Menschenakupunktur durch einen Tierarzt

Manch ein Tierarzt ist versucht, auch Menschen zu behandeln – und sich dafür bezahlen zu lassen. Ganz abgesehen davon, dass er dafür keine Approbation hat¹, gibt es es auch steuerrechtliche Fallen. Ein Fall von Menschen-Akupunktur durch einen Tierarzt landete deshalb vor dem Bundesfinanzhof.

Der klagende Tierarzt behandelte die Besitzer seiner Patienten gleich mit – per Akupunktur. Er hatte zwar eine Akupunkturprüfung für den Bereich Tiermedizin abgelegt, aber weder Humanmedizin studiert, noch eine Ausbildung zum Heilpraktiker vorzuweisen – das rentiere sich seiner Meinung nach in seinem Alter nicht mehr. Vor Gericht legte er stattdessen viele positive Berichte begeisterter (menschlicher) Patienten als „Befähigungsnachweis“ vor.

Ein Tierarzt sei „nicht befähigt“

Diese Nebenbeibehandlungen waren vor dem Bundesfinanzhof (BFH) gelandet, weil der Tierarzt der festen Überzeugung war, seine Akupunkturbehandlungen am Menschen seien rechtens und außerdem auch umsatzsteuerbefreit. Sein Argument: Akupunktur zähle in der Humanmedizin zu den anerkannten Heilbehandlungen und entsprechende Honorare wären deshalb nicht umsatzsteuerpflichtig. Das ist auch richtig – wenn der Behandler Humanmediziner oder Heilpraktiker ist. Für Tierärzte, die Menschen „behandeln“ gilt das nicht, urteilte das Finanzgericht in erster Instanz.
Das aber wollte der Praktiker nicht einsehen und zog bis vor den Bundesfinanzhof. Er übe „eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit“ aus. Die Richter waren da anderer Meinung und sprachen ihm die „Befähigung“ und damit auch die Steuerbefreiung ab:

[…], hat sich der Kläger außerdem weder mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union […] noch mit der ständigen Rechtsprechung des BFH […] zur Notwendigkeit eines beruflichen Befähigungsnachweises befasst. Weitergehender Klärungsbedarf allgemeiner Art ist insoweit nicht ersichtlich […]. Die Gewährung der Steuerbefreiung scheiterte […] mithin an einer nicht ausreichenden Ausbildung des Klägers im Bereich der Humanmedizin und nicht daran, dass die von ihm angewandte Behandlungsmethode (als solche) nicht anerkannt werden könne.

Das Urteil hat insofern einen gewissen Charme, als dass der BFH sich nicht dazu äußerte – und dafür auch nicht den Auftrag hatte –, ob ein Tierarzt überhaupt Menschen akupunktieren dürfe. Die Richter gingen wohl davon aus, dass es jedem Menschen selbst überlassen ist, zu entscheiden, von wem er sich nadeln lässt. Fest steht jetzt aber: Wer als Nicht-Humanmediziner oder Nicht-Humanheilpraktiker Geld dafür nimmt, muss auf jeden Fall Umsatzsteuer zahlen.
¹Paragraph 2, Satz 1 der Bundesärzteordnung: Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt.
Bild: hh
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Über den Autor

Jörg Held

Jörg Held (jh) ist Journalist, Kommunikationswirt und Redaktionsberater mit 30 Jahren Berufserfahrung. Seit 2007 auch im Bereich Tiermedizin unterwegs, davon 5 Jahre als Redaktionsleiter der VETimpulse. Auch bei wir-sind-tierarzt.de leitet er die Redaktion und ist schwerpunktmäßig für berufspolitische Themen und die Nachrichten verantwortlich. Kontakt: joerg.held(at)wir-sind-tierarzt.de
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