Wegen europaweit gemeldeter unerwünschter Nebenwirkungen – 21 tote Milchkühe werden damit in Verbindung gebracht – stoppt CEVA den Vertrieb des Trockenstellers Velactis® in Deutschland. Noch im Juli soll nach Prüfung auf EU-Ebene eine Entscheidung über die Zulassung fallen. (aktualisiert: 2.7.2016)
(aw/jh) – Erst seit März 2016 ist das Präparat Velactis® der Firma CEVA Sante Animale zur Behandlung von Milchrindern zum Trockenstellen auf dem Markt. Jetzt wurde der Vertrieb in Deutschland vorerst eingestellt, da europaweit bereits über 100 Meldungen zu fast 200 betroffenen Tieren mit unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) eingegangen sind.
Dänemark und Holland haben das Präparat vorübergehend verboten („suspension of use“).
Für Deutschland hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) die zuständigen Behörden der Bundesländer ausführlich informiert, „damit diese weitere regulatorische Maßnahmen in eigener Zuständigkeit anordnen können z.B. eine befristete Untersagung des Inverkehrbringens oder einen Rückruf der ausgelieferten Chargen.“
Vier Todesfälle in Deutschland
Das BVL hat am 1.7.2016 seine Informationen zu den Velactis®-Nebenwirkungen präzisiert. Demnach habe die bisherige Auswertung der Pharmakovigilanzdaten ergeben:
„… dass für Velactis in der relativ kurzen Zeitspanne seit Markteinführung im März 2016 bis Ende Juni 2016 insgesamt 114 Meldungen zu 185 betroffenen Milchkühen mit teilweise schwerwiegenden unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei der EMA eingegangen sind. 21 Meldungen berichten vom Tod der betroffenen Tiere. In der Bundesrepublik Deutschland sind bisher 13 Meldungen mit 20 betroffenen Tieren, und 4 Todesfällen aufgetreten.“
Symptome der Nebenwirkung
Der kausale Zusammenhang der UAW ist noch nicht bekannt, es besteht aber der begründete Verdacht, dass Velactis® einen negativen Einfluss auf die Stoffwechsellage der Tiere hat.
Zu den hauptsächlich gemeldeten Symptomen gehören laut BVL „Festliegen, Hypothermie, Hypokalzämie, Funktionsstörungen des Pansens, Diarrhö, periphere Durchblutungsstörungen (kalte Extremitäten), Ataxie und Adipsie.“
Gegensteuern mit Kalzium
Das BVL schreibt: „Überwiegend sprechen die betroffenen Tiere bei Festliegen gut auf eine Behandlung mit Kalzium an. Nach der derzeitigen Datenlage besteht der begründete Verdacht, dass Velactis einen negativen Einfluss auf die Stoffwechsellage der Tiere ausübt.“
Die meisten Fälle wurden bisher aus Dänemark gemeldet, wo Velactis® bereits am längsten eingesetzt wird.
Empfehlungen für Tierärzte
Die Firma CEVA Santé Animale hat den weiteren Vertrieb von Velactis® vorübergehend eingestellt. Für die schon bereits im Umlauf befindlichen Präparate, die eventuell zur Anwendung kommen können, hat die Firma als zusätzliche Information den Tierärzten einen Leitfaden zur Risikominimierung bei der Anwendung verschickt.
Darin weist sie besonders auf folgende vermutete zusätzliche Risikofaktoren hin: Zum Zeitpunkt des Trockenstellens und davor soll keine Futterumstellung stattfinden. Die Tiere müssen jederzeit ausreichend Zugang zu Futter und Wasser haben. Zusätzliche Stressfaktoren, wie Neugruppierungen der Tiere, starke Hitze oder ein Stallwechsel sollen vermieden werden. Melkfrequenz und -routine soll bis zum letzten Melken beibehalten werden.
Das BVL fordert Tierärzte auf, Velactis® nur nach strenger Nutzen-Risiko-Abwägung einzusetzen, „solange die kausalen Zusammenhänge mit den Nebenwirkungen nicht weitergehend geklärt sind. Behandelte Tiere, insbesondere Hochleistungskühe mit hoher Milchleistung, müssen über mindestens 24 Stunden engmaschig überwachen und bei Bedarf sofort behandelt werden (z. B. bei Festliegen und /oder Hypokalzämie).
Zusätzlich sei es wichtig, das Auftreten von Nebenwirkungen nach der Anwendung von Velactis® dem BVL oder dem pharmazeutischen Unternehmer unverzüglich mitzuteilen.
Entscheidung über die Zulassung?
Auf EU-Ebene wird nun die Sachlage geprüft und der Zulassungsinhaber gehört. Danach fällt vermutlich noch im Juli eine verbindliche Entscheidung über den künftigen Einsatz von Velactis.