Welche Alternative soll auf das Verbot der betäubungslosen Kastration folgen – Ebermast, Immunokastration, Isofluran-Narkose, 4.Weg ?
Die Diskussionen um die Zukunft männlicher Ferkel nehmen zur Zeit auf allen Ebenen an Intensität zu, denn der Ablauf der Übergangsfrist für die betäubungslose Kastration endet am 1.1.2019, falls Bundesrat und Bundestag keine Verlängerung zulassen.
Tierärztekammern und Schweinepraktiker noch nicht einig
Die Tierärzteschaft ist sich in der Sache nicht ganz einig: Offiziell fordern sowohl die Bundestierärztekammer als auch die meisten Landestierärztekammern sowie die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz und weitere Verbände aufgrund fehlender wirksamer Medikamente den Ausstieg aus der chirurgischen Kastration zum Jahreswechsel ohne Fristverlängerung. Einige Schweinepraktiker dagegen suchen nach Lösungen zur Schmerzminderung während der Kastration und würden die entsprechende Medikamente auch an die Landwirte abgeben, wenn der Gesetzgeber das zuließe. Sie sind der Auffassung, dass sich intakte Eber nicht vermarkten lassen und ihren Landwirten erheblich finanzielle Einbußen drohen.
„Immunokastration ist der Goldstandard“
Am 17.10.2018 hat die Bundestierärztekammer in Zusammenarbeit mit den Länderkammern und einigen Verbänden ein Symposium zum Thema Ferkelkastration in Mannheim abgehalten und die Teilnehmer sind zu dem eindeutigen Ergebnis gekommen, dass unter den Alternativen zur chirurgischen Kastration die Immunokastration der Eber mit Improvac© der „Goldstandard“ sei.
Dr. Thomas Steidl, Präsident der Tierärztekammer Baden-Württemberg, betont: „Wenn eine Fristverlängerung überhaupt vertretbar ist, so muss für alle neu entwickelten Methoden gelten, dass sie an der Immunokastration gemessen werden.“ Und die Landestierschutzbeauftragte von Baden-Württemberg Dr. Julia Stubenbord fügt hinzu: „Die Verlängerung darf nicht dazu benutzt werden, dem sogenannten 4. Weg, also der Kastration unter Lokalanästhesie weiter das Wort zu reden.“
Größter Ferkelerzeuger Deutschlands: Kastration und Schlachtung von Kastraten verbieten
Einer der sich mit der Materie auskennt, ist Jörn Göbert, Vorsitzender der Geschäftsführung der Landwirtschaftlichen Ferkelzucht Deutschland (LFD) und er fordert im Interview mit topagrar ein generelles Kastrationsverbot bis 2021. Laut Göbert – und das dürfte allen Beteiligten ähnlich sehen – kastriert kein Züchter gerne Ferkel. Für ihn sind alle anderen Methoden untauglich, Isofluran wäre für die Mitarbeiter gefährlich, Vollnarkosen für die Ferkel und mit Improvac© haben die männlichen Fleischkonsumenten ein Problem. Göbert fordert gleichzeitig ein Schlachtverbot für Kastraten und betont, dass es an der Zeit sei, dass Schlacht- und Verarbeitungsindustrie sich bewegen. Entweder müssten diese mehr Geld in die Identifikation von „Stinkern“ stecken oder akzeptieren, dass die männlichen Tiere schon mit 100 Kilogramm geschlachtet würden. Den rund 8.000 Ferkelerzeugern in Deutschland stünden zehn marktdominante industrielle Schlachtunternehmen und fünf große Lebensmitteleinzelhändler gegenüber, so Göbert und daran sehe man,wo es lang gehe und wer die Kastration wirklich wolle.
Meine Meinung:
Endlich scheint einer das Kind beim Namen zu nennen: Die Kastration von Ferkeln ist doch gar nicht im Interesse der Schweinezüchter. Kann man sich eigentlich denken, denn es ist mit Zeit und Geld verbunden und einfach keine schöne Arbeit. Trotzdem wollen die „Interessenvertreter“ der Landwirte und einige Tierärzte den Landwirten eine Reihe fragwürdiger und/oder teurer Vorschläge zur Kastration schmackhaft machen (z.B. Isofluran, 4.Weg). Egal mit welcher Art der Schmerzausschaltung man arbeiten würde, die Ferkel würden aber weiterhin quieken und sich wehren, der ganze Ablauf würde deutlich länger dauern als bisher und es würde für den Verbraucher immer noch nach Tierquälerei aussehen. Außerdem geht es ja um die Einhaltung des Amputationsverbots und eine Kastration ist nun mal eine Amputation. Die von den Tierärzten vorgeschlagene Immunokastration ist für die Mäster mit Sicherheit nicht der Goldstandard, denn zwei Mal in der Endmast hinter den Ebern herlaufen um sie zu impfen, ist für beide Seiten kein Spaß. Außerdem garantiert die Methode nicht, dass trotzdem „Stinker“ entstehen könnten und es wird jetzt schon das Gerücht verbreitet, dass der Verzehr solchen Fleisches Männer impotent machen könnte. Hat sich eine solche Behauptung erst in den Köpfen der Verbraucher festgesetzt, kommt man mit Logik kaum dagegen an.
Fazit: Die Fleischverarbeiter müssen sich tatsächlich bewegen. Würden Eber mit deutlich weniger als 100 Kilogramm abschlagsfrei und ohne „Maskenmauschelei“ akzeptiert und geschlachtet – so wie es in Großbritannien, Irland und weiteren Ländern üblich ist, dann wären sie in der Regel noch nicht in der Pubertät und die Hormonproduktion hätte noch nicht begonnen. Damit hätte das Fleisch auch nicht den gefürchteten Ebergeschmack und selbst kleine Metzgereien könnten angstfrei Eber schlachten. Den Landwirten dürfen durch die frühere Schlachtung keine finanziellen Verluste (durch Preisabschläge) entstehen, schließlich halten sie sich an das Tierschutzgesetz und Tierschutz ist nun mal Staatsziel.
Schlussendlich muss aber jedem, der sich gegen die Kastration ausspricht, klar sein: Wenn rechtlich kein Import- und Schlachtverbot für Kastraten aus dem Ausland durchgesetzt werden kann, werden wir in Zukunft die neugeborenen männlichen deutschen Ferkel zusammen mit den männlichen Küken in den Schredder stecken können, denn sie wären unverkäuflich. Diese Lösung wäre mit Sicherheit kein Sieg für den Tierschutz.
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