Gesetzeskonforme Tötung von Schweinen

Betäubung mittels Elektrozange (Foto:©WiSiTiA/hh)

Es kommt immer wieder vor, dass landwirtschaftliche Nutztiere auf dem Betrieb getötet werden müssen, weil aus unterschiedlichsten Gründen keine Wiederherstellung der Gesundheit möglich ist. Prof. Dr. Karl-Heinz Waldmann von der TiHo Hannover hat sich anlässlich des bpt-Kongresses mit den gesetzeskonformen Verfahren zur Nottötung von Schweinen beschäftigt.

Im Wesentlichen gibt es laut Prof. Waldmann drei Gründe, warum Schweine notgetötet werden müssen:

  1. schwerwiegende akute oder chronische Krankheitszustände mit infauster Prognose, bei denen eine erfolgversprechende Behandlung nicht mehr möglich ist
  2. hochgradige Folgen eines akuten Unfallgeschehens, z.B. Kreislaufinsuffizienz, Paralysen oder Frakturen
  3. nicht gegebene Überlebensfähigkeit bei neugeborenen Ferkeln

Die Grundlage zu den Tötungsverfahren wird im § 4 des Tierschutzgesetzes geregelt: „Ein Wirbeltier darf nur unter wirksamer Schmerzausschaltung (Betäubung) in einem Zustand der Wahrnehmungs- und Empfindungslosigkeit oder sonst, soweit nach den gegebenen Umständen zumutbar, nur unter Vermeidung von Schmerzen getötet werden.“ Darüberhinaus gilt: „Ein Wirbeltier darf nur töten, wer die dazu nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat.“

Zur Nottötung von Altsauen und Altebern, Mastschweinen, Läufern und Ferkeln über fünf Kilogramm Lebendgewicht kommen prinzipiell vier Methoden in Frage:

  • Euthanasie durch den Tierarzt (Pentobarbitalpräparate oder T61 nach vorheriger Narkose)
  • Bolzenschuss (korrekt durchgeführt muss das Tier sofort mit gebeugten Beinen zusammenbrechen, Augäpfel starr, Pupillen geweitet und keine Atmung mehr)
  • Elektronische Betäubung und Tötung mittels Zange
  • Kugelschuss (aufgrund mangelnder Anwendersicherheit rät Prof. Waldmann dringend von dieser Methode ab)

In praxi wird vor allem die Tötung mittels Bolzenschuss durchgeführt, da sie mit geringem technischen und zeitlichen Aufwand möglich ist. Wichtig ist die korrekte Platzierung des Gerätes auf der Stirn des Tieres sowie das sofortige Entbluten im Anschluss an die Betäubung.

Für Ferkel unter fünf Kilogramm gibt es ebenfalls mehrere Methoden zur Tötung. Dabei ist zu beachten, dass die Tötung von „überzähligen“ Ferkeln, sowie schwachen – aber lebensfähigen – Ferkeln nicht zulässig ist. In solchen Fällen sind entsprechende Managementmaßnahmen wie Wurfausgleich, Ammensauen oder intensivierte Betreuung zu ergreifen. Mögliche Tötungsmethoden sind:

  • Euthanasie (Tierarzt)
  • Kopfschlag und Entblutung
  • CO2-Tötung nach vorhergehender Sedation
  • Elektrotötung (noch  nicht zugelassen)
  • nicht-perforierender Bolzenschuss (bisher noch kein zugelassenes Verfahren)

Die Methode „Kopfschlag und Entblutung“ ist in vielen Betrieben das Verfahren der Wahl, da es preiswert, praktikabel und schnell durchführbar ist. Die Nachteile sind allerdings durchaus gravierend, allen voran die Tatsache, dass dieses Verfahren nicht standardisierbar ist. Seuchenhygienisch ist der Blutentzug problematisch, denn das Blut sollte aufgefangen und gesammelt werden. Die gesellschaftliche Akzeptanz des Kopfschlags ist ohnehin sehr gering und auch die durchführenden Personen werden unter Umständen emotional stark belastet.

