Gabapentin: (verwilderten) Katzen die Angst nehmen

Fundkatze (Foto: © WiSiTiA/aw)

Kastrationsaktionen bedeuten für wildlebende Katzen vor allem Stress. Wie man diesen etwas lindern – und auch die Wirkung der Narkose verbessern – kann, haben US-Tierärzte untersucht. Gabapentin reduzierte die Angstzustände deutlich.

(aw) – Gabapentin kann bei Katzen Stress vermindern, der im Zusammenhang mit Angst entsteht. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der North Carolina State University (USA) unter der Leitung von Katherine E. Pankratz.
Den US-Kollegen ging es zunächst um wilde Katzen, die im Rahmen von Kastrationsaktionen in Fallen gefangen und dann operiert werden. Weil diese weder Käfige kennen noch an Menschen gewöhnt sind, bedeutet die Situation enormen Stress. Die Überlegung der Tierärzte war: Eine einmalige orale Gabe des Antikonvulsivums Gabapentin könnte die Katzen entspannten. Sowohl das Handling der Tiere, als auch die Wirkung der Narkosemittel liesse sich verbessern, wenn die wilden Katzen weniger ängstlich sind.

Maximale Wirkung nach zwei Stunden

Das Team um Katherine E. Pankratz konnte nachweisen, dass im Anschluss an die Einnahme von Gabapentin alle beteiligten Katzen weniger nervös waren und sich leichter anfassen ließen.
Sie beurteilten das Verhalten der Katzen eine, zwei und drei Stunden nach der Verabreichung von Gabapentin und dann noch einmal abschließend nach zwölf Stunden.

  • Die maximale Wirkung des Medikaments liegt nach Beobachtung der Autoren zwei Stunden nach der Verabreichung. Das deckt sich mit Angaben zur Pharmakologie des Wirkstoffs.
  • Nach zwölf Stunden war die Wirkung komplett aufgehoben. Das macht den Einsatz sehr attraktiv, denn die Katzen sind so nicht übermäßig lange beeinträchtigt. Im vorliegenden Versuch wurden die wilden Katzen nämlich so schnell wie möglich nach der Operation wieder ausgesetzt (TNR = Trap, Neuter, Release = Fangen, Kastrieren, Freilassen). Ein ein Medikament, das das Sensorium länger beeinträchtigt, ist dabei nicht sinnvoll.

Stresslevel bei Katzen nach Gabapentingabe (50mg/100mg) und Placebo. (Grafik: © K. Pankratz)

Dosis (50/100 mg) spielt keine Rolle

Es spielte in den Versuchen keine Rolle, ob die Katzen eine Dosis von 50 mg oder 100 mg/Tier erhielten. Die Sicherheit des Wirkstoffs hat sich in den Versuchen bestätigt, denn die Dosierung pro Kilogramm Körpergewicht betrug bis zu 47,6 mg ohne den Tieren zu schaden. Als einzige, seltene Nebenwirkung trat verstärkter Speichelfluss auf.

Hilft auch beim Tierarztbesuch?

Die Autoren sind der Auffassung, dass eine einmalige Gabe von 50 mg Gabapentin pro Tier eine gute Möglichkeit ist, um Angstzustände bei Katzen im Zeitraum zwischen ein und drei Stunden nach der Verabreichung zu reduzieren.
In der Studie erhielten die Katzen das Medikament oral in flüssiger Form nachdem sie bereits in der Falle waren. Da es Gabapentin in Deutschland nur in Tablettenform für die Humanmedizin gibt, müsste es mit etwas Futter verabreicht werden.
Katherine Pankratz und ihre Kollegen wollen nun weitere Studien durchführen um zu klären, ob das Medikament auch für ängstliche Hauskatzen geeignet ist und vorbeugend vor Tierarztbesuchen oder anderen angstauslösenden Ereignissen gegeben werden könnte.

Quelle:
Journal of Feline Medicine and Surgery (Download der Untersuchung als PDF hier)

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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