Eine schnellstmögliche lineare GOT-Erhöhung fordert der Bundesverband der praktizierenden Tierärzte vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Damit gibt der bpt seine bisherige Zurückhaltung auf. Bisher wollte man der EU bei den laufenden Deregulierungsaktivitäten keinen Anlass geben, die GOT als Ganzes in Frage zu stellen. Doch in Berlin sagte Präsident Dr. Siegfried Moder: „Wenn wir die GOT schon verlieren, dann bitte auf einem höheren Niveau.“
von Jörg Held
Ein wenig Resignation gegenüber den Brüsseler Deregulierungs-Aktivitäten schwingt mit in der bpt-Forderung. Präsident Siegfrid Moder fürchtet, die amtierende, für das Wettbewerbsrecht zuständige und als sehr liberal geltende polnische EU-Kommissarin Elżbieta Bieńkowska werde das Referendum über den Verbleib der Briten in der EU nutzen, „um die Freien Berufe bis zur Unkenntlichkeit zu schleifen“.
Der EU geht es – etwa bei den laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die deutschen Honorarordnungen der Architekten, Ingenieure (HOAI) und Steuerberater sowie gegen die Honorarordnung der österreichischen Tierärzte – vor allem um den freien Wettbewerb. An Gebührenordnungen stören Brüssel die festgeschriebenen Mindestsätze: Honoraruntergrenzen blockieren aus EU-Sicht den Wettbewerb.
Erste Erhöhung seit acht Jahren: Jetzt!
Brüssel sei dabei offensichtlich nicht bereit, die vielen guten Argumente anzuerkennen, die für den Erhalt der tierärztlichen Gebührenordnung sprechen, beklagt Moder. Deshalb sollte nun schnellstmöglich die von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt beim Deutschen Tierärztetag im vergangenen Oktober in Aussicht gestellte pauschale Erhöhung der Gebührensätze vollzogen werden: „Die Kolleginnen und Kollegen warten darauf.“
Seit fast acht Jahren wurde die GOT nicht mehr an die Kostensteigerungen angepasst (zuletzt 2008). Auch die Bundestierärztekammer fordert – zuletzt beim Tierärztetag in Bamberg – ein lineare Erhöhung.
„Der EU-Kommission keine Argumente liefern“
Zurückhaltend reagierte dagegen Dr. Maria Flachsbarth, Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, beim bpt-Neujahrsempfang in Berlin auf die Forderung. Die GOT sei ein Dauerthema. Aber auch wenn die EU einen kritischen Blick auf deutsche Strukturen werfe, so sei doch vorerst nur die Honorarordnung der Architekten, Ingenieure (HOAI) und der Steuerberater im Fokus: „Das gibt gewisse Hoffnung für den Bereich der Gesundheitsberufe,“ glaubt Flachsbarth. Für die Bundesregierung habe die GOT eine wichtige Funktion „als ordnungspolitisches Steuerungsinstrument, das die qualitativ hochwertige und flächendeckende tierärztliche Versorgung sichert.“
Die Staatssekretärin mahnte deshalb: Man solle jetzt mit der Forderung nach einer pauschalen Erhöhung der Kommission keine Argumente für die Abschaffung liefern. Bis März wird aus Brüssel ein Bericht – unter anderem zur österreichischen Honorarordnung für Tierärzte, die einen Mindeststundenlohn festlegt – erwartet. Den solle man abwarten.
Streitpunkt: Mindestgebühren
„Diesmal wird es ernst.“ Skeptisch zeigte sich beim bpt-Neujahrsempfang auch der Präsident des Bundesverbandes der Freien Berufe (BFB), Dr. Horst Vinken: „Wir müssen uns gegen den Druck aus Brüssel stellen. Wenn die Honorarordnung der Architekten, Ingenieure und Steuerberater nicht gehalten werden kann, dann geht das einmal quer durch alle Berufe.“ Die EU gehe dabei nicht grundsätzlich gegen Gebührenordnungen als solche vor, sondern stelle insbesondere Mindestgebühren in Frage – also das Verbot, die gesetzlichen Gebühren zu unterschreiten. Vinken: „Die Kommission denkt, Unterschreitung erhöht den Wettbewerb.“
Ob es also darauf hinauslaufen könnte, dass die deutschen Gebührenordnungen als nach oben gedeckelter, aber nach unten offener Honorarrahmen erhalten bleiben, klärte Vinken nicht auf.