„umdenken-tierzuliebe“ – eine Aufklärungskampagne über Qualzuchten

Plakataktion "umdenken-tierzuliebe" ©TÄK Berlin

Haustiere werden häufig auf Aspekte gezüchtet, die dem Menschen gefallen und gleichzeitig wenig förderlich für die Gesundheit der Tiere sind.

Diese sogenannten Qualzuchten betreffen nicht nur landwirtschaftliche Nutztiere, die unvermindert auf steigende Leistungen gezüchtet werden, sondern gerade auch Haustiere, die so stark verändert werden, dass sie kaum noch problemlos leben können. Besonders prominentes Beispiel: der Mops. Diese Hunderasse, die auf eine extrem kurze Nase gezüchtet ist und von vielen Menschen als „niedlich“ angesehen wird, leidet unter den verengten Atemwegen und einem zu langen Gaumensegel. Ohne korrigierende operative Eingriffe können viele dieser Hunde nicht richtig atmen und fressen. Die Bundestierärztekammer und die Tierärztekammer Berlin haben eine Plakataktion gestartet um auf das Leid der Qualzuchten hinzuweisen und gleichzeitig folgende Pressemeldung veröffentlicht:

 

 

Wer Tiere achtet, denkt um – „umdenken-tierzuliebe“

Plakatkampagne der Tierärztekammer Berlin gegen Qualzuchten

 

Mit der aktuellen Plakatkampagne „umdenken-tierzuliebe“ möchte die Berliner Tierärztekammer den Trend zum unbedachten Tierkauf stoppen und potentielle Käufer sensibilisieren. Noch bis zum 23.11.2018 hängen in Berlin Großplakate gegen Qualzuchten. Ziel ist die Aufklärung der Öffentlichkeit und zukünftigen Tierbesitzer/innen. „Wir wollen zurück zur Zucht von vitalen, gesunden, schmerz- und leidensfreien Tieren“, erklärt die Präsidentin der Tierärztekammer Berlin, Dr. Heidemarie Ratsch. „Im Verbund mit den Tierärztinnen und Tierärzten in den Praxen, soll über die Nebenwirkungen extremer Zuchtformen aufgeklärt werden.“

 

Neben Dr. Ratsch informierten bei der gestrigen Pressekonferenz zur Plakatkampagne noch vier weitere Experten zum Thema. Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer (BTK), betont, „Hier müssen alle an einem Strang ziehen. Auf Initiative des Deutschen Tierärztetags 2015 in Bamberg hat die BTK schon 2016 die Arbeitsgruppe (AG) „Qualzuchten“ ins Leben gerufen.“ Der Vorsitzende der AG „Qualzuchten“ und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kleintiermedizin, Dr. Friedrich Röcken, erläutert, was seit Gründung der AG schon erreicht wurde. „Tierwohl ist immer wieder ein brandaktuelles Thema. Es geht auch nicht darum, eine Rasse zu eliminieren, sondern die Rassestandards zu verbessern – die Tiergesundheit muss im Vordergrund stehen“, meint Dr. Röcken. Tierpathologe der FU-Berlin und Forschungsdekan Prof. Dr. Achim Gruber verdeutlicht in seiner Präsentation „So einen will ich auch …“ wie sehr die Tiere wegen der Überzüchtung leiden. Egal ob Katzen ohne Fell, Pferde im Miniaturformat mit Hechtkopf oder Hunde mit viel zu kurzem Kopf – sie alle haben eines gemeinsam, sie leiden für ihr „rassetypisches“ Aussehen. „Jeder vierte extrem gezüchtete Kurznasenhund schläft im Sitzen, weil er befürchtet, sonst im Schlaf zu ersticken. Etwa jeder vierte Dackel erleidet einen Bandscheibenvorfall, in dessen Folge es oftmals zu einer Querschnittslähmung kommt. Es herrscht leider immer noch eine große Gedankenlosigkeit in der Gesellschaft. Denn Schmerzen, Leiden und Schäden sowie Einschränkungen der Artgerechtigkeit wurden und werden zugunsten der Wünsche der Käufer erstaunlich gut toleriert. Extreme Züchtungsfolgen verstoßen gegen § 11b des Tierschutzgesetzes“, erklärt Prof. Gruber. Darauf, dass nicht nur Heimtiere bis zur Qual gezüchtet werden, verwies die Landestierschutzbeauftragte des Landes Berlin, Diana Plange. Auch Nutztiere erleiden Schmerzen durch extreme Zucht auf Leistung. „Hier steht die Produktion möglichst vieler Nachkommen mit optimaler Rentabilität im Vordergrund“, meint die Landestierschutzbeauftragte. Die sogenannten „Leistungszuchtlinien“ weisen eine Vielzahl von zuchtbedingten Gesundheitsstörungen auf. Milchkühe leiden bspw. unter schmerzhaften Euterentzündungen und Stoffwechselerkrankungen, Legehennen erkranken häufig an Osteoporose und Mastschweine haben mit schmerzhaften Gelenkveränderungen und Muskeldegenerationen zu kämpfen. „Was glauben wir Menschen eigentlich den Tieren antun zu dürfen, nur weil wir es können“, mahnt Plange.

 

Unterstützt wird die Aktion durch Postkarten, Flyer, Buttons und Aufkleber. Auch Studierende der Veterinärmedizin engagieren sich und werden die Materialien in Praxen, Geschäften und Restaurants verteilen. Alle sind gefordert hier Abhilfe zu schaffen. Qualzucht ist nicht niedlich, sondern schafft Schmerzen, Leiden und Schäden. Helfen Sie mit und lassen Sie uns die Öffentlichkeit gemeinsam aufklären!

 

 

Weiterführende Informationen:

www.tieraerztekammer-berlin.de/qualzucht

www.bundestieraerztekammer.de/tierhalter/qualzuchten/ 

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