Leptospirose: Vorsicht beim Baden

Leptospirose lauern im Wasser – deshalb ist die Immunisierung gegen Leptospiren eine unverzichtbare Impfung (StIKO VET). (Foto: © WiSiTiA/hh)

(hh) – Leptospirose ist zunehmend ein Thema in der Humanmedizin – auch in europäischen Ländern. Übertragen wird sie von Tieren auf Menschen. Dabei sind auch Katzen potentielle Ausscheider. Ein Überblick über Symptomatik und Therapie.

Logo_Bay_TierärztetageBis vor einigen Jahren war die Verbreitung und Erkrankung insbesondere bei Hunden häufig und gefürchtet. Tatsächlich ist die Leptospirose aber bei vielen Säugetierspezies verbreitet. Katzen erkranken zwar selten, aber sie können sich mit Leptospiren infizieren und diese auch ausscheiden und dadurch ihre Umwelt kontaminieren, sogar Menschen anstecken. Eine Untersuchung aus den USA zeigt bei freilebenden Katzen eine Inzidenz von über 10 Prozent.

Tatsächlich, so berichtete Prof. Kathrin Hartmann von der LMU-München auf dem Bayerischen Tierärztetag in Nürnberg, würden Infektionen auch in der Humanmedizin zunehmend diagnostiziert und auf Tagungen diskutiert. Für die Tiermedizin gebe es eine Reihe von aktuellen „Consensus Statements“ (Links am Textende).

Aktualisierte Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin  (ergänzt 14.9.2016)

Leptospiroseinfektionen korrelieren mit den Jahreszeiten und sind von Temperatur und Niederschlag abhängig. (© Vortrag K. Hartmann / LMU-München / Bay. Tierärztetage 2015)

Leptospiroseinfektionen korrelieren mit den Jahreszeiten und sind von Temperatur und Niederschlag abhängig. (© Vortrag K. Hartmann / LMU-München / Bay. Tierärztetage 2015)

Beim Hund erfolge die Übertragung meist indirekt über infektiösen Urin – zum Beispiel beim Baden in stehenden Gewässern. Eine große Rolle spielen auch Nagetiere wie Mäuse und Ratten. Durch sie gelangen die Erreger in Gärten und Hinterhöfe, etwa wenn sie dort nach Futter suchen. Die meisten Fälle würden im Spätsommer entdeckt. Bei Frost sind Leptospiren inaktiviert.

Regional unterschiedliche Symptomatik

Insgesamt seien Infektionen sehr viel häufiger, als wir glauben, erläuterte Hartmann. Typisch seien regionale Unterschiede – sowohl in der Häufigkeit als auch in der Symptomatik. In Berlin etwa verlaufe die Erkrankung anders als in München. Hauptrisikogebiete sind wärmere Gegenden mit häufigen Regenfällen.

Verdacht auf Leptospirose bestehe bei Hunden …

  • mit akuten fieberhaften Erkrankungen
  • Lungenblutungen
  • Anzeichen von Leber- und Nierenversagen
  • Uveitis
  • Aborten

Unspezifischere Symptome sind dagegen Bewegungsunlust, Herzarrythmien, Konjunktivitis, Blutungsneigung, anhaltende Anorexie, periphere Ödeme oder Ergüsse, plötzliches Erbrechen.

Pulmonäre Manifestationen seien ein neueres Symptom mit regionaler Häufung. Beschrieben sei sie vor allem im Norden und Osten Deutschlands und in der Schweiz. Typisch seien Dyspnoe, oftmals massive Veränderungen im Röntgenbild, Lungeblutungen.

Häufig Nierenprobleme

Besonders wichtig und häufig ist hingegen die Nierenmanifestation. Es kommt zur akuten interstitiellen Nephritis, die Leptospiren vermehren sich in Tubuluszellen, es kommt zur tubulären Dysfunktion. Die Nierendurchblutung wird beeinträchtigt, die Glomeruläre Filtrationsrate nimmt ab. Vor allem bei gleichzeitiger Borrelioseinfektion würde die Nierenmanifestation beobachtet. Am Rande sei erwähnt, dass Katzen mit Nierenerkrankungen nicht selten an Leptospiren erkrankt sind.
Obwohl heute andere Serovare gefunden (und geimpft) werden, sind bei allen Leptospiren die Symptome gleich.

Diagnose: MAT mit Nachteilen

Die Diagnose wird meist per Antikörpernachweis diagnostiziert. Am häufigsten und günstigsten ist der Mikroagglutinationstest (MAT). Nachteil ist allerdings, dass der MAT in den ersten Tagen der Krankheit häufig negativ ist und mit Impf-Serovaren kreuzreagiert. Die Ergebnisse seien übrigens zwischen den Fremdlaboren höchst unterschiedlich! Für die Praxis gibt es daneben Schnelltests. Der Erregernachweis sei zwar zuverlässig – aber nur im positiven Fall beweisend.

Leptospirospatienten brauchen Intensivtherapie

Für die Therapie ist die frühzeitige intensive und immer(!) stationäre Behandlung mit ständiger Blutkontrolle wichtig.

  • In Phase 1 wird durch Penicilline (Amoxicillin 20 mg/kg KGW alle 12h) die Leptospirämie beendet und so die Bakterien-Replikation gesoppt, Organschäden limitiert und Fieber reduziert.
  • In Phase 2 wird durch Doxycyclin (5 mg/kg alle 12h p.o. für 2-3 Wochen) die Infektion eliminiert. Beim stationären Monitoring sind auch Kontrollen von Gewicht, Urinproduktion, Blutdruck, Atemfrequenz und Atemgeräuschen wichtig. Bei Lungeblutungen muss Sauerstoff zugeführt werden, bei akutem Nierenversagen kommen Diaylseverfahren in betracht.

Hochinfektiöser Urin

Hartmann warnt bei infizierten Tieren vor allem vor der Übertragung auf Menschen. Vor allem verdünnt sei der Urin hochinfektiös. In der stationären Behandlung solle man deshalb den Urin der Tiere erst komplett mit Lappen aufnehmen und erst danach feucht nachwischen

Impfung empfehlenswert

Die aktuellen Hauptserovare der Leptospirose in Europa. (© Vortrag K. Hartmann / LMU-München / Bay. Tierärztetage 2015)

Die aktuellen Hauptserovare der Leptospirose in Europa. (© Vortrag K. Hartmann / LMU-München / Bay. Tierärztetage 2015)

Empfehlenswert ist unbedingt die Impfung von Hunden. Sie verhindern nicht nur die Krankheit, sondern auch das Carrier-Stadium. Da sich die Seovare in Deutschland verändert haben, kommen vor allem die Impfstoffe von Pfizer (3 Serovare) und von MSD (vier Serovare) in Frage.

Weiterführende Quellen:
European consensus statement on leptospiorsis in dogs and cats (2015)
ACVIM small animal consensus statement on leptospirosis: diagnosis, epidemiology, treatment, and prevention (2010)
Leptospira species infection in cats: ABCD guidelines on prevention and management (Abstract 2013)

Bildnachweis alle Folien: © Vortrag K. Hartmann / LMU-München / Bay. Tierärztetage 2015)

Beitragsfoto: ©2010 Henrik Hofmann/tierundleben.de

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Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
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