Muttertag: fehlende Zutat Liebe

Die Trennung von Mutterkuh und Kalb in der „industriellen Massentierhaltung“ ist ein kommendes Tierschutzthema. Da passt der Muttertag so manchem ganz gut als Kampagnentag. Zwei Beispiele – eines etwas ruhiger, ein zweites eher radikal – doch beide klar in der Zielsetzung.

„Entrissen und benutzt“Tweet_AnimalEquality

Textpassage aus der Themenseite der Tierschutzorganisation AnimalEquality, die den Link zum „Muttertag“ verbreitet (Auszug):

>>“Weibliche Kälber können, nachdem sie der Mutter entrissen wurden, selbst für die Milchproduktion benutzt werden, doch sie bleiben nicht immer bei den BäuerInnen, bei denen sie gezüchtet wurden, sondern werden oft weiterverkauft, um als Besitz anderer Menschen ausgebeutet zu werden. Die Trennung von der Mutter und dem Rest der Herde setzt ein Kalb enorm unter Stress, da es ein sehr soziales Herdentier ist, welches unter normalen Bedingungen komplexe Beziehungen zu anderen Artgenossen eingeht.
Männliche Kälber hingegen haben keinen Wert für die Milchindustrie. Sie werden weiterverkauft und in enge Boxen gesperrt, wo sie 3 bis 18 Wochen lang, meist angekettet, gemästet werden. Sie erhalten einen verbilligten Milchersatz, der sie täglich etwa 1 Kilo an Gewicht zunehmen lässt. Diese Kälber werden mittlerweile auch wieder mit zermahlenem Fisch gefüttert, was nach dem Ausbruch von BSE untersagt worden war. Diese Tiere erleben ihr Leben lang nichts weiter als eine kleine Box, in der sie von Ängsten, der Sehnsucht nach ihrer Mutter und physischen Schmerzen gequält werden, nur um dann getötet und nach nur ein paar Monaten miserablen Lebens zu Fleisch verarbeitet zu werden. Der Konsum von Milchprodukten unterstützt also direkt die Fleischindustrie und ist für den Tod dieser Kälber verantwortlich.<<

Kuh die Beziehung zum Kalb zurückschenkenTweet-WTG

Vergleichsweise sachlich wirbt da die Welttierschutzgesellschaft (WTG) ebenfalls zum Muttertag dafür, das „traurige Schicksal der Milchkühe“ zu lindern – etwa indem eine „muttergebundene Kälberaufzucht … der Kuh die Beziehung zu ihrem Kalb zurückschenkt“ (Auszug):

>>Neun Monate lang trägt eine Kuh ihr Kalb aus, und bereits am Tag der Geburt werden sie voneinander getrennt. Nach sechs bis acht Wochen wird die Kuh erneut – in der Regel künstlich – befruchtet. In der eigentlichen Stillphase wird die Kuh gemolken, während sie bereits das nächste Kalb in sich trägt, und ihre Milch geht in den Verkauf für uns Menschen. Die Kälber hingegen werden in ihren ersten Lebenswochen in einer Einzelbox gehalten und mit einem Milchaustauscher ernährt, bevor sie mit gleichaltrigen Kälbern zusammenkommen. Zum Vergleich: In der Natur würden Kälber etwa zehn Monate am Euter der Mutter saugen.<<

Aufzucht in einer Isolationsbox

Der Trennung von Kuh und Kalb nehmen sich aber auch Forscher an. Eine Untersuchung an der VetMed Universität Wien habe gezeigt, „dass eine reichhaltigere soziale Umwelt in der Aufzucht, also mit Kontakt zur Mutter und anderen Kühen, die Tiere langfristig zu geselligeren und sozial kompetenteren erwachsenen Rindern macht“. Die Wissenschaftlerinnen aus dem Institut für Tierhaltung und Tierschutz schreiben:

Kontakt zur Mutter und anderen Kühen macht Kälber langfristig zu geselligeren und sozial kompetenteren Erwachsenen.

Kontakt zur Mutter und anderen Kühen macht Kälber langfristig zu geselligeren und sozial kompetenteren Erwachsenen. (Foto ©: Kathrin Wagner/Vetmeduni Vienna)

>>Kälber von Milchkühen werden in der Regel in den ersten 24 Lebensstunden von ihren Müttern getrennt. Der Großteil der Milch gelangt so in den Handel und nicht in die Mägen der Kälber. Ohne Mutter aufzuwachsen habe jedoch Konsequenzen. …
Die Kälber werden dann über Tränkeeimer oder einen Tränkeautomaten mit Milch oder Milchersatz versorgt. Dabei bekommen die Kälber meist deutlich weniger Milch, als sie bei ihrer Mutter aufnehmen würden. Darüber hinaus kann  zwischen Mutter und Kalb keine Beziehung entstehen.
Rinder sind Herdentiere. Deshalb reagierten alle Tiere, egal ob mit oder ohne Mutter aufgezogen, in einer Isolationsbox erwartungsgemäß mit verstärkter Ausschüttung des Stresshormons Kortisol.<<

 

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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