Es ist ein kleines aber entscheidendes Wort: Die „ganzjährige“ Anbindehaltung möchte der Bundesrat verboten sehen – und räumt dafür eine Übergangsfrist von zwölf Jahren ein. Tierhalter, die ihre Tiere im Sommer auf die Weide treiben und im Winter anbinden sind davon (noch) nicht betroffen.
(jh) – Bis es zu diesem Beschluss kam, gab es einige politische Debatten. Noch Ende letzten Jahres konnten sich die Länder nicht auf eine Verbotsforderung einigen.
Jetzt sehen die Bundesländer die Anbindehaltung als nicht mehr tiergerecht im Sinne von §2 Tierschutzgesetz an: In einer ganzjährigen Anbindehaltung seien die Fortbewegung, das Abliegen und das Aufstehen deutlich erschwert. Auch das Erkundungs- und Sozialverhalten der Tiere werde eingeschränkt oder sogar gänzlich verhindert. Zudem würden bei anderen Haltesystemen deutlich weniger Krankheiten auftreten, heißt es in der Begründung (z. B. weniger Fruchtbarkeitsstörungen, Eutererkrankungen sowie Zitzenverletzungen).
Übergangsfrist von zwölf Jahren
Bis zum endgültigen Verbot will der Bundesrat eine Übergangsfrist von 12 Jahren vorsehen. Hier zeigt sich auch das Hauptproblem: Das Verbot trifft insbesondere kleine und familiengeführte Betriebe vor allem in Süddeutschland. Die Umstellung von der Anbinde- auf die Laufstallhaltung bedeute für die Betriebe in der Regel einen erheblichen Entwicklungsschritt, erkennt auch der Bundesrat an und hofft: Die Übergangsfrist soll diesen Tierhaltern die Zeit für diesen Entwicklungsschritt einräumen, um weiterhin von und mit der Tierhaltung leben zu können.
Bayerische Landwirtschaft in Gefahr?
Der Bayerische Bauernverband aber sieht durch ein Verbot der Anbindehaltung „das Gesicht der bayerischen Landwirtschaft in Gefahr“ und warnt vor einem „Strukturbruch“. Noch rund ein Drittel aller Kühe würden in Bayern in Anbindehaltungssystemen gehalten – gerade in kleineren Betrieben mit einer durchschnittlichen Tierzahl von 27 Kühen. Ein heute 50jähriger Landwirt müsste die Tierhaltung spätestens nach den zwölf Jahren Übergangsfrist aufgeben, da er die Investitionen in einen neuen Stall gerade bei der aktuellen Milchpreisperspektive nicht erwirtschaften könnte. Deshalb wollen Bauernverband und Milchviehhalter eine „geförderte Verbesserung“ statt Verbot. (Ergänzt: 26./28.4.2016)
Deutschlandweit sollen noch etwa 1,3 Millionen Kühe in Anbindehaltung leben. Diese Zahl umfasst sowohl die ganzjährige als auch die teilweise Anbindehaltung.
Auch in der Biolandwirtschaft sind Anbindehaltungen mit Zugang zu einem Laufhof (nicht zwingend Weidegang) teilweise noch erlaubt.
Tierärzteschaft fordert Komplettverbot der Anbindehaltung
Auch der 27. Deutsche Tierärztetag hat in einer Entschließung (u.a.) den „Ausstieg aus der ganzjährigen Anbindehaltung bei Rindern“ gefordert. Mittelfristig hält die Bundestierärztekammer sogar den kompletten Ausstieg aus der Anbindehaltung für erforderlich.
Begriffsdefinition wichtig
- Politisch wurde um ein Verbot der „ganzjährigen Anbindehaltung“ gerungen. Hier haben die Tiere keinerlei Auslauf und stehen durchgängig angebunden im Stall. Der Antrag, diese ganzjährige Haltungsform mit einer Übergangsfrist von zwölf Jahren verbieten zu lassen kam aus Hessen (Bundesrats-Antrag im Wortlaut). In dem Bundesland sollen noch etwa 9.000 Milchkühe/13.000 Rinder ganzjährig angebunden im Stall stehen.
- Anders ist es bei Anbindehaltung mit teil/zeitweisem Auslauf. Hier werden die Rinder in Anbindeställen gehalten, haben aber zeitweilig Zugang zu einem Laufhof/Weidegang oder stehen etwa im Sommer komplett auf der Weide (Almen). Über den Winter aber sind sie im Stall angebunden. Diese teilweise Anbindehaltung ist von den politischen Verbotsforderungen (noch) nicht betroffen.
Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet, die sich in den kommenden Wochen mit ihr befassen wird.