Schweine haben eine Persönlichkeit. Und die beeinflusst sie bei Entscheidungen ebenso wie ihre „Stimmungslage“. Die Stimmung wiederum ist – zumindest bei eher passiven Tieren – stark abhängig von ihren Lebensumständen.
(aw) – Die Versuchsanordnung ist nicht neu. Die Schweine lernten, zwei verschiedene Positionen von Futterbehältern mit einem bestimmten Futterkomponenten zu assoziieren: Süßigkeiten mit Zuckerguss (positiv) in einer Ecke der Bucht oder bittere Kaffeebohnen (negativ) in der entgegengesetzten Ecke.
Die Forscher hatten die Ferkel zuvor in zwei Gruppen eingeteilt. Die einen wurden in einer angenehmen Umgebung mit mehr Platz (0,61 m² pro Tier) und Beschäftigungsmaterial (Stroh-Tiefstreu) gehalten. Die zweite lebte unter eher unangenehmeren Rahmenbedingungen (0,41m² pro Tier, kein Stroh).
Es geht also um Belohnung, Erwartung und so was wie eine „grundsätzliche Lebenseinstellung“, die abhängig ist von den Lebensbedingungen, aktuell oft als Tierwohl bezeichnet.
Aktive und passive Schweine
Zusätzlich haben die Wissenschaftler in der sechsten und achten Lebenswoche die Persönlichkeit der Schweine beurteilt und sie innerhalb der „Lebensbedingungs-Gruppen“ zwei Charakterrichtungen zugeordnet: Aktive und passive Tiere. Dazu haben sie sämtliche Versuchstiere verschiedenen Situationen ausgesetzt und ihr Verhalten bewertet:
- Aktive Tiere gehen dabei neugierig an eine neue Situation heran und ihr Verhalten ist immer sehr ähnlich.
- Passive Tiere verhalten sich dagegen eher zurückhaltend und ihr Verhalten ist weniger leicht vorhersehbar.
In der Humanforschung würde man die „Typen“ als extrovertiert beziehungsweise neurotisch bezeichnen. Dabei sind extrovertierte Menschen eher optimistisch und neurotische eher pessimistisch.
Schlechte Umgebung macht schlechte Laune
Allen Tieren wurde dann eine dritte Futtergefäßposition angeboten und beobachtet, wie sie darauf reagierten.
- Die aktiven Schweine begutachten das neue Futtergefäß generell eher aufgeschlossen neugierig – und zwar unabhängig von ihren Umgebungsbedingungen. Sie erwarteten womöglich eher weitere Süßigkeiten zu finden.
- Die passiven Schweine ließen sich dagegen durch die schlechte Umgebung signifikant häufiger die Laune verderben. Sie reagierten dann deutlich zurückhaltender – also weniger optimistisch – auf das Futtergefäß am unbekannten Standort, wohl eher bitter schmeckende Kaffeebohnen erwartend.
Das Experiment habe gezeigt, dass auch Schweine mit vermutlich schlechterer Laune (aufgrund ihrer Umgebung) eher zu Pessimismus neigen, erklärt Projektleiterin Prof. Lisa Collins von der University of Lincoln (Großbritannien). Damit reagieren sie ähnlich wie Menschen: „Bei ihm bestimmt die Interaktion von Laune und Persönlichkeit die kognitive Verzerrrung.“ Menschen sind also nicht die einzigen Lebewesen, die eine Situation aufgrund langfristiger Persönlichkeitsmerkmale in Kombination mit dem aktuellen Gemütszustand unterschiedlich einschätzen.
Dr. Lucy Asher vom Institut of Neuroscience der University of Newcastle (Großbritannien) findet die Ergebnisse faszinierend: Sie hofft, dass dies der Anfang von intensiveren Studien zur Erforschung der Intelligenz von Schweinen sein wird.