Einen „zunehmenden Missbrauch“ von Bewertungsportalen und auch Sozialen Medien sieht die Landestierärztekammer Baden-Württemberg. Ungerechtfertigte Bewertungen und Anschuldigungen würden zum Teil sogar in Gewaltandrohungen gegen Betroffene gipfeln. Kann man gegensteuern?
(jh) – Benutzerportale, die für die Bewertung von Dienstleistungen und auch medizinischen Einrichtungen konzipiert wurden, „werden zunehmend missbraucht“, heißt es in einer Pressemeldung der Landestierärztekammer Baden-Württemberg. Sie sieht Tierärzte zu oft „am digitalen Pranger“. Statt sachliche Argumente und Beurteilungen würden häufig nicht-substanzielle Anschuldigungen digital verbreitet. In der Folge geraten Tierarztpraxen nicht selten in einen medialen Shitstorm.
Nicht nachweisbare Anschuldigungen
„Wir müssen in der letzten Zeit eine bedrohliche Zunahme solcher nicht nachweisbaren Anschuldigungen gegenüber Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten feststellen. Diese belasten die Kolleginnen und Kollegen sowie deren Mitarbeiter unverhältnismäßig und bedeuten Zeit- und Geldaufwand bis hin zur Existenzbedrohung “, beklagt Dr. Thomas Steidl, Präsident der Landestierärztekammer Baden-Württemberg. Die Kammer empfielt Betroffenen, „sich unverzüglich anwaltlich beraten zu lassen und Strafanzeige zu stellen.“
Wie können sich Tierärzte wehren
Wichtig ist es, dabei zu unterscheiden zwischen Bewertungen auf Portalen wie jameda oder google und Social-Media-Postings bei Facebook und Co.
Bei Bewertungsportalen gibt es inzwischen höchstrichterliche Urteile, was – von der Meinungsfreiheit gedeckt – als Bewertung erlaubt ist und was auf Verlangen der betroffenen Praxis gelöscht werden muss:
Entsprechende Artikel auf wir-sind-tierarzt de finden Sie unter dem Schlagwort „Bewertungsportale“
Auf Vetline.de hat ein Anwalt 2018 einen Beitrag veröffentlicht: Online-Bewertung: Was rechtens ist.
Im Deutschen Tierärzteblatt beschreibt ebenfalls ein Anwalt detailliert, worauf Tierärzte bei Bewertungsportalen achten müssen und wie sie gegen eine schlechte Bewertung vorgehen können (PDF-Download hier). Stand ist allerdings 2016; die Grundzüge sind aber weiter aktuell.
Das Thema betrifft die Humanmediziner gleichermaßen. Im Ärzteblatt erschien 2019 ein Artikel: „Wann sich Ärzte wehren sollten“.
Shitstorm überstehen
Etwas anders gelagert ist der Fall eines „Shitstorms“ auf Facebook & Co. Geht es um das eigene Profil, kann man Kommentare löschen, die Kommentarfunktion eine gewisse Zeit abschalten oder das ganze Profil vorübergehend stillegen.
Die Diskussion kann (und wird) sich dann aber auf andere Profile/in andere Gruppen verlagern und um den Aspekt „Zensur“ erweitern. Trotzdem ist das eine letzte Option, wenn Beleidigungen und Drohungen zur psychischen Belastung werden. Diese Extreme sollte man per screenshot sichern und sowohl beim Seitenbetreiber melden als auch Anzeige erstatten.
Über den Umgang mit einem Shitstorm berichtet aktuell hier das Handelsblatt (7/2019 – konkrete Tipps im unteren Teil des längeren Artikels)
Besser ist es, sich vorbeugend einen Kreis von zufriedenen Kunden aufzubauen. Diese eigene Community kann einem im Shitstorm-Fall online mit sachlichen und positiven Kommentaren beispringen. Dazu muss die Praxis aber nicht nur eine Social-Media-Präsenz haben, sondern dort auch aktiv mit den Kunden kommunizieren.
Aus der echten Sprechstunde muss die Zufriedenheit „umgelenkt“ werden. Danksagungskarten an der Praxispinnwand helfen im Internet wenig. Wenn ein Kunde sich bedankt und die Praxis lobt, darf man ihn auf die praxiseigenen Onlinepräsenzen auf Facebook und in Portalen hinweisen (Liste/Karte mit Links vorhalten): Man würde sich auch dort über einen netten Eintrag freuen.
Zum Umgag mit einer Social-Media-Präsenz hat der Dessauer Zukunftskreis 2016 eine kleiner Broschüre heraus gebracht, mit dem Titel „Facebook für die Tierarztpraxis“ (-> Download). Außerdem steht ein Vortrag zum Download bereit.
Unterstützung von Berufsverbänden?
Auch die Bundestierärztekammer nehme diese Entwicklungen ernst, heißt es in der Pressemeldung der LTK. Man werde auf der Herbstsitzung im September 2019 darüber beraten, inwieweit ein Maßnahmenkatalog erarbeitet werden kann, um Betroffenen Hilfestellung zu geben.