Wir Deutschen klagen miesepetrig über Antibiotikamissbrauch und predigen Minimierung. Alles negativ besetzt. Die Briten dagegen denken positiv und suchen schlicht Antibiotika Guardians: Mitstreiter, die ein wertvolles Gut schützen wollen.
Ein Kommentar von Jörg Held
Antibiotic Guardian – was Tierärzte tun können.
Es ist fast schon typisch, wie man hierzulande medial einem Problem begegnet – in diesem Fall den zunehmenden Antibiotikaresistenzen: Mit lautstarken Klagen über Missbrauch, mit aggressiven Vorwürfen und mit sperrigen Begriffen wie „Antibiotikaminimierungskonzept“. Alles irgendwie negativ besetzt, weil vorwurfsvoll, klagend und Verzicht predigend.
Passend dazu werden öffentlich eine Vielzahl von Überwachungsprogrammen gefordert, konzipiert und mit viel Bürokratie implementiert. Das Ganze natürlich nicht, ohne die jeweils eigene mehr oder weniger unschuldige Position bei der Misere zu betonen.
Bei all dem vergisst man dann die Menschen. Denn wir – Mediziner, Verbraucher, Tierhalter, also jeder von uns – müss(t)en, all die Konzepte, Programme und Verhaltensweisen ja mit einer gewissen Einsicht und möglichst sogar Begeisterung zum Leben erwecken und im Rahmen der eigenen Möglichkeiten tagtäglich umsetzen. Sprich: sorgfältig(er) mit Antibiotika umgehen.
Positiv denken
Antibiotic Guardian – was Haustierbesitzer tun können.
Die Briten gehen das Thema positiver an. Sie suchen schlicht Antibiotika-Schützer – und visualisieren die Idee mit einem sehr positiv besetzten Logo. Das Projekt
„Antibiotika Guardian“ – aufgelegt zum Europäischen-Antibiotika-Tag am 18. November – ist simpel gestrickt:
„Healthcare Professionals“, wie Tierärzte, oder „Members of the Public“, wie Haustierbesitzer oder Nutztierhalter, können sich mit einem Klick über drei bis fünf auf sie zugeschnittene Verhaltensregeln informieren und auf eine „committen“, wie es neudeutsch so schön heißt. Das ganze ohne mahnenden Zeigefinger aber mit klarem Nutzwert für die Sache.
Call to action
Antibiotic Guardian – was Nutztierhalter tun können.
Ob es etwas nutzt? Abwarten. 3.041 Unterstützer (zum Zeitpunkt als dieser Text entstand) sind zugegeben nicht gerade eine berauschende Zahl. Aber die Idee hat für mich einen gewissen Charme: Es ist ein einfacher „call to action“ ohne Vorwürfe und eben nicht das schlechte Gewissen adressierend. Jeder Einzelnen kann sich informieren und konstruktiv verhalten.
Verzicht zu predigen, wirkt dagegen eher selten motivierend. Einsicht und das Wissen um einen kleinen aber wichtigen eigenen Beitrag für eine gute Sache um so mehr.
Mir ist schon klar, dass solche Kampagnen niemals wissenschaftlich fundierte Strategien zur Resistenzminimierung in Human- oder Nutztiermedizin ersetzen können. Aber sie wären eigentlich die Voraussetzung oder zumindest eine wichtige Begleitung dafür, damit wir alle uns dem Thema auch mal positiv annähern können.
Ein ähnliches Konzept für Deutschland kennen wir nicht. Für Hinweise in den Kommentaren sind wir dankbar.