Neue EU-Vorschriften für Tierarzneimittel

Screenshot von der Homepage der FVE (fve.org)

Bereits im Dezember 2018 sind vom EU-Rat neue und verbesserte Vorschriften beschlossen worden, die dazu beitragen sollen antimikrobielle Resistenzen effektiv zu bekämpfen und gleichzeitig die Verfügbarkeit und Sicherheit von Tierarzneimitteln und Medizinalfutter zu verbessern. Darüberhinaus sollen die Vorschriften helfen, die Tiergesundheit zu verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Tierarzneimittelsektors zu verbessern.

Hintergrund für die Anpassungen ist ein verbesserter Schutz der Gesundheit von Menschen und Tieren sowie der Lebensmittelsicherheit und der Umwelt. Es geht nicht nur um Anwendungsbeschränkungen, sondern auch um eine bessere Verfügbarkeit von Arzneimitteln innerhalb der EU und um die Verringerung des Verwaltungsaufwandes im Zusammenhang mit Tierarzneimitteln.

Screenshot: Homepage der FVE.org

 

Die FVE hat nun eine englischsprachige Info-Grafik für Tierärzte entworfen, die vor allem die konkreten Änderungen für Tiermedizin berücksichtigt. Folgende Aspekte hat die FVE aufgegriffen:

  1. Rezepte für Tiere dürfen nur von Tierärzten ausgestellt werden (Ausnahmen sind hierbei möglich). Die Menge der verschriebenen Medikamente sollte auf die jeweilige Behandlung limitiert sein.
  2. Die Umwidmungskaskade wird flexibler. Das Importieren von Medikamenten aus anderen EU-Staaten wird einfacher. Auch Medikamente aus Drittländern dürfen unter bestimmten Bedingungen angewendet werden. Für Antibiotika kann es aber Einschränkungen geben.
  3. Es wird ein zentrales Register für alle Medikamente geschaffen, die in der EU zugelassen sind. Dieses soll allen Tierärzten zugänglich gemacht werden. Ebenso werden den Tierärzten dann Daten zu Pharmakovigilanz und unerwünschten Nebenwirkungen zur Verfügung stehen. Das Melden solcher Vorfälle durch Tierärzte soll erleichtert werden.
  4. Der Online-Verkauf von Medikamenten soll auch nicht-verschreibungspflichtige Produkte begrenzt werden. Die Mitgliedsstaaten können diese Bestimmung jeweils für ihr eigenes Land ändern, nicht aber länderübergreifend. Die zugelassenen Online-Apotheken müssen überwacht werden und erhalten im Gegenzug ein EU-Logo.
  5. Zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen kann die Verwendung von bestimmten wichtigen Antibiotika bei Tieren eingeschränkt oder verboten werden. Die EU-Kommission wird eine entsprechende Liste erstellen. Prophylaktischer Antibiotikaeinsatz ist nur noch in Ausnahmefällen gestattet und auch für die metaphylaktische Anwendung wird es Einschränkungen geben.
  6. Landwirtschaftliche Betriebe müssen über ein System zur Dokumentation von Antibiotikaanwendungen verfügen. Die nationale Überwachung und Erfassung des Antibiotikaverbrauchs wird zwingend vorgschrieben. Die Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente in der Presse wird verboten, wobei die Mitgliedsstaaten Werbung für Impfstoffe für Nutztiere erlauben dürfen.
  7. Medizinalfutter kann nur nach Verschreibung durch einen Tierarzt für maximal zwei Wochen bezogen werden und darf nicht mehr als einen antibiotisch wirksamen Wirkstoff enthalten. Die prophylaktische Verfütterung ist verboten und die metaphylaktische Anwendung nur unter besonderen Bedingungen erlaubt.
  8. Der Import von Tieren und tierischen Produkten aus nicht EU-Ländern ist nur erlaubt, wenn die entsprechenden Tiere keine Wachstumsförder erhalten haben und bei eventuell vorgenommenen antibiotischen Behandlungen die europäischen Richtlinien eingehalten wurden.

Interessant sind auch die Änderungen bei den Impfstoffen. So soll die Zugabe eines neuen Antigens oder Stammes bei bereits zugelassenen Impfstoffen (z.B. Vogelgrippe, Blauzunge, MKS, Pferdegrippe) nicht mehr als Zusatz eines neuen Wirkstoffs angesehen werden. Die Mitgliedstaaten sollen auch die Möglichkeit bekommen, ausnahmsweise ohne eine Zulassung den Einsatz von Tierarzneimitteln zu genehmigen, wenn dies zur Bekämpfung von Tierseuchen (die von der EU in einer Liste geführt werden) oder neu auftretender Tierseuchen  erforderlich ist.

Anhand der Formulierungen ist ersichtlich, dass viele Details erst noch konkretisiert werden müssen, bevor die neuen Vorschriften dann ab dem 28. Januar 2022 in Kraft treten, etwa die Liste mit Wirkstoffen, die der Humanmedizin vorbehalten bleiben sollten oder die besonders dringlichen Tierseuchen.

Quelle: Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.12.2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG

BMEL: Neue EU-Verordnung über Tierarzneimittel

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Über den Autor

Annegret Wagner

Dr. Annegret Wagner (aw) hat in Gießen Tiermedizin studiert und arbeitet seit 1991 in der Großtierpraxis; seit 2005 niedergelassen in eigener Praxis mit Schwerpunkt Milchrind im Raum Rosenheim. Seit 2006 arbeitet sie auch als tiermedizinische Fachjournalistin. So hat sie für die VETimpulse die Nutztierthemen betreut und übernimmt diese Aufgabe auch bei wir-sind-tierarzt.de. Um nicht zum Mia-san-mia-Bayer zu mutieren, schaut sie intensiv über den Alpenrand hinaus, vorzugsweise ins englischsprachige Ausland. Kontakt: annegret.wagner(at)wir-sind-tierarzt.de
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