(aw) – Bakterielle Resistenzen gegen Antibiotika scheinen sich immer schneller zu entwickeln und auszubreiten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt davor schon seit Jahren und fordert weitreichende Änderungen bei der Produktion, der Verschreibung und dem Einsatz. Ein Ansatz sind alternative Wirkstoffe – eine kurze Übersicht der Möglichkeiten:
Um nicht immer nur als reagierender dazustehen, wird es auch für die Tiermedizin höchste Zeit, sich mit den Antibiotika-Alternativen zu beschäftigen. In den USA hat dies Michael Priestly, Redakteur der dairysite, cattlesite und beefsite getan. Seine Erkenntnisse in der Zusammenfassung:
Impfungen
Impfungen sollen dazu beitragen, dass Krankheiten erst gar nicht entstehen. Allerdings sind sie teurer als Einzeltierbehandlungen, da bei einer Impfung meistens die ganze Gruppe/Population geimpft werden muss, um einen ausreichenden Schutz zu erreichen. Gerade in warmen Ländern stellt zudem die richtige Lagerung von Impfstoffen ein Problem dar. Trotzdem ist die Impfung eine der wichtigsten Alternativen zur Therapie mit Antibiotika – und in der Tiermedizin entsprechend verbreitet.
Probiotika
Das Tier erhält gutartige Bakterien, die nach dem Verdrängungsprinzip krankmachende Keime eliminieren sollen. Probiotika kommen vor allem im Verdauungstrakt zum Einsatz. Zu ihnen gehören Spezies wie Bacillus, Lactobazillus, Lactococcus, Streptococcus und eine Vielzahl an Hefen. Probiotika haben, genau wie Impfstoffe den Vorteil, dass keine Wartezeiten beachtet werden müssen.
Phagen
Phagen können in Bakterienzellen eindringen und ihren Stoffwechsel so effektiv ausschalten, dass die Bakterien sterben. In Osteuropa wird die Phagentherapie vor allem in der Humanmedizin eingesetzt. Phagen können zielgerichtet gegen bestimmte Bakterien eingesetzt werden. Besonders effektiv ist die äußerliche Anwendung. Allerdings können Bakterien gegen Phagen Resistenzen entwickeln – genau wie gegen Antibiotika.
Räuberische Bakterien
Bei dieser Therapie werden räuberische Bakterien eingesetzt, die den Zielbakterien Nahrung und Energie streitig machen. BALO heisst die Gruppe der vielversprechendsten Typen, die außerdem Enzyme benutzen, um Gram-negative Bakterien zu töten. Darüber hinaus attackieren sie effektiv Biofilme, die in der Regel besonders standhaft gegen Antibiotika sind.
Bakteriozine
Bacteriozine greifen, genau wie Phagen, die Plasmamembranen von Bakterien an; sie scheinen aber weniger schnell Resistenzen zu bewirken. Praktisch alle Bakterien produzieren Bakteriozine um das Wachstum verwandter Arten in ihrer Umgebung zu unterbinden. Es gibt daher zahlreiche natürliche Bakteriozine, die eventuell zielgerichtet gegen bestimmte Bakterien eingesetzt werden könnten.
Ein bereits gut erforschtes Bakteriozin ist Nisin A, das zur Haltbarmachung von Milchprodukten in über 50 Ländern eingesetzt wird. Bis jetzt hat der weitverbreitete Einsatz noch nicht zu Resistenzen geführt.
iChip-System
Darüber hinaus könnte die Entwicklung des iChip-Systems, das die Isolierung und das Wachstum einzelner Zellen in ihrer natürlichen Umgebung möglich macht, eine Durchbruch für die Forschung bedeuten. iChip hat beispielsweise zur Entdeckung von Teixobactin beigetragen, dem ersten neuen antibiotisch wirksamen Wirkstoff in diesem Jahrhundert.