Antibiotikabehandlung nur noch durch „qualifizierte Unternehmen“

(jh) Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fordert das Ende des tierärztlichen Dispensierrechtes. Sie warnt vor den Folgen der massiven Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung und verlangt einen „drastisch verringerten Einsatz“. Andernfalls wachse die Gefahr, „dass es zu unkontrollierten Ausbreitungen von resistenten Keimen auch in der Bevölkerung kommt“.

DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann, selbst Tierarzt, fordert in der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ vom 29.12.2014), man müsse das Recht der Veterinäre abschaffen, Medikamente im Nutztierbereich sowohl zu verordnen als auch selbst zu verkaufen. Stattdessen solle „die Abgabe von Arzneimitteln für die Behandlungen ganzer Tierbestände oder großer Tiergruppen so neu organisiert werden, dass die Bestandsbehandlungen unter einwandfreien technischen Bedingungen stattfinden, wozu nur noch speziell autorisierte und qualifizierte Unternehmen herangezogen werden“. Damit wäre der entsprechende Einsatz Tierärzten künftig verwehrt, erklärte der DBU-Chef – ohne näher darauf einzugehen, was „technisch einwandfreie Bedingungen“ sind und wer die „qualifizierten Unternehmen autorisiert“.

Tierärzte unter Legitimationsdruck

Das sogenannte Dispensierrecht sei nämlich nur eine „Ausnahmeregelung von der allgemeinen Apothekenpflicht“. Das erzeuge für die Tierärzte einen „Legitimationsdruck“. Die Veterinäre müssten bei einem Vorgehen aus einer Hand permanent glaubhaft machen, „dass die Verordnung und Abgabe von Arzneimitteln nicht primär dem eigenen wirtschaftlichen Vorteil dient“. Explizit spricht Bottermann aber nur das Dispensierrecht in der Nutztiermedizin an.

Resistente Keime in der Stall-Abluft?

Der DBU-Generalsekretär begründet seine Forderung mit möglicher Resistenzbildung in den Ställen. Man müsse – neben der Ansteckung im direkten Umgang mit Tieren – auch in Betracht ziehen, „dass über den Luftpfad bei den Emissionen aus den Ställen (resistente / Anm.d.Red.) Keime in die Umgebung gelangen, die ebenfalls Auswirkungen auf Menschen haben können“.
Der Bundestag hat die Deutsche Bundesstiftung Umwelt 1990 mit Mitteln aus der Privatisierung der Salzgitter AG gegründet. Mit einem Stiftungskapital von rund 1,3 Milliarden Euro gehört sie zu den größten Stiftungen Europas. Aus den Erträgen des Stiftungsvermögens sollen innovative beispielhafte Projekte zum Umweltschutz gefördert werden.

bpt-Präsident Götz: Dispensierrecht nicht sicher

Mit den beim – vom Bundeslandwirtschaftsministerium organisierten – Fachgespräch zum tierärztlichen Dispensierrecht diskutierten Argumenten für das tierärztliche Dispensierrecht und dem nahezu einhelligen Pro-Votum, setzt sich Bottermann im Interview nicht auseinander. Dr. Hans Joachim Götz, Präsident des Bundesverbandes praktizierender Tierärzte (bpt) kommentiert angesichts solcher Wortmeldungen, dass das tierärztliche Dispensierrecht politisch noch lange nicht gesichert sei.

Apotheker sollen den Tierarzneimittelverkauf beanspruchen

Auch der Informationsdienst apotheke adhoc fordert von den Apothekerverbänden, den Tierärzten das Dispensierrecht nicht einfach zu überlassen (29.12.2014). Die Veterinärmediziner führten zwar fleißig Argumente für ihr Sonderrecht an – doch nicht alle seien stichhaltig. Dann folgt ein Parforce-Ritt durch das Thema; sachliche Hinweise zum Pro und Contra des tierärztlichen Dispensierrechtes sind bunt gemixt mit polemischen Ausfällen („mit Antibiotika vollgepumpte Hähnchen“ – Tierhalter gingen „grundsätzlich nicht ohne ein Antibiotikum in der Tasche“ aus der Praxis).

Apothekern geht es um’s Geld

Der Kern dieser Attacke wird aber ehrlicherweise im Text ebenfalls genannt: „Zumindest deshalb könnten sich Apotheker um das Thema Tierarzneimittel etwas mehr bemühen. Immerhin geht es um einen Markt, auf dem 2013 rund 750 Millionen Euro umgesetzt wurden.“ Diese Berufsgruppe jedenfalls versteckt ihre Begehrlichkeiten nicht hinter dem Argument, es gäbe dann weniger Resistenzen, wenn der Vertrieb in den Apotheken liege.

 

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