Kann man bei Weidehaltung so viel falsch machen, dass Behörden umgerechnet fast 40.000 Euro Strafe plus gemeinnützige Arbeit wegen Tierschutzvergehen verhängen? In Neuseeland waren Treibwege in so schlechtem Zustand, dass Tierärzte fast 200 Kühe einschläfern und über 700 weitere behandeln mussten.
(aw) – In Neuseeland leben Kühe überwiegend in reiner Weidehaltung. Dafür müssen sie zum Melken zu den jeweiligen Melkständen laufen, die Entfernungen können bei großen Herden beträchtlich sein. Von entscheidender Bedeutung ist dabei der Zustand der Treibwege. Die müssen regelmäßig gepflegt werden, um nicht zu verschmutzen oder aufgrund mangelnder Drainagefunktion aufzuweichen.
193 Kühe mit nicht mehr therapiebaren Klauenschäden
Genau hier haben die Betriebsleiter zweier Milchviehbetriebe auf der Südinsel Neuseelands versagt. Beide sind für Herden von jeweils rund 2.000 Tieren verantwortlich. Doch deren Wege wurden vermutlich über mindestens zwei Jahre nicht in Ordnung gehalten und waren daher in extrem schlechten Zustand:
- mit Kot verdreckt, aufgeweicht und mit Steinen und knietiefen Löchern übersät. Die Kühe brauchten bis zu drei Stunden, um von den Weiden über die mangelhaften Wege zum Melkstand zu laufen.
- Entsprechend schlecht war der Zustand ihrer Klauen. Aufgrund nicht therapierbarer Klauenschäden mussten Tierärzte 193 Kühe einschläfern und 761 weitere Tiere intensiv behandeln. Dafür arbeiteten 14 Tierärzte mehrere Wochen auf den beiden Betrieben.
Geldstrafen und Sozialstunden
Schon im Jahr 2015 gerieten die Betrieb in der Nähe von Invercargillins ins Visier der Veterinärbehörden. Jetzt verhängten sie Geldstrafen gegen die Firma (NZ$ 49.000) und zwei der Betriebsleiter (je NZ$ 10.000 plus 275 Stunden gemeinnützige Arbeit– umgerechnet zusammen fast 40.000 Euro).
Garry Orr vom Landwirtschaftsministerium (Ministry of Primary Industries, MPI) betont, dass den Managern der schlechter Zustand der Treibwege sehr wohl bekannt war. Aber sie hätten die Klauenprobleme und damit verbundenen Schmerzen der Kühe in Kauf genommen.
Der Zustand der Tiere war so schlecht, dass selbst ein Tierarzt mit 18jähriger Berufserfahrung völlig sprachlos und entsetzt gewesen sei, ergänzt Orr. Zum Glück seien solche gravierenden Verstöße gegen den Tierschutz in Neuseeland aber extrem selten.
wir-sind-tierarzt.de meint:
(aw) – Egal ob Stall oder Weide: Wichtiger als jede Haltungsform ist für die Tiere die Einstellung des Betriebsleiters zum Tierschutz und zur Tiergesundheit. Der kluge Satz, „das Auge des Herrn mästet dass Vieh“ bleibt entscheidend – auch in diesem Fall.
Deshalb ist gerade jetzt in Wahlkampfzeiten die politische Frontenbildung von klein gegen groß, konventionell gegen bio oder Weide gegen Stall für die Tiere wenig zielführend. Politik sollte besser schnell verbindliche Konzepte und Regeln für Tiergesundheitsindizes bei den Nutztierarten definieren. Damit ließe sich Tierschutz und Tierwohl fundiert bewerten.