Die aktuelle Geflügelpestwelle hat die nächste Stufe erreicht: In einer Hühnerzuchtanlage mit 36.000* Tieren im Kreis Schleswig-Flensburg hat das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) am 12. November den hochpathogenen Erreger des Subtyps H5N8 nachgewiesen. Damit sind nach Wildvögeln und Freilandhaltungen jetzt erstmals auch Tiere in einer geschlossenen Haltung infiziert. An H5N8 verstorbene Wildvögel wurden inzwischen in sieben Bundesländern gefunden. (*aktualisiert: 17.11.2016 – 23:50 Uhr)
Den aktuellen Stand des H5N8-Geflügelpest-Ausbruchs finden Sie hier
(jh) – Alle Tiere werden der Geflügelpest-Verordnung entsprechend getötet. „Damit ist eine neue Stufe bei der derzeit grassierenden Geflügelpest erreicht. Sie ist hochaggressiv. Die Situation ist besorgniserregend und bedeutet für alle – Tierhalter und Tierhalterinnen, Behörden und Labore – eine große Herausforderung,“ sagte Landwirtschaftsminister Robert Habeck in Kiel.
Habeck hatte wegen des Vogelgrippe/Geflügelpest-Ausbruchs die Bundeskonferenz der Grünen in Münster ohne offizielle Ankündigung verlassen, obwohl er dort im Urwahlforum als einer von drei Bewerbern für die Spitzenkadidatur zur nächsten Bundestagswahl auftreten sollte.
Von Wildvögeln auf Nutzgeflügel übertragen
Bisher waren neben Wildvögeln – von denen die Infektion ausgegangen ist – zunächst nur Freilandhaltungen betroffen: in Schleswig-Holstein (ca. 100 getötete Puten) und Mecklenburg-Vorpommern (ca. 60 getötetete Enten und Hühner).
Für Österreich sind H5N8-Infektionen in einer Putenfreilandhaltung (ca. 1.100 getötete Tiere) und einer Hühnerfreilandhaltung (ca. 4.000 gekeulte Tiere) gemeldet.
Außer in Deutschland sind bisher vor allem in Ungarn Nutztierbestände betroffen: Zuerst ein Putenbestand mit 9.000 Tieren, jetzt auch vier Farmen mit zusammen fast 63.000 Enten.
Bundesregierung setzt Krisenstab ein
Die Bundesregierung setzt einen Krisenstab ein, um eine weitere, länderübergreifende Ausbreitung der Tierseuche möglichst zu verhindern, zumindest aber vorbereitet zu sein. Der hat beschlossen: Anhand der regionalen Risikoprofile, wollen die Bundesländer die Aufstallung für Geflügel anordnen. Und zwar dort, wo die Wahrscheinlichkeit eines Eintrages der hochansteckenden Virusvariante H5N8 hoch ist. Das sind insbesondere Feuchtgebiete, Rastgebiete von Zug- und Wildvögeln, aber auch Gebiete mit einer hohen regionalen Dichte von Geflügelbetrieben. Auch weitere Anordnungen zur Biosicherheit wollen die Länder einheitlich treffen.
In Niedersachsen haben die als „Geflügelhochburg“ geltenden Landkreise Emsland, Vechta, Cloppenburg und Grafschaft Bentheim sowie der Stadt- und Landkreis Onsabrück bereits eine Stallpflicht verhängte. Insgesamt werden dort rund 80 Millionen Stück Geflügel gehalten.
