Mit „Pelzbabys“ Geld verdienen

Zwei Drittel der Heimtiere leben in Single- und vor allem Zweipersonenhaushalten - das bestätigt den Trend zum Tier als Familienmitglied. Bild: (c)2015 Henrik Hofmann

Stolze 4,56 Milliarden Euro Umsatz (+2,2%) machte die Deutsche Heimtierbranche 2015 mit Futter und Zubehör: „Die Liebe zu tierischen Begleitern ist hierzulande ungebrochen“, bilanzieren die Verbände. Was können Tierärzte aus Wachstumstrends und den tierischen Wohnverhältnissen lernen?

von Jörg Held

Des Deutschen Lieblingstier bleibt die Katze (12,9 Mio) gefolgt von Hunden (7,9 Mio) und kleinen Heimtieren (5,1 Mio – siehe Grafik). Für sie gibt man hierzulande zusammen fast 4,6 Milliarden Euro für Futter und Zubehör aus, melden die Heimtierverbände ZZF und IVH.

Heimtierzahlen und deren "Wohnverhältnisse" in Deutschland. (Grafik: © ZZF/IVH)

Heimtierzahlen und deren „Wohnverhältnisse“ in Deutschland 2015. (Grafik: © ZZF/IVH)

Interessant sind aber weniger die absoluten Tierzahlen – sie bewegen sich auf Vorjahresniveau – als die Trends bei der Umsatzentwicklung und vor allem die Wohnverhältnisse: Wo wächst der Markt überproportional?

  • Beim Hund sind es „Snacks“ mit funktionalem Zusatznutzen und Belohnungsartikel (479 Mio. Euro, plus 5,7 Prozent).
  • Bei der Katze stieg der Umsatz mit Feuchtfutter deutlich um 4,2 Prozent auf 1.075 Mio. Euro – vor allem weil die Besitzer hier „zunehmend zu Einzelportionsgrößen greifen.“
  • Gleichzeitig wuchs der „Zubehörverkauf“ sowohl beim Hund (171 Mio. Euro, plus 2,4 Prozent) als auch bei der Katze (185 Mio. Euro, plus 2,2 Prozent).

Pelzbabys bedienen Elterninstinkte

Stellt man dem dann gegenüber, dass zwei Drittel der Heimtiere in Single- und vor allem Zweipersonenhaushalten leben (29 bzw. 38 Prozent – plus je 2 Prozent), bestätigt das den Trend zum Tier als Familienmitglied. Vom Kindersatz spricht die Branche selber nicht, aber aus Australien kommt ein Untersuchung, die aus Zuchtzahlen eine gesellschaftlichen Entwicklung ableitet: „Nowadays, dog lovers prefer their furry companions small, with wide, babylike faces, new data suggest.“

„Pelzbabys mit Gesichtern, die eher Elterninstinkte bedienen“, formuliert die Untersuchung spitz („fur babies“ with faces that are likelier to trip people’s parenting instincts). Der Trend zum kleinen Hundebegleiter gelte nicht nur für Australien, sondern auch für die USA und das Vereinigte Königreich. Ein Zahlenbeispiel: Um 476 Prozent ist die Zahl der Französischen Bulldoggen gestiegen, die beim American Kennel Club registriert sind.

Zum Tier mit Babyface passen dann auch die Wachstumszahlen bei „Belohnungsartikeln“ und schmückendem Zubehör– oder „Valentins-Tag-Geschenken“ – sowie das Füttern mit „kindgerechten Einzelportionen“.

Mehr Wertschöpfung pro Tier

Die andere Seite sind Marktanalysen, mit denen das Engagement von Tierarztketten im deutschen Markt erklärt wird: Sie erkennen junge, kaufkräftige Kundengenerationen (eben die Single- und zwei-Personen-Haushalte), die für ihre Lieblinge qualitativ höhere medizinische Standards und Ausstattungen erwarteten. Sie gingen nicht mehr nur zum Tierarzt, sondern zum Augen-, Herz- oder Hautspezialisten. So wie sie sich im Internet über Restaurant-Bewertungen informieren, ersetzten Facebook-Bewertungen die klassische Mund-zu-Mund-Propaganda. Das Persönliche sei nicht mehr so entscheidend. Stattdessen akzeptierten sie „Marken“ die für ein Leistungsversprechen stehen.

Tierärzte sollten diese Trends zumindest im Auge behalten und überlegen, wie auch sie als „Normalpraktiker“ davon profitieren können. Dass man mit passenden Angeboten Wachstum erzielen kann, macht die Heimtierindustrie vor.

Hintergrund: Tier- und Umsatzzahlen Deutschland

Heimtiere werden insbesondere in kleineren Haushalten gehalten:

  • 29 Prozent der Heimtiere leben in Einpersonenhaushalten (2014: 27 Prozent) …
  • …und 38 Prozent der Heimtiere in Zweipersonenhaushalten (2014: 36 Prozent).
  • Die übrigen 33 Prozent der Heimtiere befinden sich in Haushalten mit drei Personen und mehr.

Fazit der Verbände: Die konstante Zahl der Heimtiere in Deutschland zeige einmal mehr, dass bei den Deutschen Hunde, Katzen und andere Heimtiere als Mitbewohner und Begleiter nach wie vor sehr geschätzt würden. Entsprechend entwickeln sich die Umsatzzahlen:
Mit einem Umsatzplus von 2,2 Prozent erzielte die deutsche Heimtierbranche 2015 im Fach- und Lebensmitteleinzelhandel einen Gesamtumsatz von 4,11 Mrd. Euro. Hinzu kamen 450 Mio. Euro über den Online-Markt.

Quellen:
Pressemeldung ZZF „Umsatzzahlen 2015“
Pressemeldung ZZF „Haustierzahlen 2015“
Untersuchung: „Man’s Best Friend Is Shrinking“ – livescience.com

Heimtierbestand und Umsatzzahlen mit Heimtierbedarf in Deutschland 2015. (Grafik: © ZZF/IVH)

Heimtierbestand und Umsatzzahlen mit Heimtierbedarf in Deutschland 2015. (Grafik: © ZZF/IVH)

 

Teilen
Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
Web Design MymensinghPremium WordPress ThemesWeb Development

Wildtiere: Hilfe kann auch Leid bedeuten

9. März 20169. März 2016
Ein Faltblatt gibt Tipps zum Umgang mit Wildtieren. (©Landestierschutzbeauftragte Hessen / Erni/Fotolia.com)„Wildtiere brauchen in den aller seltensten Fällen menschliche Hilfe," sagt die Landestierschutzbeauftragte Hessen. Was tun kann, wer ein Wildtier findet – oder aber auch besser lassen sollte – erklärt ein Flyer, den Dr. Madeleine Martin zusammen mit der Landestierärztekammer Hessen herausgegeben hat. (mehr …)