Unzufrieden mit der Entwicklung der Antibiotikaverbrauchsmengen in der Tiermedizin, zeigte sich Professor Dr. Thomas Heberer gestern (3.12.2014) auf einer Länder-Arbeitstagung zur Resistenzproblematik in Berlin. Der Leiter der Abteilung Tierarzneimittel beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sah einen Zusammenhang zwischen dem Mehrverbrauch bei den Fluorchinolonen um etwa 50 Prozent von 2011 bis 2013 und dem Preisverfall bei einem wichtigen Medikament aus dieser Gruppe: Enrofloxacin.
Das BVL wertet seit 2011 die von Pharmaherstellern und Großhändlern an tierärztliche Praxen abgegebene Menge der Antibiotika aus. Zwar ist die absolute Menge der in der Tiermedizin eingesetzten Antibiotika demnach zurückgegangen – immerhin um 249 Tonnen oder rund 15 Prozent von 2011 (1.701 t) auf 2013 (1.452 t). Zugleich stiegen aber die eingesetzten Mengen bei den Fluorchinolonen von acht auf zwölf Tonnen (+50% / +4 Tonnen) und bei den Cephalosporinen der 3. Generation von 2 auf 2,3 Tonnen. Beide gelten als „kritische Antibiotika-Gruppen“, die für die Humanmedizin wichtig sind und die die Tiermedizin deshalb zurückhaltend einsetzen sollte.
Enrofloxacin allein für vier Tonnen Mehrverbrauch verantwortlich
Als eine sehr wahrscheinliche Erklärung für den Anstieg benannte Prof. Heberer die Preisentwicklung bei Enrofloxacin. Dort ist der Patentschutz entfallen und Generika drängen mit Macht und massiven Preisnachlässen auf den Markt: „Enrofloxacin ist praktisch alleine für den Vier-Tonnen-Mehrverbrauch im Bereich der Fluorchinolone verantwortlich.“ Das Orignalpräparat habe sich um etwa 50 Prozent verbilligt, die Generika seien noch mal um die Hälfte billiger. Damit habe sich der Preis fast geviertelt.
Dabei gelten Fluorchinolone nach einem EU-Schiedsverfahren von 2010 als „second line“-Wirkstoffe, die erst eingesetzt werden sollten, wenn ein anderes Medikament erfolglos war.
„Rechnet man die Dosierung der Enrofloxacine auf die Minder-Menge in Tonnen um, gleicht der Mehrverbrauch dort den Rückgang insgesamt praktisch aus.“
DDD-Berechnung für Tierantibiotika gefordert
Professor Heberer fordert deshalb auch für die Tiermedizin eine Erfassung von Defined Daily Doses (DDD), die die Produkteigenschaften eines Wirkstoffes (unterschiedliche Wirksamkeit bei gleicher eingesetzter Menge) einbeziehen und so erst vergleichbar macht. „Abgabemengen allein helfen uns nicht bei einem Verbrauchsmonitoring“, zumal man den Medikamenteneinsatz auf Basis der vorliegenden, sogenannten DIMDI-Zahlen auch nicht nach Tierarten differenzieren könne. Das gerade startende Verbrauchsmonitoring auf Basis der 16. AMG-Novelle sei ein guter Anfang, auch wenn es zunächst nur die Mast und nicht alle Tiere erfasse.