Der Haushalt als Gefahrenquelle – auch für Hunde

Die Tierärzte und Toxikologen der Vergiftungs-Hotline in den USA haben ihre „Top-Ten-Liste“ der 2013 in Haushalten am häufigsten produzierten Vergiftungen bei Hunden herausgegeben. Erstmals haben es Zusatzfuttermittel gegen Gelenkerkrankungen in die Hit-Liste geschafft. 

(hh) – Für Menschen gilt, die häufigsten Unfälle passieren im Haushalt. Das selbe gilt offensichtlich auch für Hunde. Viele fressen, was sie kriegen können. Und was für Frauchen und Herrchen gut ist, muss für  den Hund doch auch gut sein, oder? Die zehn häufigsten Gifte, die Hunde (im Haushalt) aufnehmen.

Platz 1 – Schokolade

Je dunkler die Schokolade, desto gefährlicher. Damit wirklich etwas „passiert“, müssen die Hunde aber größere Mengen aufnehmen…

Schokolade enthält das Alkaloid Theobromin, das zur Gruppe der Methylxanthine gehört. Nach Aufnahme einer größeren Menge Schokolade kann es schon nach zwei Stunden zu Vergiftungssymptomen und nach mindestens zwölf Stunden zum Tod kommen. Symptome sind vor allem dosisabhängig – und die wiederum hängt ab von der Art der Schokolade. Je mehr Kakao, desto mehr Theobromin.

Mehr dazu: Schokoladenvergiftung: Waren es wirklich drei ganze Tafeln?

Platz 2 – Xylitol

Dieser Süßstoff wird häufig in zuckerfreien Kaugummis, Bonbons, in Medikamenten und auch Nasenspray verwendet. Bei Hunden bewirkt Xylitol nach peroraler und intravenöser Aufnahme einen schnellen, dosisabhängigen Insulinanstieg und dementsprechend einen Abfall der Blutglukose.

Zudem reduziert Xylitol die Glukoneogenese in der Leber. Die potentielle Leberzellnekrose wird durch zwei Mechanismen erklärt: 1) Phosphorylierte Zwischenprodukte erschöpfen die zellulären ATP-, ADP- und anorganischen Phosphorreserven. Ohne ATP können die lebenswichtigen Zellfunktionen wie Proteinsynthese und Erhaltung der Membranstabilität nicht mehr aufrecht erhalten werden, was zu Zellnekrose führt. 2) Beim Xylitol-Abbau fallen hohe Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid-Konzentrationen an, die reaktive Sauerstoffverbindungen produzieren. Diese führen zu Membran- und Makromolekül-Schäden und folglich zur Schwächung der Hepatozyten.
Quelle: Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie

Platz 3 – NSAIDs

Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAIDs) sind Schmerzmitteln wie Ibuprofen. Sie werden gerne und viel sowohl in der Tier- als auch Humanmedizin verwendet. Und das ist auch gut so! Doch alle nichtsteroidalen Antiphlogistika dürfen nur für einen begrenzten Zeitraum angewendet werden, eine längere Therapie ist wegen den gravierenden Nebenwirkungen nicht möglich. Bei Überdosierung kann es zu Magengeschwüren und Nierenversagen kommen.

Die antiphlogistische, analgetische und antipyretische Wirkungen beruhen auf der Hemmung der Prostaglandinsynthese durch Blockierung der Cyclooxygenasen (COX-1 und/oder COX-2). Unterschiedliche Mechanismen verursachen die Toxizität der nichtsteroidalen Antiphlogistika. Im Gegensatz zum Menschen werden beim Hund viele Wirkstoffe dieser Gruppe auch über die Galle ausgeschieden und unterliegen deshalb einem enterohepatischen Kreislauf.
Quelle: Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie

Platz 4 – (freiverkäufliche) Hustensäfte

Säfte, die Pseudoephedrin oder Phenylephrin, enthalten, sind teilweise giftig. Sie wirken u.a. blutdrucksteigernd. Die Symptome sind:

Platz 5 – Rattengift

Cumarin ist eigentlich eine ungiftige Substanz. Sie kommt natürlicherweise in Steinklee vor. Chemische Abkömmlinge von Cumarin, so genannte Cumarinderivate sind allerdings hochgiftige Stoffe, die vorwiegend als so genannte Rodentizide zur Bekämpfung von Ratten und Mäusen eingesetzt werden.

Die Wirkungsweise der Cumarinderivate ist gleich, sie unterscheiden sich jedoch in der Schnelligkeit ihres Wirkungseintritts und in ihrer Wirkungsdauer: ältere Mittel wirken etwa 14 Stunden nach der Aufnahme des Giftes. Die neueren  Cumarinderivate zeigen erst nach einigen Tagen eine Wirkung. Dieser verzögerte Wirkungseintritt ist beabsichtigt: Wenn ein Schadnager direkt nach dem Fressen des Giftes Symptome zeigen oder sterben würde, würden seine Kollegen das Gift nicht mehr fressen. Einzelne Derivate rufen auch Schwellungen des Gehirns hervor.

Trauben - nicht für alle Hunde giftig. Aber für manche tödlich.

