Geflügel indirekt gegen Kokzidiose impfen

Kokzidiosen sind in der Geflügelhaltung ein häufiges Problem. Die Behandlung der Darmparasiten ist ein Grund für häufigen Antibiotkaeinsatz. In den USA wurde ein Verfahren patentiert, das die Immunabwehr im Darm von Masthähnchen stärkt.

Bisher ist ohne antibiotische Kokzidiostatika eine wirtschaftliche Geflügelhaltung kaum denkbar. Wege, dieser Krankheit vorzubeugen, sind deshalb sehr gefragt. Prof. Mark Cook von der University of Wisconsin-Madison und sein Kollege Jordan Sand haben dabei den Fokus auf Interleukin 10 (IL-10) gelegt, wie the poultrysite.com berichtet.

Interleukin-10: Der „Aus-Schalter“ des Immunsystems

Interleukin hat zahlreiche Funktionen in der Regulation des Immunsystems. Es begrenzt und hemmt Abwehrvorgänge, um den Organismus vor übersteigerten Entzündungsprozessen zu schützen. Außerdem fördert es indirekt die Aktivierung von T-Lymphozyten und die Phagozytose. In der Humanmedizin geht ein Mangel an IL-10 mit einer Veranlagung zu chronischen Darmentzündungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa einher.
IL-10 ist also so etwas wie ein „Aus-Schalter“ des Immunsystems und damit für Bakterien und andere Pathogene ein idealer „Unterstützer“, denn es erleichtert ihnen die Infektion. Deshalb produzieren Pathogene, Parasiten, Protozoen und sogar Viren eine macrophage migratory inhibiting factor (MIF) genannte chemische Substanz. Dieses Zytokin aktiviert die IL-10 Mechanismen, schwächt so die Immunabwehr und begünstigt damit eine Infektion.

IL-10 Antikörper im Futter verhindern „Abschaltung“

Diesen Mechanismus der Pathogene wiederum kontert Prof. Cook. Dazu hat er zunächst Legehennen mit einem speziellen Impfstoff geimpft, der dazu führt, dass die Hennen Antikörper gegen IL-10 bilden. Diese geben sie an die gelegten Eier weiter. Das Eimaterial wiederum verteilen die Amerikaner per Sprühverfahren über das Futter der Tiere, die sie vor Kokzidieninfektionen schützen wollen – in diesem Falle Hähnchen. In einem Versuch mit 300.000 Hähnchen waren die Tiere, die das Antikörper-haltige Eimaterial zugefüttert bekamen, vollständig gegen Kokzidien geschützt.
Das Verfahren ist bereits patentiert und gibt Anlass zu der Hoffnung, dass der Antibiotikaeinsatz in der Geflügelmast ohne Beeinträchtigung der Gesundheit der Tiere weiter reduziert werden könnte.

US-Lebensmittelkonzerne fordern „antibiotic free“ erzeugte Produkte

Hintergrund dieser Forschung ist der – wie in Europa auch – wachsende Druck der US-Lebensmittelkonzerne auf die Landwirtschaft, den Antibiotikaeinsatz in der Nutztierhaltung zu reduzieren. Bis Ende 2016 dürfen Antibiotika in den USA zwar noch legal als Wachstumsförderer eingesetzt werden (in der EU seit 2006 verboten), doch viele Vermarkter tolerieren diese Praxis schon jetzt nicht mehr. Konzerne wie McDonald’s, Tyson Foods oder WalMart stellen Regeln für ihre Zulieferer auf, das Geflügel „antibiotic free“ aufzuziehen. Entsprechend hoch ist die Nachfrage, nach alternativen Verfahren, die Tiere gesund zu erhalten.

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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