„Landestierschutzbeauftragte“ bleibt eine relativ seltene Amtsbezeichnung für Tierärzte. Aber immerhin haben inzwischen sieben der 16 Bundesländer eine Stelle für einen „Anwalt in Tierschutzfragen“ eingerichtet. „Behördliche Kompetenz“ aber hat keiner der Tierschutzbeauftragten. Eine Übersicht.
von Jörg Held
(dieser Artikel ist ein update – Stand Juni 2017)
Fachlich und politisch unabhängig – das gehört immer zur Definition der Personen und zur Stellenbeschreibung einer Tierschutzbeauftragten. Sie sollen die Landesregierungen beraten und zugleich Anlaufstelle für Bürger und auch Medien bei Tierschutzfragen sein. Eine „behördliche Kompetenz“ aber haben die Beauftragten nicht, sie können selbst also nichts anordnen oder verbieten, sondern nur Debatten anstoßen.
Derzeit gibt es dieses „Amt“ erst in sieben Bundesländern. Alle Stellen sind mit einer Tierärztin/einem Tierarzt besetzt. Und – bis auf das Saarland – sind alle Veterinäre auch hauptberuflich und Vollzeit für Tierschutzfragen zuständig. Hessen und Berlin unterstützen ihre Stabsstellen zusätzlich mit einem Juristen.
Hessen: Vorreiter seit 1992
Landestierschutzbeauftragte in Hessen (Webseite) ist die Tierärztin Dr. Madeleine Martin. Sie ist seit 1992 im Amt und damit die dienstälteste Landestierschutzbeauftragte in Deutschland. Dr. Martin wird in ihrer Arbeit von fünf Mitarbeitern unterstützt. Auch der versierte Tierschutzjurist Dr. Christoph Maisack* gehört inzwischen zum Team der Hessen – zuvor war er in Baden-Württemberg.
Das hessische „Modell“ ist Vorbild für die deutlich später etablierten Beauftragungen in den meisten anderen Bundesländern. Auf ihrer Webseite hat Martin als Service unter anderem eine Urteilsdatenbank zu Tierschutzfragen eingerichtet.
Stabsstelle in Baden Württemberg
In Baden-Württemberg hat es in diesem Jahre zwei Wechsel in der Stabsstelle der Landesbeauftragten für Tierschutz (Webseite) gegeben. Zum 1 Juni hat Dr. Julia Stubenbord das Amt von Dr. Cornelie Jäger als Leiterin der Stabsstelle im Landwirtschaftsministerium übernommen. 2012 hatte die damals Grün-Rote Landesregierung die Stelle neu eingerichtet. Sie war mit zwei Amtstierärztinnen und einem Juristen bislang personell am besten ausgestattet. Doch auch der Jurist Dr. Christoph Maisack hat die Stabsstelle Richtung Hessen verlassen*. Der aktuellste Tätigkeitsbericht stammt aus 2016.
„Für eine Verwaltung lohnt es sich, diese im besten Sinne kritische Stimme zu haben. Eine Stimme, die sich einerseits mit konstruktiven Vorschlägen zum Wohl der Tiere einbringt und andererseits notwendige gesellschaftliche Diskussionen anstößt und begleitet.“
Alexander Bonde, von Mai 2011 bis Mai 2016 Landwirtschaftsminister in Baden-Württembergs über das von ihm eingerichtete Amt der Landesbeauftragten für Tierschutz
Hauptamt jetzt auch in Berlin
Neue hauptamtliche Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin (Webseite) ist ab Mitte Juni 2017 die Fachtierärztin für Tierschutz und Tierschutzethik Diana Plange. Sie folgt auf den Humanmediziner Prof. Dr. med. Horst Spielmann, der die Aufgabe seit 2012 ehrenamtlich wahrgenommen hatte. Das Ehrenamt des Tierschutzbeauftragten gibt es in Berlin bereits seit 2008.
Mit Diana Plange besetzt das Land die Stelle mit einer kritischen Tierschutzexpertin, die Medien auch als „Berlins streitbarste Amtstierärztin“ bezeichnen.
