9.000.- Euro Auflagen für falsche Bescheinigungen – damit ist ein Tierarzt in NRW noch „günstig“ weggekommen, denn ihm wurde ursprünglich Urkundenfälschung in 74 Fällen vorgeworfen – eine Straftat. Es ging um falsch ausgestellte Begleitscheine für Notschlachtungen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb.
(aw) – Konkret verhandelte ein Schöffengericht in Wesel (9.11.2015) über Notschlachtungen aus den Jahren 2011 und 2012, bei denen keine Untersuchung der Rinder auf dem Herkunftsbetrieb erfolgte. Die Tiere waren entweder zum Schlachthof transportiert worden, obwohl sie nicht mehr transportfähig waren oder sie wurden auf dem Herkunftsbetrieb getötet – aber in Abwesenheit eines Tierarztes. Dem Tierarzt wurde vorgeworfen, dass er nicht in die entsprechenden Betriebe gefahren sei, sondern die nötigen Bescheinigungen erst nachträglich am Schlachthof ausgefüllt habe. Das Verfahren wegen Urkundenfälschung wurde aber gegen eine Zahlung von 9.000.-Euro an die Landeskasse eingestellt.
Tierärztliche Untersuchung ist Pflicht
Wäre korrekt vorgegangen worden, hätte der Tierarzt zunächst das Rind auf dem Herkunftsbetrieb untersuchen müssen. Schlachtfähige Tiere die gar nicht oder nur unter Schmerzen laufen können, dürfen nicht mehr lebend transportiert werden, sondern müssen im Anschluss an die Diagnose in Anwesenheit eines Tierarztes betäubt und entblutet werden. Danach muss der Transporteur/Metzger das Tier unverzüglich zur Schlachtstätte bringen und dort ausschlachten.
Besonders wichtig ist die Angabe des Tötungszeitpunktes durch den ausstellenden Tierarzt, um sicher zu stellen, dass die gesetzlichen Anforderungen trotz des Transportes eingehalten werden.
Fälschung durch Datenabgleich erkannt
In den aufgelisteten Fällen hatte ein Metzger die Rinder auf dem Betrieb fachgerecht getötet, allerdings ohne Anwesenheit eines Tierarztes. Wer letztlich Initiator dieses Vorgehens war, konnte das Gericht nicht abschließend klären.
Bereits im April diesen Jahres ging es in einer ersten Verhandlung um Urkundenfälschung in 74 Fällen: Es lagen entweder keine Hinweise auf einen Bestandsbesuch durch den Tierarzt an den fraglichen Tagen vor; die Tiere stammten nicht aus dem in der Bescheinigung angegebenen Bestand; oder der HIT-Eintrag und der Begleitschein passten nicht zusammen.
Der mitangeklagte Landwirt und Metzger ging damals auf das Angebot des Richters und der Staatsanwaltschaft ein und so wurde er wegen Urkundenfälschung in 20 Fällen zu einer Geldstrafe von 4.500.- Euro verurteilt.
Der Landwirt/Metzger wollte sich nicht zu den Fälschungen äußern und gab lediglich an, dass er die Tiere ohne Vorliegen der entsprechenden Bescheinigungen geschlachtet habe, um ihnen zusätzliches Leid zu ersparen. Mildernd auf das Strafmaß wirkte es sich aus, dass das Fleisch der Notschlachtungstiere am Schlachthof doch noch ordnungsgemäß untersucht worden war, bevor es in die Lebensmittelkette gelangte.
Der Tierarzt und dessen Verteidiger lehnten den Kompromissvorschlag im April ab, weil der Veterinär nicht der Initiator der Fälschungen gewesen sei.
In der zweiten Verhandlung gelang es jetzt dem Verteidiger, eine Einstellung des Verfahrens gegen die Zahlung von 9.000 Euro zu erreichen. Der Tierarzt wurde nicht wegen Urkundenfälschung verurteilt, sondern muss die 9.000.- Euro an die Landeskasse zahlen, weil er den korrekten Ablauf für Notschlachtungen nicht eingehalten hatte. Er hatte in diesen Fällen die Tiere nicht auf dem Herkunftsbetrieb untersucht (Lebendbeschau).