(jh/Berlin) – Für wenig praxisgerecht hält die Bundestierärztekammer die gemeinsame Empfehlung von Paul-Ehrlich- (PEI) und Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) zum Tuberkulin-Hauttest: Eine wissenschaftlich Untersuchungsempfehlung müsse nicht nur zulassungskonform, sondern auch alltagstauglich sein, sonst gefährde sie die Akzeptanz der TBC-Tests, moniert die BTK. Hauptkritik ist die empfohlene Injektionsstelle (siehe Fotos).
Grundsätzlich begrüßt es die BTK-Delegiertenversammlung, dass PEI/FLI Empfehlungen für einen zulassungskonformen TBC-Test aussprechen (Wortlaut der Instituts- Empfehlung hier), insbesondere vor dem Hintergrund des aktuellen TBC-Geschehens in Bayern. Dort sind Testgegner aufgrund von Unsicherheiten bis vor Gericht gezogen und haben so eine Korrektur der deutschen Fassung der entsprechenden EU-Verordnung nötig gemacht. Allerdings kritisieren die Delegierten – genau wie wir-sind-tierarzt.de schon in einem Kommentar am 16.2.2015 – dass die aktuelle Empfehlung der beiden Bundesinstitute, weiter das Risiko birgt, die Testergebnisse anzweifeln zu können:
Zentrale Kritikpunkte
- Die empfohlene Stelle (siehe Fotos) ist bei im Fressgitter fixierten Tieren schwer bis gar nicht zugänglich. Dasselbe gilt für Tiere in Anbindehaltung (Halsrahmen).
- Aus der Fixierung ergibt sich, dass Tiere sich an der empfohlenen Stelle häufig scheuern. Das könnte falsch-positive Schwellungen provozieren.
- Die Compliance der Tierbesitzer, an TBC-Tests mitzuwirken, ist auch aus Angst vor positiven Ergebnissen (Konsequenz u.a. Betriebssperrungen / Anm.d.Red.) nicht immer gegeben ist. Eine höhere Wahrscheinlichkeit falsch-positiver-Ergebnisse, könnte dazu führen, dass positive Testergebnisse per se angezweifelt werden.
„Aus diesen Gründen wurde bisher im Praxisalltag das Schulterblatt im Bereich der Spina Scapulae als Injektionstelle genommen“, sagt die BTK-Stellungnahme. Eine Stelle, die sich aus Sicht des BTK-Wiederkäuerasschusses, der die Stellungnahme formuliert hat, bei Millionen von Regel-TBC-Tests bis 1997 bewährt habe.
Größeres Verletzungsrisiko?
wir-sind-tierarzt.de hatte darüber hinaus ein erheblich höheres Verletzungsrisiko für die Tierärzte kritisiert.
Redakteurin Dr. Annegret Wagner schrieb mit Blick auf die eigenen Testerfahrungen in Alpenrandbetrieben: „Testen im Übergangsbereich zwischen erstem und mittlerem Nackendrittel? Bei Tieren die zu 95 Prozent am Hals fixiert sind, sich aber trotzdem noch bewegen können, sprich: Hals vor und zurück und hoch und runter? Und das im Fressgitter zwischen Metallstreben? Die Wahrscheinlichkeit, dass nach 20 getesteten Tieren der Rasierapparat, das Federkutimeter, die beiden Spritzen und meine zehn Finger allesamt noch in Takt sind, dürfte ziemlich genau bei null Prozent liegen. Außer: der Landwirt halftert jede Kuh einzeln an und nimmt sie in den Schwitzkasten.“ … was kein Landwirt tun wird. Für Praktiker seien derartige Institutsempfehlungen sehr frustrierend.
Beitragsfoto: Montage aus Bild (Theorie) von Wolfram Maginot (FLI) und (Praxis) WiSiTiA/aw
Das Instituts-Foto von Wolfram Maginot (FLI) stammt – wie im Text verlinkt – von der Webseite des Paul-Ehrlich-Institutes)