Kälberenthornung schützt Mensch und Tier

Enthornung KalbHinweise zur Kälberenthornung: nur einen Ring brennen, keine Entfernung der Hornanlage (Foto:©WiSiTiA/aw)

Das Enthornen von Kälbern gerät – wie das Schnabelkürzen bei Hühnern und das Schwänzekupieren bei Ferkeln – immer stärker in den Focus von Tierschützern. Allerdings verletzten behornte Rinder trotz der weit verbreiteten Enthornung im vergangenen Jahr noch 194 Tierhalter. Deshalb fordert die Sozialversicherung der Landwirtschaft weiter eine fach- und tierschutzgerechte Enthornung. Wie enthornt man korrekt – ein Überblick.

Das Amputationsverbot aus Paragraph 6 des Tierschutzgesetzes gilt grundsätzlich zunächst auch für Rinderhörner. Des Enthornen von Kälbern ist aber – wie andere Ausnahmen auch – (noch) in Paragraph 5 erlaubt. Wie es fach- und tierschutzgerecht erfolgen und was Landwirte und Tierärzte zur Enthornung wissen sollten, beschrieb Dr. Frajo Siepelmeyer von der Veterinärgemeinschaft Nordenham auf dem Seminar „Kuhwohl und mehr“* im bayerischen Poing/Grub:

Verletzungen bei Mensch und Tier vorbeugen

Die Enthornung von Kälbern ist in der Landwirtschaft gängige Praxis, um zu verhindern, dass sich Tiere bei Rangkämpfen gegenseitig verletzen. Das Verfahren dient also vor allem dem Schutz der Tiere. Gleichzeitig verringert es die Unfallgefahr für den Landwirt und wird daher von der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft sogar gefordert. Im vergangenen Jahr haben Rinder rund 6.000 Landwirte verletzt, davon 1.020 durch Kopfstöße. Dass bei nur einem knappen Fünftel davon (194 Fälle) Hörner für die Verletzung verantwortlich waren, schreibt die Versicherung der verbreiteten Enthornung zu. Viermal endeten Hornverletzungen 2014 tödlich.

Sedation und Schmerzbehandlung

Das Enthornen von Kälbern ist ohne Betäubung bis zu einem Alter von sechs Wochen erlaubt. Die Gabe von Xylazin ist im Übrigen keine Betäubung, sondern lediglich eine Sedation. Rein rechtlich darf der Landwirt maximal 0,5 ml zwei-prozentiges Xylazin pro 100 kg Körpergewicht geben.
Da Xylazin selbst keine schmerzlindernde Wirkung hat, ist mittlerweile die zusätzliche Gabe eines Schmerzmittels (Wirkstoff: Meloxicam) vorgeschrieben. Sinnvoll ist es, das Schmerzmittel bereits ein bis zwei Stunden vor der Enthornung zu spritzen, damit es sicher wirkt, wenn enthornt wird.
Eine noch effektivere Schmerzausschaltung erreicht eine Lokalanästhesie. Die darf allerdings nur ein Tierarzt setzen, denn die Abgabe der entsprechenden Medikamente an Landwirte ist nicht erlaubt.

Dokumentation für Cross Compliance verpflichtend

Da der Einsatz von Schmerzmitteln eine Mindestanforderung der Cross-Compliance-Bestimmungen darstellt, muss die Abgabe von Sedativa und Schmerzmitteln zur Enthornung auf einem AuA-Beleg dokumentiert sein, genau wie die anschließende Anwendung durch den Landwirt. Bei Nichterfüllung dieser Auflage drohen Kürzungen der Betriebsprämien um bis zu fünf Prozent.

Hornanlage nicht entfernen

Dr. Siepelmeyer erklärt außerdem die gewünschte Durchführung der Enthornung:
Das Kalb sollte in der Regel zwei bis drei Wochen alt sein. Nach Verabreichung von Betäubungs- und Schmerzmittel muss der Hornansatz geschoren werden. Dann wird ein passender Brennkopf ausgewählt, der keinesfalls zu groß sein darf und gut gereinigt sein muss. Mit diesem Brennkopf wird die Lederhaut um den Hornansatz mit einer drehenden Bewegung durchtrennt. Anschließend ist eine 4-5 mm tiefe Furche zu sehen. Keinesfalls sollte der Hornansatz heraus gehebelt werden. Es empfiehlt sich, nicht länger als 15 Sekunden pro Hornansatz mit extremer Hitze zu arbeiten.

Enthornung älterer Tiere nur im Verletzungsfall

Ältere Rinder dürfen nur mit tierärztlicher Indikation entthront werden. (© Folie Dr. Frajo Siepelmeyer/ 9.7.2015)

Ältere Rinder dürfen nur mit tierärztlicher Indikation entthront werden. (© Folie Dr. Frajo Siepelmeyer/ 9.7.2015)

Die Enthornung von Kälbern über sechs Wochen und älteren Tieren bedarf einer tierärztlichen Indikation. In der Regel muss eine Hornverletzung vorliegen, die das Entfernen des Horns nötig macht. Dabei ist dann zwingend eine Betäubung durch den Tierarzt erforderlich.

Genetisch hornlose Bullen verwenden

Eine gute Alternative ist die Verwendung von genetisch hornlosen Bullen, denn es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis das Enthornen von Rindern generell verboten werden wird, genau wie das Schnabelkürzen bei Hühner oder Schwänze kupieren bei Schweinen.

*Offenlegung: Das Seminar „Kuhwohl und mehr“ beim Bayerischen Tiergesundheitsdienst in Poing/Grub an dem unsere Autorin teilnahm, wurde  von der Fachzeitschrift „Elite“ organisiert und von Boehringer Ingelheim gefördert.

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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