Die Düsseldorfer Tierklinik Lesia hatte 2010 gleich mehrfach Aufmerksamkeit erregt: Sie war die erste Tierklinik-AG in Deutschland. Gegründet hat sie ein branchenfremder Modemillionär. Er wollte mit ihr eine Symbiose aus High-Tech-Medizin und Tierschutz etablieren. Jetzt hat die schwedische Klinikkette Evidensia die Lesia übernommen. Es ist das Ende eines deutschlandweit beachteten Tierschutzprojektes.
von Jörg Held
Die schwedischen Tierklinikketten AniCura (Standortliste hier) und Evidensia (Standorte hier) kaufen weiter zu – aktuell haben sie in Deutschland zusammen 33 Kliniken/Praxen. Nicht jeder einzelne Zuwachs wäre eine Meldung wert. Doch der Kauf der Lesia-AG durch Evidensia fällt auf.
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Eine Tierklinik als „caritatives Projekt“
Anfang 2010 startete der Düsseldorfer Mode-Unternehmer Marco Lenzen sein – wie er sagte – „caritatives Projekt“ und gründete die Lesia Tierklinik AG. Die wird zum Start in Medienberichten (siehe Linkliste unten) als „größte und modernste Tierklinik in Deutschland“ gefeiert – auch weil sie sich „ganz dem gelebten Tierschutz gewidmet“ hatte. So steht es noch immer auf der Webseite. Mehrere Millionen Euro, einen Großteil seines privaten Vermögens, hat Lenzen investiert.
„Das Geld ist weg“, sagt Lenzen schon 2010 im WZ-Interview. Über die sieben Jahre bis heute hat das Projekt die Anfangsinvestitionen auch nicht wieder einspielen können. Gestartet mit über 20 Tierärzten auf sechs Etagen und eigener Tiefgarage im Gebäude an der Adlerstraße in der Düsseldorfer Innenstadt, hatte die Lesia zwischenzeitlich erhebliche Probleme. Unternehmer Lenzen hat seine private Villa verkauft und Geld nachgeschossen. Zuletzt soll die Lesia aber den Turnaround geschafft und wieder schwarze Zahlen geschrieben haben. Zehn Tierärzte und 15 Tiermedizinische Fachangestellte arbeiteten dort.
Mit der Übernahme durch die schwedische Tierklinikkette Evidensia Mitte Juli 2017 ist das ganze Projekt Geschichte. Ob die Lesia ihren Namen behalten wird, ist noch offen.
Evidensia Cluster: Synergie mit „geteilten“ Oberärzten
Am Lesia-Kauf kann man eine wichtige Strategie der Klinikketten gut nachvollziehen: Synergien schaffen. Die Evidensia-Standorte Düsseldorf und Stommeln (Pulheim nördlich von Köln) liegen 32 Autokilometer auseinander und sollen künftig einen „Cluster“ bilden – ein Grund, warum Evidensia einen Standort in Düsseldorf suchte. Die Düsseldorfer Tierklinik Krauß stand nicht zum Verkauf.
Ein Geschäftsführer – zwei Standorte
Den Evidensia-Standort in Düsseldorf wird ab August Dr. Monty Bali als Geschäftsführer leiten. Er hat bereits 2015 seine eigene Tierklinik Stommeln als erster in Deutschland an die Schweden verkauft. Auch in Stommeln bleibt Bali weiter Geschäftsführer.
Neben dem Geschäftsführer „teilen“ sich beide Standorte auch spezialisierte Oberärzte. Das zeigt ein Blick auf die Webseiten der Kliniken: Kardiologe, Neurologin und Zahnspezialistin aus Stommeln sind auch bei der Lesia als Spezialisten angegeben – sie werden zwischen den Standorten pendeln und spezielle Sprechstunden anbieten.
Evidensia & IVC: Europas größte Tierarztkette
Die schwedische Evidensia (180 Standorte) ist inzwischen in die britische Klinikkette Independent Vetcare (315 Praxen) integriert. Beide Klinikketten gehören dem schwedischen Investmentfonds EQT. Der hat beide Ketten unter der Führung der Briten zur mit rund 500 Standorten in acht Ländern größten Klinikkette Europas zusammengelegt.