Multiresistente Superkeime entwickeln Resistenzen nicht nur gegen Antibiotika, sondern auch gegen alkoholhaltige Desinfektionsmittel. Das erschwert die Hygienemaßnahmen in Krankenhäusern.
(aw) – Verbesserte Hygiene soll die sogenannten multiresistenten Superkeime in Schach halten – in Krankenhäusern auch durch alkoholhaltige Hände- und Flächendesinfektion. Doch das gelingt zunehmend schlechter, denn die Bakterien entwickeln Abwehrmechanismen auch gegenüber diesen Desinfektionsmitteln.
Der Verdacht kam australischen Wissenschaftlern um den Mikrobiologen Tim Stinear vom Doherty Institute der University of Melbourne. Sie hatten sich mit MRSA und VRE (Vancomycin resistente Enterokokken, speziell E. feacium) beschäftigt und dabei festgestellt: Durch vermehrte Hygiene können zwar MRSA-Infektionen beherrscht werden. Doch Infektionen mit VRE stiegen weiterhin ungehindert an.
update 6.8.2018: Spiegel online/dpa berichtet hier über die Auswirkungen der Arbeit und zitiert Prof. Martin Exner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene: . „Bislang haben wir nur Antibiotikaresistenzen als Problem gesehen. Jetzt müssen wir uns auch mit Alkoholtoleranzen intensiv beschäftigen.“ Noch gebe es jedoch keine Hinweise darauf, dass solche alkoholtoleranten Bakterien auch hierzulande kursieren.
Veränderte Stoffwechselgene
Dass dabei Desinfektionsmittel eine Rolle spielen, wiesen sie nach, indem sie archivierte Bakterienstämme aus dem Zeitraum von 1997 bis 2015 verglichen. Bakterien die später als 2010 isoliert wurden, waren tatsächlich 10-fach häufiger auch gegen 70%igen Isopropylalkohol unempfindlich als solche, die vor 2004 kursierten. Die alkoholtoleranten Bakterien weisen Genmutationen auf, die die Bereiche Kohlenhydrataufnahme und Stoffwechsel betreffen.
Desinfektionsmittel höhe konzentriert weiter einsetzen
Infektionsmediziner Paul Johnson warnt aber davor, Alkohol zu verbannen. Er war ebenfalls an der Studie beteiligt. Bis jetzt seien die entsprechenden Desinfektionsmittel eine wichtige Säule zu Eindämmung von Infektionen, insbesondere mit MRSA und dort auch wirksam.
Tim Stinear schlägt deshalb vor, den Alkoholgehalt in den Desinfektionsmitteln zu erhöhen. Außerdem müsse man generell mehr dafür sorgen, dass sich Keime nicht ausbreiten können. Zum Beispiel durch die Einrichtung von Quarantänestationen für Patienten mit Problemkeimen sowie durch eine stetige, gründliche Reinigung aller Bereiche in Krankenhäusern.
Dass Keime unempfindlich gegen Desinfektionsmittel sind, ist nicht neu. wir-sind-tierarzt berichtete über Klebsiellen, die gegen Chlorhexidin resistent sind und sich daher trotz Desinfektion nicht abtöten liessen. Meist besitzen diese gleichzeitig auch Resistenzen gegen verschiedene Antibiotika, etwa Colistin.