Jedes Jahr zur Brutzeit werden Tierarztpraxen mit gefundenen, scheinbar hilflosen Jungvögeln überschwemmt. Sie wurden von Spaziergängern „gerettet“. Dabei gilt: Wer auf einen einsam und hilflos wirkenden Jungvogel trifft, sollte das Tier auf keinen Fall gleich aufnehmen, sondern es an Ort und Stelle belassen. Und sich informieren. Was richtigerweise zu tun wäre, sagt eine Entscheidungsbaum-Grafik.
von Henrik Hofmann
Scheinbar verwaiste Jungvögel und junge Säugetiere sind oft gar nicht so verlassen und hilflos wie viele denken. Vorschnelle Hilfsaktionen schaden den Jungtieren da oft mehr als es ihnen nützt. Der Schein trügt häufig, denn die Jungen vieler Vogelarten verlassen ihr Nest bereits, bevor ihr Gefieder vollständig ausgebildet ist. Wichtig ist, dass der Finder eines „aus dem Nest gefallenen“ Jungvogels die Situation besonnen beurteilt und sich möglichst fachkundigen Rat einholt, bevor er handelt.
„Bettelrufe“ sind kein „Hilfeschrei“
Meist handelt es sich nicht um Waisen, sondern um fast flugfähige Jungvögel mit relativ vollständigem Gefieder. Sie stehen durch Bettelrufe noch mit ihren Eltern in Verbindung. Das sind aber keine Hilfeschreie. Sobald der Mensch sich entfernt, können sich die Eltern wieder um ihre Kinder kümmern. Verloren gegangene Jungvögel werden bis zu 24 Stunden lang von ihren Eltern gesucht. Ein kurz aufgenommener Jungvogel kann ohne Probleme wieder zurück in eine Astgabel am Fundort gesetzt werden.
Wer Hauskatzen besitzt und trotzdem Vogelkinder in seinem Garten haben will, sollte seinen Stubentiger für ein paar Tage im Haus halten.