Der Brexit und vor allem die damit zusammenhängende „ausländerfeindliche Rhetorik“ hat schon jetzt spürbar bittere Folgen für die britische Tierärzteschaft. In einem offenen Brief an Premierministerin Theresa May warnen die britischen Tierarztverbände davor, dass der Berufsstand seine Rolle im Öffentlichen Gesundheitswesen nicht mehr erfüllen könne, wenn EU-Veterinäre fehlen.
(jh) – Die ausländerfeindliche Grundstimmung rund um den Brexit habe bereits spürbar negative Auswirkungen. Die Tierärzte spielten eine entscheidende Rolle, wenn es darum gehe, die öffentliche Gesundheit zu schützen. Dabei sei man aber auch stark von EU-Absolventen abhängig und spüre schon die Auswirkungen des Referendums zu EU-Austritt.
So würden führende Wissenschaftler aus dem Ausland bereits Angebote britischer Universitäten ablehnen, andere das Vereinigte Königreich verlassen. Sie hätten das Gefühl als Ausländer nicht mehr willkommen zu sein, schreiben die Präsidenten der beiden britischen Standesorganisationen – dem Royal College of Veterinary Surgeons (RCVS) und der British Veterinary Association (BVA) in ihrem Brief an Premierministerin Theresa May (der bpt hat den Brief hier ins Deutsche übersetzt).
Bisher: 50 Prozent Tierarztnachwuchs aus dem Ausland
Die Verbände fürchten, dass der Brexit und in Folge mögliche Einwanderungsbeschränkungen oder Änderungen an der gegenseitigen Anerkennung beruflicher Qualifikationen die tierärztliche Nachwuchssuche auf der Insel erschweren. Über 26.000 Tierärzte und 11.000 tiermedizinische Angestellte (veterinary nurses) gibt es. Aber: 50 Prozent der Tierärzte, die jedes Jahr neu im Königreich registriert würden, kämen aus dem Ausland – zu einem ganz großen Teil aus der EU. Die EU-Tierärzte spielten besonders im Öffentlichen Gesundheitswesen eine wichtige Rolle, die Tierärzte in der Fleischhygiene sollen sogar zu fast 95 Prozent im Ausland studiert haben.
Spürbare „Anti-Ausländer“ Rhetorik
Fazit: Die Tierarztverbände sehen die Gefahr, dass ausländerfeindliche Sprache und Rhetorik rund um den Brexit neben der anhaltenden Unsicherheit für nichtbritische EU-Bürger, „ernsthaft die Fähigkeit der Tierärzteschaft beeinträchtigen könnte, ihre wichtige Rolle im Öffentlichen Gesundheitswesen zu erfüllen“.
RCVS und BVA bekräftigen deshalb in dem Brief ihre Forderung an die Regierung, den bestehenden Status von EU-Tierärzten, Tierkrankenschwestern und Studierenden in Großbritannien zu erhalten. Sie fordern die Politik auf, besonders sensibel auf die negativen Folgen dessen zu achten, was als „Anti-Ausländer“ Rhetorik wahrgenommen werden könne.
Da klingt es eher nach politischer Sprachsalbe, wenn die Verbände auch schreiben, man sei sehr interessiert daran mitzuarbeiten, „den Brexit zu einem Erfolg in unserer Branche zu machen“.