Minus 214 Tonnen oder 15 Prozent – dieser Rückgang der in der Tiermedizin eingesetzten Antibiotikamenge „reicht jedoch bei weitem nicht aus“, kommentiert der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und Tierarzt, Dr. Wilhelm Priesmeier die aktuell veröffentlichten DIMDI-Zahlen.
(jh) – Obwohl der Antibiotikaeinsatz in der Tierhaltung sinkt, „sind die Mengen und die Therapiehäufigkeit aber immer noch viel zu hoch,“ teilt Priesmeier mit und bekräftig das „ehrgeizige Ziel“ der SPD: „Der Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung muss mittelfristig um 50 Prozent sinken. Zentral hierfür sind ein guter Hygiene- und Gesundheitszustand der betroffenen Tierbestände und ein besseres Betriebsmanagement.“
Bis 2020 soll es laut SPD-Forderung soweit sein. Ausgangsbasis sind die im Jahr 2013 offiziell gemeldeten 1.452 Tonnen Antibiotika. Aktuell (2014) liegt die Menge bei 1.238 Tonnen. Damit hätten die Tierärzte bereits im ersten (von sieben!) Jahren 15 Prozent des „ehrgeizigen“ Priesmeier-50-%-Ziels erreicht.
„Reserveantibiotika nur bei Therapienotstand“
„Als besorgniserregend“ empfindet Priesmeier den Anstieg des Einsatzes von Reserveantibiotika (Fluorchinolonen und Cephalosporinen der 3. und 4. Generation), die er als „für die Therapie im Notfall beim Menschen besonders bedeutend“ einstuft. Tierarzt Priesmeier möchte deshalb „klar regeln, dass Reserveantibiotika in der Tierhaltung nur im äußersten Therapienotstand eingesetzt werden dürfen.“
Die aktuellen Zahlen weisen für die Cephalosporine einen Rückgang um 100 kg und bei den Fluorchinolonen einen Anstieg von 200 kg aus (bei insgesamt 214.000 kg weniger eingesetzten Antibiotika – siehe Tabelle).
wir-sind-tierarzt.de meint:
(jh) – Interessant ist, dass man inzwischen beim Thema „Antibiotika in der Nutztierhaltung“ Pressemeldungen der Regierungspartei SPD inhaltlich kaum noch von denen der Oppositionspartei Bündnis 90/Die Grünen oder gar des BUND unterscheiden kann: So fordern beide Parteien eine 50-Prozent-Reduzierung der Antibiotikamenge. Die Priesmeier-Pressemeldung teilt sich sogar eine Kernaussage mit der des BUND: die besorgniserregend steigende Reserveantibiotika-Menge im Stall.
Offensichtlich überlegt die SPD nicht mehr nur auf einen eigenen Kanzlerkandidaten zu verzichten, sondern verabschiedet sich auch auf der programmatischen Ebene von fachlich/sachlichen eigenen Positionen, die sie noch zum Jahresanfang – etwa auf dem bpt-Neujahsempfang – vertreten hatte.
Wissenschaftlicher Konsens ist es, dass Antibiotika-Tonnen weder geeignet sind, den Einsatz von Antibiotika, noch die Resistenzsituation zu bewerten. Gewichte allein sagen wenig aus, solange nicht bekannt ist, bei welchen Tierarten ein Wirkstoff in welcher Menge eingesetzt wurde. Richtig ist, dass mit einem Kilogramm Fluorchinolone sehr viel mehr Tiere behandelt werden können, als mit einem Kilogramm Tetrazykline. Welchen Resistenzdruck eine Behandlung erzeugt, lässt sich aber nur bewerten, wenn sie spezifisch für Tierart und Nutzungsrichtung erfasst ist – das erfolgt mit dem aktuellen Antibiotikamonitoring gemäß der 16. AMG-Novelle.