Laut dem Niedersächsischen Erlass zur Betäubung und Tötung von nicht überlebensfähigen Ferkeln von bis zu fünf Kilogramm sind folgende Schritte einzuhalten:

  1. Betäubung des Ferkels mittels stumpfem Schlages auf den Kopf mit einem geeigneten Gegenstand, z.B. einem schweren, harten Holzstück, und ausreichend kräftig
  2. Überprüfung des Betäubungserfolges (Erschlaffung der Muskulatur oder starke Krämpfe, keine gerichteten Bewegungen, ggf. Ausbleiben der Atmung, weite starre Augen)
  3. Tötung durch Blutentzug (Durchtrennen der großen Halsgefäße, Querschnitt). das Blut ist möglichst zu sammeln
  4. Überprüfung des Tötungserfolges (Ausbleiben von Atmung und Herzschlag, Erlöschen der Reflexe, geweitete Pupillen, generalisierte Muskelrelaxation) 2. Prüfung nach 10 Minuten

Die Betäubung und Tötung mit CO2 stellt eine optisch elegantere Methode dar, da die Tiere in eine Box mit einer 80%igen CO2-Atmosphäre gelegt werden. Es entfällt also der brutal wirkende Kopfschlag, denn der Tod tritt bei dieser Methode durch die Lähmung des Atemzentrums ein. Da die Einleitungsphase sehr belastend für die Ferkel ist – die Schleimhäute werden extrem gereizt – sollten die Tiere zunächst sediert werden. Nach weniger als zehn Minuten sind die Ferkel tot, es handelt sich daher um ein sicheres, standardisierbares Verfahren. Prof. Waldmann rät allerdings dringend vor einer Abwandlung dieser Methode ab, die zur Zeit propagiert wird (und auf der EuroTier die entsprechenden Ausrüstung angeboten wurde), nämlich der Tötung mittels stickstoffhaltigem Schaum. Bei dem Verfahren ist keine CO2-Produktion mittels Extragerät nötig, da der Schaum ähnlich wie aus einem Feuerlöscher in die Box mit den zu tötenden Ferkeln gegeben wird. Eine zuverlässige Wirkung innerhalb von höchstens zehn Minuten ist mit diesem Verfahren nicht gegeben, daher sollte es nicht zur Anwendung kommen.

Die Elektrobetäubung und -tötung stellt ebenfalls ein Verfahren dar, das nicht brutal wirkt, wenn es richtig angewendet wird. Bisher ist es in Deutschland aber bei Saugferkeln noch nicht zugelassen. Dabei werden die Ferkel zunächst durch Ansetzen einer Zange mit Einstechelektroden am Kopf betäubt und dann wird die Zange zwei Mal im Abstand von 2o Sekunden am Brustkorb angesetzt, einmal latero-lateral und einmal dorso-ventral, jeweils für fünf Sekunden. Es ist zu beachten, dass bei der Betäubung die Stromstärke 1300 mA betragen muss und die Frequenz 50 Hz und die Verweildauer 20 Sekunden betragen sollte. Für die Tötung sind lediglich 750 mA nötig, dafür aber 400 Hz. Pro Ansatzstelle muss der Brustkorb fünf Sekunden durchströmt werden.

 

Prof. Waldmanns Fazit lautet wie folgt:

  • für die Nottötung eines Tieres muss immer ein vernünftiger Grund vorhanden sein
  • jeder schweinehaltende Betrieb sollte technische Vorrichtungen zur Nottötung vorhalten
  • Verfahrensanweisungen und Beschreibungen der Methode sollten vorliegen (für die durchführenden Personen)
  • ein standardisierter Entscheidungsbaum bezüglich Indikation und Zeitpunkt der Nottötung ist anzuraten
  • Sachkunde für die Durchführung der Nottötung ist erforderlich
  • neben der medikamentösen Euthanasie als Methode der Wahl eignet sich für ältere Schweine der penetrierende Bolzenschuss zur Betäubung mit anschließender Tötung oder Betäubung und Tötung mittels elektrischen Stroms
  • bei Saugferkeln ist der Kopfschlag mit anschließender Entblutung bevorzugt anzuwenden, CO2-Applikation nur nach tiefer Sedation (nach Prüfung und Zulassung ist elektrischer Strom oder der nichtperforierende Bolzenschuss zu empfehlen)

 

Bild im Text aus dem Vortrag von Prof. Waldmann

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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