Zur neuen hauptamtlichen Stelle erklärt Justizsenator Dr. Dirk Behrendt (Grüne), in dessen Ressort in Berlin auch der Tierschutz fällt: „Mit Frau Plange stärken wir den Tierschutz in der Hauptstadt. Für Tierschutzorganisationen und Bürger schaffen wir so eine Ansprechpartnerin und eine beratende Stimme in allen Fragen des Tierschutzes.“ Die Beauftrage ist als Stabsstelle bei der für Tierschutz zuständigen Staatssekretärin Margit Gottstein angesiedelt, ihr soll – wie früher in Baden-Württemberg und jetzt in Hessen – noch ein Jurist zur Seite gestellt werden.
Niedersachsen: Dialog über Tierhaltung fördern
Im Agrarland Niedersachsen hat Landwirtschaftsminister Christian Meier (Grüne) im Mai 2016 die Stelle einer Landesbeauftragten für Tierschutz (Webseite) eingerichtet. Besetzt ist sie mit der Amtstierärztin Michaela Dämmrich. Sie war vor ihrer Berufung für sechs Jahre Amtstierärztin in Lübeck.
Dämmrich soll – so die Aufgabenbeschreibung – zwischen Tierhaltern, Tierschützern, Wirtschaft, Politik und Handel einen Dialog zur stetigen Verbesserung der Tierhaltung fördern. Als Tierschutzbeauftragte wirkt sie unter anderem an der Erarbeitung von Erlassen und Gesetzen zum Tierschutz in den Gremien des niedersächsischen Tierschutzplans mit und ist Ansprechpartnerin für Tierschutzverbände, Wirtschaft, Landwirtschaft, Handel und Verbraucher.
Brandenburg: Konsequenz eines Volksbegehrens
Dass Brandenburg seit April 2017 ebenfalls einen hauptamtlichen Landestierschutzbeauftragten (Webseite) hat, ist die Konsequenz eines Anfang 2016 erfolgreich abgeschlossenen „Volksbegehrens gegen Massentierhaltung“. Die Stelle gehörte zu den zentralen Forderungen der Initiatoren. Verbraucherschutzminister Stefan Ludwig (Die Linke) hat nach längeren Verhandlungen die Stabsstelle etabliert und den 45-jährigen Veterinär Stefan Heidrich berufen. Zur neu eingerichteten Stabsstelle gehören auch eine Sachbearbeiterstelle und eine Bürokraft.
Dr. Stefan Heidrich, (45) ist Fachtierarzt für das öffentliche Veterinärwesen war nach Tätigkeiten in der Privatwirtschaft, in der Wissenschaft und in tierärztlichen Gemischtpraxen seit 2008 als Amtlicher Tierarzt im Land Brandenburg tätig und zuletzt in das Tierschutzreferat des Ministeriums der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz abgeordnet.
Das Ministerium betont, dass Heidrich nur beratend für Bürger, Tierschützer, Tierhalter und Behörden tätig werden dürfe und „keine Überwachungs- und Vollzugsaufgaben wahrnehmen wird.“ Die Erwartung der Initiatoren des Volksbegehrens – das knapp 104.000 Brandenburger unterstützt hatten – war aber, dass der Tierschutzbeauftragte weitreichende Befugnisse bei der Kontrolle der Betriebe haben sollte, um gegen Missstände vorzugehen. Die Grüne Landtagsfraktion kritisierte, dass ein Erlass, der Weisungsbefugnis, Pressearbeit und Zugangsberechtigungen regelt, noch ausstehe. Es müsse sich zeigen, „ob das Ministerium dem neuen Tierschutzbeauftragten hier auch den erforderlichen Handlungsspielraum lässt“.
Sachsen-Anhalt:
Unter der Bezeichnung „Ansprechpartner für Tierschutzfragen“ (Webseite) fungiert in Sachsen-Anhalt der Tierschutzbeauftragte. Berufen wurde 2016 Dr. Marco König. Angesiedelt ist die noch auf Initiative von CDU und SPD eingerichtete Stabsstelle Tierschutz beim inzwischen Grün geführten Landwirtschaftsministerium. Dr. König ist Fachtierarzt für Öffentliches Veterinärwesen und hatte zuvor seit 2010 im Veterinäramt der Stadt Magdeburg gearbeitet.
Saarland: Einziges Ehrenamt
Seit Anfang 2014 hat auch das schwarz-rot regierte Saarland einen Tierschutzbeauftragten (Webseite) – aber im Ehrenamt: Berufen wurde Tierarzt Dr. Hans-Friedrich Willimzik. Er ist auch Vorsitzender des „Ausschuss für Tierschutz“ der Tierärztekammer des Saarlandes.