Tierärzte für Videoüberwachung an Schlachthöfen

Sinnvolles Instrument: Europäischer Tierärzteverband befürwortet Videoüberwachung in Schlachthöfen. (Fotos: © Pixabay / Montage: WiSiTiA/jh)

Der europäische Tierärzteverband (FVE) und die darin organisierten Tierärzte in der Lebensmittelüberwachung (UEVH) befürworten die Videoüberwachung in Schlachthöfen – allerdings nicht als Ersatz für eine (amts)tierärztliche Überwachung und nur, wenn die Aufsichtsbehörden uneingeschränkten Zugang zu den Aufnahmen erhalten.

(jh) – Eine Videoüberwachung am Schlachthof wird zwar in verschiedenen europäischen Ländern diskutiert (wir-sind-tierarzt-Berichte hier). Bisher hat aber nur Großbritannien die Videoüberwachung per Gesetz vorgeschrieben.
Der Europäische Tierärzteverband (FVE) sieht in der Videoüberwachung von Schlachthöfen dennoch ein nützliches, aber eben nur zusätzliches Werkzeug:
Eine Videoüberwachung könne „niemals ein Ersatz für die laufende, physische Inspektion durch offizielle Tierärzte vor Ort sein.“ Er warnt auch davor, mit dem Verweis auf die Videoüberwachung Präsenzstellen für die (amts)tierärztliche Überwachung in Schlachthöfen zu reduzieren.

FVE: Videoüberwachung mit vielen Vorteilen

FVE-Logo (© FVE.org)

Das FVE-Positionspapier (PDF-Download hier) sieht in der Videoüberwachung dennoch eine ganze Reihe von Vorteilen: Allen voran, die Möglichkeit besser zu überwachen und (nachträglich) zu überprüfen, wie die Tiere am Schlachthof behandelt werden – insbesondere die Betäubung und Tötung.

Außerdem …

  • trage eine Videoüberwachung zur Verbesserung des Verbrauchervertrauens bei. Mit diesem Schritt würden die Unternehmen und Behörden dokumentieren, dass sie die notwendige Schritte gehe, um den Tierschutz zu verbessern.
  • Durch die Aufzeichnung wichtiger Tiermanagement-Indikatoren könne eine Videoüberwachung auch wertvolles Schulungsmaterial liefern und so eine kontinuierliche Verbesserung der Schlachtprozesse erreichen.
  • Das Videomaterial liefere gegebenenfalls auch Beweise, wenn es um illegale Aktivitäten am Schlachthof gehe – auch für Mobbing oder Belästigung gegenüber Behördenmitarbeitern bei der Erfüllung ihrer Überwachungsaufgaben auf dem Schlachtgelände.

Keine Gesetzespläne für Deutschland

In Deutschland sieht die Bundesregierung bislang allerdings arbeits- und datenschutzrechtliche Bedenken, die einem generellen Einsatz einer durchgängigen Kameraüberwachung in Schlachthöfen entgegen stünden (siehe Antworten auf parlamentarische Anfragen im  April 2017 / März 2018 / April 2018). Sie plane daher keine solche Vorschrift.

Voraussetzungen für eine Videoüberwachung

Auch die FVE benennt die Privatsphäre der Mitarbeiter und den Druck durch eine ständige Überwachung als ein mögliches Problemfeld. Damit ein solches, sogenanntes Closed Circuit Television (CCTV)-System sinnvoll und nützlich sei, müssten deshalb eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein. Dazu gehören, …

  • dass der Datenschutz und die Vertraulichkeit gebührend berücksichtigt werden. Die Nutzung und der Zugriff auf das Filmmaterial sollte streng kontrolliert und protokolliert werden.
  • Auch für den Einsatz der Kameras sollten – idealerweise europaweit – Standards und Protokolle vereinbart werden.
  • Wenn eine Videoüberwachung per Gesetz vorgeschrieben werde, müsse dies über „ausreichend robuste Rechtsvorschriften“ geschehen, die auch wirksam durchgesetzt werden könnten.
  • Es sollten hochwertige Kameras zum Einsatz kommen, die für Schlachthofbedingungen geeignet sind (Licht/Staub/Feuchtigkeit/etc.).
  • Die installierten Kameras müssten so positioniert sein, dass sie alle Bereiche abdecken, in denen sich Tiere von der Ankunft bis zum Tod aufhalten – vor allem die Bereiche in denen lebende Tiere entladen, gehalten, behandelt, betäubt und getötet werden.
  • Das Material sollte für einen Zeitraum von mindestens 90 Tage gespeichert werden.
  • Diejenigen, die die Bilder auswerten, müssten besonders geschult sein und ein fundiertes Verständnis von akzeptablen Tierhaltungs- und Schlachtprozessen haben, so dass eine aussagekräftige Beurteilung/Auswertung möglich ist.
  • Das (ebenfalls angemessen geschulte) Veterinärpersonal der zuständigen Behörde müsse unbeschränkten Zugang zum aufgezeichneten Material haben. Dabei wäre künftig auch ein Fernzugriff auf (webbasierte) CCTV-Systeme durch die zuständige Überwachungsbehörde denkbar.

Quelle:
FVE-Stellungnahme zu sogenannten Closed Circuit Television-Überwachungssystemen in Schlachthöfen (CCTV / PDF-Download) 

weiterführende Links:
Stand der Videoüberwachung in Schlachthöfen in ausgewählten Staaten – Wissenschaftlicher Dienst des Bundestags (März 2018 / PDF-Download)
Antworten der Bundesregierung zum Thema Videoüberwachung  an Schlachthöfen aus April 2017 / März 2018 / April 2018 – PDF-Downloads)

Ergebnisse der britischen Regierungsumfrage zur Videoüberwachung in Schlachthäusern (PDF-Download)

Die Föderation der Tierärzte Europas (FVE) vertritt als Dachverband 44 Veterinärorganisationen aus 38 europäischen Ländern mit insgesamt rund 240.000 Tierärzten. Die Union der europäischen Veterinary Hygienists (UEVH) ist FVE Mitglied.

Auslöser für die Video-Debatte waren Undercover-Aufnahmen von Tierschützern – insbesondere diese aus einem belgischen Schlachthof, der danach vorübergehend geschlossen wurde.

 

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