Agraminister-Konferenz: Mehrheit will Cross-Check-Kontrolle für Antibiotikaverordnungen

Müssen Tierärzte künftig ihre Antibiotikverordnungen für Nutztiere selbst noch einmal direkt an den Staat melden? Die Agraraministerkonferenz der Bundesländer hat darüber diskutiert. Vor allem die Grünen hoffen, mit einem solchen „Cross-Check“ mögliche Falscheingaben der Landwirte in die staatliche HIT-Antibiotikadatenbank zu entdecken.

von Jörg Held

Beschlossen haben die Länder diese zusätzliche Dateneingabe auf der Agrarministerkonferenz in Fulda (2. Oktober 2015)  nicht. Aber in einer Protokollnotiz treten zehn Länder – also eine Mehrheit – dafür ein, „auch für Tierärzte eine eigene Meldepflicht an die Antibiotikadatenbank einzuführen“. Dafür müsste aber wohl das Arzneimittelgesetz (AMG) erneut geändert werden.

Bisher: Meldepflicht nur für Tierhalter

Aktuell muss nur der Tierhalter halbjährlich seinen Antibiotikaeinsatz in Mastbetrieben melden (die aktuelle Daten zu dieser Erfassung finden Sie hier). Er kann diese Aufgabe aber an seinen Hoftierarzt delegieren. Auch im privatwirtschaftlichen QS-Antibiotikamonitoring-System meldet der Tierarzt im Auftrag des Tierhalters.
Wichtig: In beiden Fällen ist der Tierhalter dafür verantwortlich, dass die Daten stimmen und er die erhaltenen Medikamente nach tierärztlicher Vorgabe ordnungsgemäß einsetzt. Das muss er auch schriftlich bestätigen.

Tierarztvergleich auch Teil der DART 2020

Wie genau also eine „eigene Meldepflicht an die Antibiotikadatenbank“ durch den Tierarzt aussehen soll, ist noch nicht klar. Eine Meldepflicht für Tierärzte ist durch die aktuelle Gesetzeslage nach Auffassung des Bundeskandwirtschaftsministeriums nicht gedeckt.
Die Idee einer Erfassung der tierärztlichen Antibiotikaverordnungen und ein Vergleich mit den vom Tierhalter gemeldeten Daten steht aber im Raum. Und dass die Politik grundsätzlich auch darüber nachdenkt, wie Tierärzte ihre Verordnungen untereinander vergleichen können, lässt sich auch aus der im Mai veröffentlichten Deutschen Antibiotikaresistenzstrategie (DART 2020) herauslesen. Dort steht als Forderung:

„Erarbeitung von Eckpunkten für ein Rückkopplungssystem für Tierärzte, mit dem Tierärzte ihren Antibiotikaeinsatz untereinander vergleichen können.“

Ein „Rückkoppelungssystem für Tierärzte“ – das auch privatwirtschaftlich organisiert sein könnte und im bestehende QS-Antibiotiak-Monitoring bereits möglich ist – und eine „gesetzliche Meldepflicht für Tierärzte“ als Cross-Check-Instrument zur Überprüfung der bisherigen AMG-Daten wären aber zwei unterschiedliche Ansätze: Eigenkontrolle vs. zweite staatliche Kontrollstufe.

Vorbild Holland

Vorbild für die „Rückkoppelung“ könnte ein Benchmark-Programm aus den Niederlanden sein (detaillierter PDF-Download hier). Dort werden die Antibiotikaverordnungen jedem einzelnen Tierarzt (nicht der Praxis!) zugeordnet. Es gab bereits mehrere sogenannte „Drei-Länder-Treffen“ zwischen Deutschland, den Niederlanden und Dänemark, in denen die Landwirtschaftsminister vereinbart haben, unter anderem auch bei der Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes enger zusammenzuarbeiten. Vergleichbare Benchmarkprogramme wären da nur konsequent.

Weiterführende Links:
Wie sieht das niederländische Tierarzt-Benchmarking-System aus? wir-sind-tierarzt.de gibt einen ersten Überblick

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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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