Hasenpest in Ingelheim – Menschen betroffen

Gefährdet sind vor allem Jäger, Landwirte und Tierärzte. (Bild: Archiv Henrik Hofmann)Gefährdet von einer Ansteckung mit Tularämie sind vor allem Jäger, Landwirte und Tierärzte. Doch die Erkrankung ist extrem selten! (Bild: Archiv Henrik Hofmann)

Im Landkreis Mainz-Bingen sind sechs Menschen an der seltenen Hasenpest erkrankt. Alle sechs hatten an der Weinlese teilgenommen. Nach der Ansteckung im Oktober seien die Betroffenen nun wieder gesund. Informationen zur Zoonose  Tularämie.

(PM/hh) – Das Gesundheitsamt des Kreises Mainz-Bingen untersucht derzeit mehrere Erkrankungen von Menschen durch den Erreger der Hasenpest (Tularämie). Die Hasenpest kann vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Eine Mensch zu Mensch-Übertagungen ist nahezu ausgeschlossen und nicht bekannt. Tularämie ist sehr gut behandelbar, kann aber im Einzelfall schwerere Verläufe nehmen.

Infektionen sehr selten – und noch seltener gehäuft

Gemeinsam sei den sechs Betroffen, dass sie Anfang Oktober an einer Weinlese im nördlichen Landkreis teilgenommen hatten, so das Gesundheitsamt. „Wenige Tage danach bekamen sie hohes Fieber und klagten über ein schweres allgemeines Krankheitsgefühl. Drei Personen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Alle sind inzwischen als gesund wieder entlassen.“

Übertragungswege

Der Fall ist deshalb ungewöhnlich, weil Infektionen mit dem Erreger in Deutschland sehr selten sind und noch seltener gehäuft auftreten. Der Mensch infiziert sich durch direkten Kontakt mit erkrankten Tieren, ihren Organen oder Ausscheidungen. Der Erreger kann aber auch durch kontaminierte Lebensmitteln übertragen werden.

Tabelle Hasenpestfälle seit 2010

Hasenpestfälle beim Menschen seit 2010

Menschen infizieren sich vor allem vor allem bei intensivem Kontakt mit erkrankten Tieren oder deren Ausscheidungen, zum Beispiel beim Enthäuten und Ausnehmen erlegten Wildes. Die Tularämie des Menschen ist daher in erster Linie eine Berufskrankheit von Jägern, aber auch von Köchen, Metzgern und Tierärzten. Infektionen von Landwirten durch infektiöse Stäube sind genauso beschrieben wie Infektionen nach Bissverletzungen. Eine Infektion über unzureichend erhitzte Nahrungsmittel oder kontaminiertes Wasser ist möglich.

Der Mensch ist für den Erreger sehr empfänglich. Für eine Infektion über Mund, Nase, Lidbindehaut oder kleine Haut- und Schleimhautverletzungen sind nur wenige Keime (10 – 50 Bakterien) notwendig.“ (LGL Bayern)

Symptome beim Tier …

Bei Tieren sind milde Formen mit lokaler Lymphknotenschwellung genauso möglich wie schwerwiegende, septikämische Verlaufsformen. Insbesondere bei Hasen, Kaninchen und Nagetieren sind seuchenhafte Verläufe mit hoher Sterblichkeit bekannt. Betroffene Tiere magern ab, zeigen struppiges Fell, schwankenden Gang und werden apathisch. Aufgrund von Entkräftung können sie ihre natürliche Scheu verlieren.

… und beim Menschen

Die Inkubationszeit beträgt etwa drei bis zehn Tage, die Erkrankung dauert etwa zwei bis drei Wochen. „Die Krankheit beginnt mit unspezifischen, grippeartigen Symptomen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Mattigkeit“, schreibt das LGL. An der Eintrittsstelle entwickele sich eine geschwürig zerfallende Papel. Die regionären Lymphknoten schwellen stark an und vereitern. Innere Organe können beteiligt sein (z. B. Lungenentzündung). Als besonders schweres Krankheitsbild ist die typhöse Form bekannt, die als Septikämie verläuft.

Der Erregernachweis aus akuten menschlichen Erkrankungsfällen ist gemäß § 7 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes meldepflichtig. Die Tularämie bei Hasen und Kaninchen ist gemäß der Verordnung über meldepflichtige Tierkrankheiten dem zuständigen Veterinäramt zu melden.

Wie konnten die Weinleser in Kontakt kommen?

Unterstützt wird das Gesundheitsamt bei der Ursachensuche vom Landesuntersuchungsamt (LUA). Untersucht wird, wie die Weinleseteilnehmer mit dem Erreger in Kontakt gekommen sein könnten. Parallel dazu untersucht das Robert Koch-Institut (RKI) Proben aus dem Weinberg. Im Fokus stehen Lebensmittel, Hasen- oder Kaninchenkot sowie andere Umweltproben. Auslöser einer Tularämie-Erkrankung ist das Bakterium Francisella tularensis. Sie beginnt in der Regel mit einem Geschwür an der Eintrittsstelle des Erregers, danach folgen grippeähnliche Symptome wie Fieber, Lymphknotenschwellungen, Schüttelfrost, Unwohlsein sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Die Erkrankung lässt sich mit Antibiotika behandeln.

Ärzte im Kreis Mainz-Bingen werden gebeten, bei Patienten mit hohem Fieber und Lymphknotenschwellung auch eine Tularämie in Betracht zu ziehen, insbesondere wenn die Ursache dieser Symptome unklar ist. Auch Verdachtsfälle sind nach dem Infektionsschutzgesetz beim Gesundheitsamt meldepflichtig.

Quellen:
Pressemeldung: Hasenpestinfektionen beim Menschen in Rheinland-Pfalz
Informationen zur Tularämie/Hasenpest des Robert-Koch-Institutes
Informationen des LGL-Bayern zur Tularämie/Hasenpest

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Über den Autor

Dr. Henrik Hofmann

Dr. Henrik Hofmann (hh) betreibt seit 1995 eine eigene Tierarztpraxis in Butzbach. Er ist Fachtierarzt für Allgemeine Veterinärmedizin und hat die Zusatzbezeichnung Akupunktur. (www.tierundleben.de) Als Autor und Redakteur hat Hofmann in etlichen Zeitschriften und Zeitungen rund ums Tier geschrieben. Bei wir-sind-tierarzt.de betreut er schwerpunktmäßig Medizinthemen, den Bereich Praxismanagement und die Rubrik Mensch-Tierarzt. Außerdem steuert er die SocialMedia-Aktivitäten und leitet die Bildredaktion. Zuletzt ist sein Buch „Tieren beim Sterben helfen – Euthanasie in der Tierarztpraxis“ erschienen. Kontakt: henrik.hofmann(at)wir-sind-tierarzt.de
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