Feuer im Kuhstall: Glück, Mut und Nachbarschaftshilfe

Stallbrand – die 50 Kühe wurden gerettet. (Foto: screenshot Video rosenheim24.de - Video am Artikelende eingebettet)

Stallbrand – was ist den Tieren passiert? Liest man als Tierarzt davon in der Zeitung ist es eine Sache. Trifft es „eigene“ Bauern, dann geht es einem doppelt nahe. Ein kurzer Beitrag über Glück, Mut und Nachbarschaftshilfe.

von Annegret Wagner

Brennende Höfe erzeugen bei mir immer irgendwie Übelkeit, weil ich an die Tiere denken muss, die sich nicht selbst in Sicherheit bringen können und unter Umständen qualvoll ersticken oder verbrennen. Diesmal war es der Stall einer „meiner“ Bauern, der brannte. Da mir „meine“ Bauern am Herzen liegen, bin ich vorbei gefahren, um zu sehen, ob die Kühe gerettet werden konnten und wenn ja, in welchem Zustand.

Stallgebäude komplett vernichtet

Stallruine am Tag nach dem Brand – im typisch oberbayerischen Bauernhaus sind unten im gemauerten Teil die Kühe untergebracht. Der obere Scheunenteil ist komplett abgebrannt, die Balkenreste schon nach einem Tag abgetragen. (Foto: © WiSiTiA/aw)

Der Anblick des Hofs war vernichtend. Vom hölzernen Scheunenteil des typischen oberbayrischen Haus-Stall-Gebäudes standen nur noch ein paar Balken und ein bisschen Dach. Die Futtervorräte und Maschinen darin waren komplett vernichtet. Der darunter liegende, gemauerte Stallteil stand noch. Der Wohnbereich schien zwar weitestgehend unversehrt, war aber auch betroffen. Geschätzt 500.000 Euro Sachschaden meldet später die Polizei.

Gerettete Kühe mit Nasenbluten

Der erste Feuerwehrmann den ich sah – ebenfalls einer „meiner“ Landwirte – versicherte mir, dass alle Tiere gerettet seien und im leerstehenden Kuhstall des Nachbarhofs untergebracht werden konnten.
Ich war beeindruckt, wie ruhig die Kühe in ihrem „neuen“ Stall wirkten. Fast alle fraßen oder waren am Wiederkauen. Einige hatten Nasenbluten und erhielten von daher vorsichthalber einen Entzündungshemmer. Kein Tier machte einen ernsthaft kranken Eindruck, keine Brandwunden, keine Verletzungen. Mir fiel ein Stein vom Herzen.

Glück im Unglück – etwas Nasenbluten war die einzig sichtbare Folge bei einigen der 50 Kühe. (Foto: WiSiTiA/aw)

Erst die Tiere…

Ich bewundere die Leistungen der Helfer. Im Einsatz waren etwa 200 Feuerwehrleute der umliegenden freiwilligen Feuerwehren. Es erfordert Mut, Tiere aus einem brennenden und möglicherweise einsturzgefährdeten Gebäude zu retten und dabei die eigene Gesundheit und eventuell sogar sein Leben zu riskieren. Die Rettungskräfte waren sich zunächst auch nicht sicher, ob die 30 Tiere überhaupt freiwillig den Anbindestall verlassen würden oder eine Panik ausbrechen könnte. Aber es ging besser als erwartet. Unter einem schützenden „Wassernebel“ zur Abkühlung und mit Gebläsen gegen den Rauch, marschierten die Kühe fast anstandslos aus dem brennenden Gebäude und in den anderen Stall. In diesem Fall war es Glück, dass die Tiere angebunden waren. So konnten die Helfer sie lösen und am Führstrick herausbringen. In einen brennenden Laufstall hätten sie sich womöglich nicht zwischen die umher rennenden  Kühe gewagt.

Erst die Tiere, dann die Gebäude

Aus tierärztlicher Sicht kann es allen Beteiligten nicht hoch genug angerechnet werden, dass sie sich nicht ausschließlich um den Schutz des Wohnhauses gekümmert haben, sondern ihnen die Tiere am Herzen lagen und diese schnell wieder relativ gut untergebracht werden konnten.
Landwirte, zumindest die, die ich kenne, sind keine herzlosen Tierausbeuter, wie verschiedene Organisationen gerne behaupten – und die vom Bränden betroffenen Tierbesitzer dann mit Anzeigen noch zusätzlich drangsalieren (hier oder hier). „Meinen“ Tierhaltern ist das Wohlergehen ihrer Tiere durchaus wichtig.
So wichtig, dass sie dafür sogar ihr Leben auf’s Spiel setzen. Das habe ich bei einem anderen Brand miterlebt. Dort wurden ebenfalls alle Tiere gerettet, der Besitzer aber hatte lange mit einer Rauchvergiftung zu kämpfen.

Ich bekomme bei solchen Geschichten immer eine Gänsehaut und freue mich dann, dass das Gute tatsächlich manchmal siegt.

Teilen
Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)