Kälber: Enthornung schmerzt lange

Kalb – frisch enthornt und die Hornanlage mit Blauspray geschützt. (© WiSiTiA/aw)

Milchkuhkälber werden enthornt, um die Verletzungsgefahr für Menschen und andere Tiere einer Herde zu senken. Die Prozedur, für die in Deutschland ausschließlich ein Brennstab erlaubt und eine Sedation vorgeschrieben ist, ist für das Kalb äußerst schmerzhaft – und das über fast acht Wochen, sagt eine US-Untersuchung.

(aw) – Um die anschließenden Heilungsprozesse zu vergleichen und eventuell ein Gerät empfehlen zu können, haben Cassandra Tucker und ihr Team vom Center of Animal Welfare der University of California zwei Geräte getestet. Sie enthornten zehn Holstein-Kälber mit einem elektrischen  (Rhinehart X50A) und mit einem gasbetriebenen Brennstab (Portasol USA).

Acht Wochen Heilungsdauer nach Enthornung

Generell stellten die Untersucher fest: Es dauert rund acht Wochen, bis die Brandwunden im Anschluss an den Eingriff verheilt sind. Die Wunden sind dabei während der gesamten Zeit sehr berührungsempfindlich. Medikamente, die den Heilungsprozess beschleunigen könnten, sind bisher nicht bekannt.
In Deutschland darf nur unter Sedation und in Verbindung mit einem Entzündungshemmer enthornt werden.

Wenig Unterschiede bei den Geräten

Damit die Untersuchungsergebnisse maximal vergleichbar sind, enthornten die US-Kollegen die Kälber jeweils mit beiden Brennstäben. Dabei setzten sie diese etwa zu gleichen Anteilen rechts und links ein. Es zeigten sich keine wesentlichen zeitlichen Unterschiede vom Tag des Eingriffs bis zur Epithelisierung der Wunde. Diese betrug für die Enthornung mit dem elektrischen Gerät durchschnittlich 55 + 3 Tage und für das Gasgerät 53 + 3 Tage.

Der Heilungsverlauf nach Enthornung unterschied sich allerdings ein wenig. Beim elektrischen Gerät blieb das nekrotische Gewebe länger im Wundbereich und der Zeitraum des Stadiums mit Granulationsgewebe war kürzer als beim Gasgerät. Die Untersucher erklären diesen leicht schnelleren Heilungsverlauf nach Enthornung damit, dass das Gasgerät eine geringere Oberfläche besitzt. Dadurch sei der Anteil an verbranntem Gewebe geringer und es könne schneller abfallen als bei dem strombetriebenen Rhinehart-Gerät.

Wie enthornt man richtig? Ein etwas älterer Artikel mit Praxishinweisen (Link)

Die Kollegen beurteilten den Zustand der Wunden über einen Zeitraum von sechs Wochen täglich und ordneten ihn einer von sechs unterschiedlichen Gruppen zu: anhaftendes nekrotisches Gewebe, loses nekrotisches Gewebe, Exsudat, Granulation, Kruste und Epithel. Zudem erfassten sie zwei Mal pro Woche die Oberflächentemperatur mit Hilfe einer Thermo- und die Größe der Wunde mit einer Digitalkamera.

Je kleiner die Wunde desto schneller die Heilung

Für die Brennstäbe gibt es Aufsätze mit verschiedenen Durchmessern. (Foto: ©WiSiTiA/aw)

Der etwas günstigere Heilungsverlauf bei Anwendung des gasbetriebenen Gerätes kann vor allem auf den geringeren Umfang der Brennspitze und damit auf eine etwas kleinere Wunde zurückgeführt werden. Deshalb sollten Landwirte – unabhängig vom Gerät – Brennspitzen mit dem kleinstmöglichen Durchmesser für das jeweilige Tier benutzen.

Unabhängig vom Gerät heilten die Wunden auf der linken Seite in der Untersuchung rund sechs Tage schneller, hatten eine kühlere Oberflächentemperatur und waren etwas kleiner als rechts. Allerdings ergab ein Vergleich mit zwei weiteren Studien, dass die linksseitig schneller Heilung dort nicht beobachtet wurde. In einer der Studien – mit Ziegen – gab es keine Unterschiede zwischen beiden Seiten. Die andere – ebenfalls bei Kälbern – fand eine etwas schneller Heilungstendenz auf der rechten Seite.

Quelle im Artikel verlinkt

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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