Wenn exotische Vögel und Reptilien erkranken, sind oft Haltungsfehler die Ursache. „Deutlichen Handlungsbedarf“ sieht hier die von Tierärzten durchgeführte EXOPET-Studie und nimmt den Zoohandel in die Pflicht: Ursachen für Tierschutzprobleme beim Privathalter seien auch dort zu suchen. Wie kann man gegensteuern?
(PM/jh) – Der Wunsch, ein exotisches Tier zu halten, ist in Deutschland in den letzten zehn Jahren laut Bundesamt für Naturschutz auf mehr als das Doppelte angestiegen. Doch exotische Vögel und Reptilien werden trotz gutem Willen der Halter oftmals nicht artgemäß und tiergerecht gehalten. Zu diesem Ergebnis kommt die EXOPET-Studie (Informationsseite des BMEL zu den Studienergebnissen ist in Vorbereitung / Detailergebnisse siehe Linkliste am Artikelende). Die Wissenschaftler haben konkrete Handlungsempfehlungen für den Gesetzesgeber.
Hilfe für Halter: Wissenschaftlich fundierte Informationen
Um die Situation der Tiere zu verbessern, müsse man laut EXOPET-Studie an drei Punkten ansetzen:
- Korrekte Informationen – Was Tierhalter (und Händler) vor allem brauchen sind nach Ansicht der Wissenschaftler einheitliche Informationen zur Haltung von Vögeln und Reptilien – und zwar auf Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Literatur. Denkbar wäre, dazu eine übergreifende Plattform mit anderen europäischen Ländern aufzubauen.
- Sachkundige Beratung – Im Zoofachhandel gelte es die Sachkunde der Verkäufer zu verbessern, etwa durch spezielle Schulungen der Zoofachangestellten. Außerdem sollte man Käfige, Terrarien sowie anderes Tierhaltungsinventar, das tiergerecht ist, entsprechend kennzeichen.
- Sachkundenachweis für Tierhalter – Zudem sprechen sich die Wissenschaftler für die Einführung eines Sachkundenachweises vor dem Erwerb eines Tieres aus – abgestuft in Abhängigkeit von den Haltungsansprüchen der betreffenden Spezies. Von generellen Haltungsverboten halten die Experten aber nichts, zumal bei der Studie auch bei Arten mit leichter zu erfüllenden Haltungsansprüchen deutliche Haltungsdefizite aufgedeckt wurden.
Bundesweite Daten
In der EXOPET-Studie haben Wissenschaftler der Universität Leipzig den Handel und die Haltung von Vögeln und Reptilien in Privathand untersucht – gefördert vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Sie haben unter anderem deutschlandweit online Daten von Tierhaltern, praktischen Tierärzten, Amtsveterinären, Groß- und Einzelhändlern, Tierheimen und Auffangstationen erhoben. Zudem wurden Tierbörsen und Zoofachgeschäfte, ebenso wie Bau- und Gartenmärkte mit Lebendtierverkauf vor Ort besucht. „Die Beteiligung an der Online-Befragung war gut, die einzige Ausnahme waren der Groß- und Einzelhandel“, sagt Projektkoordinatorin Prof. Dr. Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns, zugleich Leiterin der Klinik für Vögel und Reptilien der Universität Leipzig.
Studienergebnis: „Deutlicher Handlungsbedarf“
Die Ergebnisse der Studie weisen nach Ansicht der Wissenschaftler deutlich auf Handlungsbedarf hin. Verschiedene haltungsbedingte Erkrankungen spielten eine große Rolle bei der Vorstellung von Vogel- und Reptilienpatienten in der Tierarztpraxis. „Die Angaben der spezialisierten praktischen Tierärzte decken sich mit den Haltungsfehlern, die über die Befragung der Tierhalter eruiert wurden“, berichtet Krautwald-Junghanns. Auch die Big-Data-Analyse wichtiger Internetforen habe gezeigt, dass es großen Informationsbedarf zur artgemäßen und verhaltensgerechten Haltung gebe, da fundierte Informationen nicht so einfach für den Privathalter verfügbar sind.
Ursachen für Tierschutzprobleme beim Privathalter seien unter anderem auch beim Zoofachhandel zu suchen. Die Informationen von Fachhändlern an Tierhalter hätten in der Umfrage sowohl Halter als auch Tierärzte teilweise kritisch gesehen.
Wenn Privathalter die Exoten dann irgendwann wieder abgeben wollen, spielen insbesondere Tierheime oder spezielle Auffangstationen eine große Rolle. „Viele der genannten Abgabegründe lassen erkennen, dass die Halter sich in diesen Fällen vor der Anschaffung des Tieres nicht genügend informiert haben oder beim Kauf nicht ausreichend beraten wurden“, stellt Krautwald-Junghanns fest.
Kritik an Tierbörsen: Verordnung nötig
Auch auf allen besuchten Vogel- und Reptilienbörsen – die für den Erwerb oder Austausch von nachgezüchteten Heimtieren aller Art genutzt werden – konnten die Experten Missstände beobachten. Sie bemängelten dort:
- teilweise zu kleine oder verschmutzte Verkaufsbehältnisse,
- fehlende Versorgung der Tiere mit Nahrung
- oder unkorrekte Angaben über Herkunft und Größe der ausgewachsenen Tiere.
Die Empfehlung der Wissenschaftler lautet daher:
- Ein spezialisierter Tierarzt sollte jeweils die Tierbörse/den Tiermarkt über den gesamten Veranstaltungszeitraum hinweg überwachen.
- Und: Die Anforderungen für das Veranstalten einer solchen Tierbörsen sollten nicht nur in eine Leitlinie (Börsenleitlinie des BMEL von 2006), sondern in eine rechtsverbindliche, bundesweit geltende Verordnung aufgenommen werden.
Die Verbesserung des Tierschutzes steht auch im neuen Koalitionsvertrag. Er benennt als Herausforderungen im Tierschutz unter anderem die Wildtier- und Exotenhaltung, die Tierbörsen, der Internet‑ und Versandhandel von lebenden Heimtieren, die Situation der Tierheime und das Heimtierzubehör.
Das zuständige Bundeslandwirtschaftsministerium will bis zur Mitte der Legislaturperiode Vorschläge für konkrete Maßnahmen bis hin zu Verboten zur Verbesserung des Tierschutzes in diesen Bereichen vorlegen.