Der Unmut in der Tierärzteschaft über die aktuellen (berufs)politischen Entwicklungen wächst: Wenn es um die Erhöhung der tierärztlichen Gebührenordnung geht, ist „Geiz geil“. Bei Tierwohl und Tierschutz häufen sich Schuldzuweisungen an Amtstierärzte und Praktiker. Die Gesetzgebung erscheint zunehmend politisch motiviert und es droht eine Verlagerung von Tierarzttätigkeiten in Laienhand Ein Gastbeitrag.
Gastbeitrag* von Dr. Karl Eckart, Präsident der Bayerischen Landestierärztekammer
Was erhält uns eigentlich die Lust an unserer täglichen Arbeit, was ist die Triebfeder?
Die immer mehr überbordende Bürokratie, die unserem Praxisalltag sowohl im Amt, als auch in unseren Praxen mit derartiger Macht zusetzt, dass wir wenig oder gar keinen Sinn mehr hinter diesen Maßnahmen sehen? Bestimmt kein Lustfaktor.
Politisch motivierte Gesetzgebung
Eine rein politisch motivierte Gesetzgebung ohne Berücksichtigung globaler Verhältnisse, wie aktuell das Geschehen um die Tierärztliche Hausapothekenverordnung? Eine Verordnung, die vor der Wahl politischen Aktionismus induziert, nach dem Motto: seht wir haben ja doch einiges auf den Weg gebracht. Das ist wahrhaftig kein Lustfaktor für unsere tägliche tierärztliche Tätigkeit, wenn man sich in praxi durch solche unglücklichen – oder soll ich sagen – unsinnigen Vorgaben permanent als Schuldiger fühlt.
„Prügel“ für Amtstierärzte
Wenig Lust macht auch die unsachliche, einseitige und völlig überzogene Berichterstattung über Missstände bei der Schlachtung. Nicht dass ich hier alles für gut heißen würde – ganz im Gegenteil. Aber irgendwo sollten auch hier die Fakten nicht mit Wunschdenken vermischt werden. Für mich ist ganz klar: Bei einem Fleischpreis von 2.99 pro Kilo – wohlgemerkt im Verkauf – bleibt kein Spielraum.
Oder anders gesagt, für das lebende Nutztier will man maximalen Tierschutz bei Haltung und Schlachtung, bei totem Fleisch schaut man jedoch nur auf den Preis.
Hier muss jeder entlang der Produktionskette und insbesondere der Lebensmittelunternehmer, Schlachthofbetreiber und vor allem der Einzelhandel in die Pflicht genommen werden und nicht unsere Kolleginnen und Kollegen, die in der Überwachung tätig sind und am Schlachthof stehen, nicht mehr wissen wo vorne und hinten ist und für nicht funktionierende oder zu lasche Eigenkontrollsysteme die Prügel beziehen.
Tierarztätigkeiten in Laienhand
Auch den Forderungen, immer mehr tierärztliche Tätigkeiten in Laienhand zu geben, widerspreche ich hier auf das heftigste. Als Beispiele seien genannt: Narkosen, amtliche Überwachungstätigkeiten im Verbraucherschutz und die Tierseuchenbekämpfung Das kann nicht im Sinne des von allen Seiten immer wieder geforderten Tierwohls sein.
Nicht m e h r „Label“, von wem auch immer, sind gefragt. Nein, wir Tierärztinnen und Tierärzte stehen für echtes und ehrliches Wohl am Tier und bei der Tiergesundheit ein. Und das gibt es eben nicht zum Nulltarif.
„Geiz ist geil“ bei der GOT
Die „Geiz ist geil“ Mentalität, wenn es um die Gebührenordnung der Tierärzte geht, ist ebenfalls nicht unbedingt lustfördernd. Ich kenne auch keinen anderen freien Beruf, bei dem allein die inflationsbedingte Erhöhungen so lange andauern. (aktuelle Meldung zur GOT-Erhöhung hier)
Berufsstand nicht auseinanderdividieren
Aber es soll jetzt nicht so aussehen, ob alles nur schlecht uns dunkel sei – auch wenn eine gewisse Tendenz nicht zu verleugnen ist.
Wir sind ein Berufsstand und wir lassen uns von niemanden auseinanderdividieren. Wobei wir wieder bei der „Arbeitslust“ wären. Als Standespolitiker in Kammer, Praktikerverband (bpt) und Beamtenvertretung (BbT) werden wir alles tun, das Möglichste für unseren Berufsstand zu erreichen – auch wenn dieser Weg manchmal sehr beschwerlich ist, mit vielen kampfbereiten Windmühlen am Straßenrand.
Aber nur in dieser Gesamtkonstellation werden wir wieder wahrgenommen in den hohen Sphären der Politik.