Dem Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) wäre eine bundesweite Stallpflicht für Geflügel am liebsten. „Wir müssen schneller sein als sich das Virus ausbreitet“, hatte ZDG-Vizepräsident Friedrich Otto Ripke erklä
- Aktuelle HPAIV H5N8 Risikoeinschätzung des Friedrich-Loeffler-Institutes für Deutschland (9.11.2016 – PDF-Download)
Virus bei Eigenkontrolle entdeckt
In dem jetzt betroffenen Betrieb in Grumby (Schleswig-Flensburg) hatte es seit Mittwoch vereinzelte Todesfälle bei Hühnern gegeben. Zunächst wurde ein Zusammenhang mit dem Ausfall einer Lüftung vermutet. Der Tierhalter beauftragte aber auch ein privates Labor mit Probennahmen. Die Ergebnisse führten am Freitag zu einem nicht amtlichen Vogelgrippeverdacht, der dann noch in der Nacht zum Samstag von FLI analysiert und bestätigt wurde.
Offiziell haben ihn die Behörden erst bekannt gegeben, nachdem Absperrungen und Sperrzonen eingerichtet waren. Aus Gründen des Tierseuchenschutzes ist es fremden Personen untersagt, das Gelände zu betreten. Das Schleswig-Holsteinische Landwirtschaftsministerium appellierte dringend – insbesondere an Medienvertreter – sich daran zu halten. Verstöße können mit Bußgeldern bis zu 30.000 Euro geahndet werden. Die fahrlässige oder vorsätzliche Verschleppung von Tierseuchen ist strafbar.
Der betroffene Betrieb ist ein Zuchtbetrieb, dessen Bruteier nicht an Konsumenten geliefert werden. Die letzte Lieferung ging am Montag noch vor Erkrankung der Tiere nach Dänemark. Die zuständigen Behörden in Dänemark haben die 300.000 Eier vorsichtshalber ungetestet vernichten lassen.
Bisherige Entwicklung:
- Bericht zum H5N8-Ausbruch bei Wildvögeln (8.11. / aktualisiert bis 10.11.2016)
- Bericht zum Übergang des Virus auf Freilandhaltungen in Deutschland und Österreich (10.11. / aktualisiert bis 12.11.2016)
Schleswig Holstein
Seit vergangenem Wochenende (5. November) sind vor allem im östlichen Landesteil Schleswig-Holsteins zahlreiche tote Wildvögel aufgefunden worden, insbesondere Reiherenten, aber auch Graugänse und Schwäne. Am Dienstag (8. November) stellte das FLI den ersten Fall von hochpathogener Geflügelpest des Subtyps H5N8 fest. Seitdem konnte das Virus in den Kreisen Plön, Rendsburg-Eckernförde, Schleswig-Flensburg, Segeberg, sowie Herzogtum-Lauenburg und Hansestadt Lübeck festgestellt werden. In Lübeck war die erste Nutzgeflügelhaltung mit etwa 100 Puten betroffen (Freiland).
Niedersachsen
Mecklenburg Vorpommern
Bestätigte H5N8-Funde bei Wildvögeln gibt es vom Nordufer der Schweriner Sees (Lankreis Nordwestmecklenburg), auf der Insel Ruden und im Stadtgebiet Rostock.
Bestätigt ist auch ein H5N8-Ausbruch in einem Geflügelkleinstbestand bei Mesekenhagen (57 Enten und Hühner).
Bayern und Baden-Württemberg
Hier wurden bisher zahlreiche Wildvögel-Totfunde entlang des Bodensees gemeldet und das H5N8-Virus ebenfalls bestätigt.
Sachsen
H5N8 in Wildögeln.
Hessen
H5N8 in Wildögeln.
Europa: Acht Staaten betroffen
In acht europäischen Staaten ist die hochansteckende Geflügelpest des Subtyps H5N8 inzwischen bei Wildvögeln bestätigt: Deutschland, Österreich, der Schweiz, Dänemark, Niederlande, Polen, Ungarn und Kroatien.
In der Schweiz ist H5N8 bei Wildvögeln inzwischen sowohl am Bodensee als auch am Genfer See, dem Neuenburger See und dem Bieler See nachgewiesen – auch dort gibt es also eine Ausbreitung.
Weltweit
H5N8-Fälle wurden zuvor in diesem Jahr aus Asien, den asiatischen Regionen Russlands und insbesondere aktuell aus Indien und Israel gemeldet.
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