Trauben – nicht für alle Hunde giftig. Aber für manche tödlich. (Quelle: Jutta Schmidt)

Platz 6 – Rosinen, Trauben, Trester

Für Menschen harmlos, sind sie für Hunde unter Umständen tödlich giftig: Bei Hunden können Rosinen & Co zum Beispiel Nierenschäden hervorrufen. Es sind aber nicht alle Hunde empfindlich!

Eine Weintraubenvergiftung kann bereits bei Aufnahme von 10 g Weinbeeren pro kg/Körpergewicht (KGW) beziehungsweise weniger als 2,8 g Rosinen pro kg/KGW auftreten. Auch der oft in abgeernteten Weinbergen ausgebrachte Trester kann eine Vergiftung verursachen. Die Sterblichkeitsrate bei betroffenen Hunden beträgt bis zu 50 Prozent. Pathohistologisch zeigen betroffene Tiere Nekrosen der Nierentubuli.

Mehr dazu: Weintrauben: Tödliche Gefahr – aber nicht für jeden Hund

Platz 7 – Insektenköder

Die Köder selbst sind selten gefährlich. Probleme entstehen aber oft, wenn Hunde das Plastikkästchen schlucken. Es kann zum Darmverschluß kommen.

Platz 8 – Verschreibungspflichtige Medikamente: Amphetamine

Amphetamine werden in der Humanmedizin als Anorektika sowie als Psychopharmaka gegen Depressionen und Antriebslosigkeit eingesetzt.

Amphetamin führt zu einer erhöhten Freisetzung von Noradrenalin aus noradrenergenen Varikositäten und hemmt gleichzeitig die Wiederaufnahme von Noradrenalin aus dem synaptischen Spalt, was zu einer vermehrte Stimulation der postsynaptischen Membran führt.
Quelle: Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie

Symptome sind:

  • Erbrechen
  • Zittern, Hecheln
  • Durchfall
  • Apathie
  • Aggression
  • Tachycardie
  • Sabbern/Speicheln
  • Mydriasis
  • Epileptiforme Anfälle

Platz 9 – Glucosamine

Sie sind in der Regel zwar gut verträglich, zu den möglichen unerwünschten Wirkungen gehören aber gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Sodbrennen, Geschmacksstörungen, Durchfall und Verstopfung. Sehr selten können sie zu Leberversagen führen.

Glucosamin ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Aminozucker, der als Nahrungsmittelergänzung zur Behandlung von Arthrosen eingenommen wird. Glucosamin soll schmerzlindernd und entzündungshemmend sein und die Knorpelsubstanz schützen oder aufbauen. Die klinische Wirksamkeit ist bei Fachleuten umstritten.

Platz 10 – Sauerstoff-Absorber und Silicatgel-Päckchen

Eisenhaltige Sauerstoff-Absorber, die zur Haltbarmachung in Leckerchen-Verpackungen oder Fleisch-Verpackungen sind, können eine Eisenvergiftung hervorrufen. Silicatgel-Päckchen, wie man sie in neuen Schuhen oder in Verpackungen von Elektrogeräten findet, sind hingegen selten bedenklich.

In hoher Dosierung hat Eisen eine reizende Wirkung auf die Schleimhäute des Magen-Darm-Traktes sowie einen toxischen Effekt auf Gefässe, Leber- und Herzparenchym. Wird die Bindungskapazität des Transferrins im Blut überschritten, kommt es zu schweren Vergiftungserscheinungen. In der Praxis treten beim Tier eher Eisenmangelerkrankungen auf. Vergiftungen können durch Fehlapplikation oder Fehldosierung eisenhaltiger Präparate erfolgen, da neugeborenen Tieren zur Prophylaxe einer Eisenmangelanämie Eisenpräparate gespritzt oder zugefüttert werden. Toxisch ist auch die übermässige Einnahme gut löslicher Eisensalze, die in Ergänzungspräparaten (beispielsweise für Sportpferde), Multivitamin-Präparaten, Eisentabletten (oft mit Zuckerüberzug), Schneckengift, sauerstoff-absorbierenden Sachets, Handwärmekissen und Düngern vorkommen. 
Ungefährlich sind metallisches Eisen und Rost. Die orale Aufnahme von Eisenionen ist ab einer Dosis von 20 mg/kg Körpergewicht toxisch. Die minimal letale Dosis liegt im Bereich von 100 mg/kg. Bei Unterversorgung mit Selen, Vitamin E oder anderen Antioxidantien ist die Eisentoxizität gesteigert.
Quelle: Institut für Veterinärpharmakologie und -toxikologie

Natürlich gibt es eine ganze Reihe weiterer Gifte, die bei Hunden Schaden anrichten können. Beispiele sind das Frostschutzmittel Glysantin, das bei Autos verwendet wird, Schneckenkorn, Drogen, Reinigungsmittel, Pflanzen (Avocado, Zwiebeln, Zigaretten(-kippen), Alkohol, (rohe) Hülsenfrüchte, usw.
Manche sind erst in hohen Dosierungen, andere erst bei langem Gebrauch schädlich. Deshalb sollte man sie einfach weg lassen.

Bitte beachten sie: Diese Hitliste stammt aus den USA. Angaben wie „freiverkäuflich“ sind nicht automatisch auf Deutschland übertragbar.

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Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
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