahl weiterführender Links auch zur Lage in Europa
Übersichtsseite „Blauzunge“ STUA Aulendorf / Baden-Württemberg

Impfempfehlung der StIKoVet zur Blauzungenkrankheit mit Angaben zu den zugelassenen Impfstoffen (PDF-Download)

Alle Berichte auf wir-sind-tierarzt zur Blauzungenkrankheit finden Sie hier

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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